Traummann mit Zuckerkuss
ein, zwei Mal mit seinen riesigen, wässrig blauen Augen, dann fand sein Rosenknospenmündchen irgendwie seinen Daumen, und er machte es sich bequem. Schließlich konnte man dabei zusehen, wie seine Lider so übertrieben und lustig wie in einem Zeichentrickfilm innerhalb von Sekunden immer schwerer und schwerer wurden… und mit einem Mal schlief er tief und fest.
Des schüttelte den Kopf.
» Was… was… Haben Sie ihm irgendwas verabreicht?«
Zum Glück hatte die Frau ihn nicht verstanden.
» Er ist sehr müde.« Sie sah Des an. » Und Sie sind auch sehr müde«, bemerkte sie mitfühlend.
Das war zwar völlig untypisch für ihn, aber mit einem Mal hatte Des das Gefühl, er würde gleich in Tränen ausbrechen. Er hatte noch nicht einmal geweint, als Jamie geboren wurde, nicht mehr seit dem Tod seines Vaters. Aber irgendwie…
» Ich bin… tatsächlich ein bisschen müde«, murmelte er schließlich und ließ sich neben ihr auf das Sofa sinken.
» Wie haben Sie das bloß gemacht?«, fragte Issy verblüfft. Das war ja wie Zauberei gewesen.
» Hm…« Die Frau suchte offensichtlich nach den richtigen Worten. » Hm. Mal sehen. Das ist wie der Tiger im Baum.«
Issy und Des sahen sich an.
» Wenn den kleinen Babys der Bauch wehtut… dann möchten sie so liegen wie der Tiger im Baum. Das hilft dem Bäuchlein.«
Und Jamie sah tatsächlich ein wenig aus wie eine schläfrige Katze, die zufrieden auf einem Ast döste. Mit gekonnten Handgriffen legte ihn die Frau bäuchlings in den Kinderwagen.
» Hm«, machte Des, der gerne zeigen wollte, dass er wenigstens die allerwichtigste Regel des Elterndaseins kannte, » man soll sie aber nicht so rum hinlegen.«
Die Frau fixierte ihn mit strengem Blick.
» Babys mit Bauchschmerzen schlafen auf dem Bauch besser. Passen Sie gut auf ihn auf. Er stirbt schon nicht.«
Man musste wirklich sagen, dass Jamie so glücklich wirkte, wie ein schlafendes Baby nur aussehen konnte. Sein kleiner rosafarbener Mund stand offen, und es war nur ein sanftes Heben und Senken des Rückens zu erkennen. Die Frau nahm seine Decke und wickelte ihn so fest und eng darin ein, dass er sich kaum noch regen konnte. Des, der daran gewöhnt war, dass Jamie im Schlaf zappelte und sich wand, als würde er mit einem unsichtbaren Gegner ringen, konnte nur noch staunen.
» Ich glaube, ich hätte gerne noch einen Kaffee«, sagte er mit ungläubiger Miene. » Und… äh… denken Sie… könnten Sie mir vielleicht«, stammelte er erstaunt, » die Zeitung rüberreichen?«
Wenn Issy daran zurückdachte, musste sie lächeln. Die ganze Sache hatte sie zwar vier Pfund gekostet, aber Des und die Frau, die sich schließlich als Mira vorgestellt hatte, hatten geplaudert und sich ziemlich gut verstanden. Für eine Weile hatten die Stimmen schwatzender Menschen das Café erfüllt, so, wie sie es sich gewünscht hatte. Dann war der Eisenwarenhändler von nebenan vorbeigekommen und hatte die Speisekarte im Fenster ewig– wirklich unerträglich lange– studiert, bevor er weitergezogen war. Issy hatte ihn gegrüßt, aber keine Antwort erhalten. So langsam entwickelte sie einen Hass auf die Zeiger der Uhr, die unfassbar langsam ihre Runden drehten. Gegen Mittag hatten zwei Mädchen im Teenageralter vorbeigeschaut und hatten gerade genug Geld für einen einzigen Schokoladen-Ingwer-Cupcake und zwei Glas Wasser zusammengelegt. Als die Türklingel um halb vier ging, waren sie aber schon lange wieder verschwunden. Diesmal war es Helena.
» So schlimm also, hm?«, fragte sie.
Issy war erstaunt darüber, wie gereizt sie diese Bemerkung machte. Sie war doch sonst nie auf Helena sauer, dafür waren sie einfach schon viel zu lange befreundet. Aber dass sie jetzt hier auftauchen musste, genau in dem Moment, an dem sie sich wie ein Loser vorkam, war doch wirklich grausam.
» Hey«, rief Helena, » also, wie läuft es?«
» Hättest du gerne einen liegen gebliebenen Cupcake?«, fragte Issy etwas unwirscher als eigentlich beabsichtigt.
» Klar«, nickte Helena und holte ihr Portemonnaie raus.
» Lass mal stecken«, wehrte Issy ab. » Die muss ich aus Gesundheits- und Sicherheitsgründen sowieso am Ende des Tages entsorgen.«
Helena zog die Augenbrauen hoch. » Jetzt sei schon still, davon will ich nichts hören. Außerdem sollte ich so etwas eigentlich gar nicht essen. Andererseits habe ich schon wieder eine Cup-Größe zugelegt, das ist also ein Vorteil!«
» Eine Cupcake-Größe«, witzelte Issy. » Ha, ha, ha. Na, zumindest
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