Traummann mit Zuckerkuss
aussahen, als würden sie selbst bügeln. Und es war Pearl nicht entgangen, dass Louis bei Einladungen nach Hause oder zu Geburtstagen immer übergangen wurde. Ihr Louis, der lieb mit jedem spielte, sein Spielzeug mit anderen teilte und bei jeder Gelegenheit Jocelyn, die Erzieherin, umarmte. Die anderen Frauen schenkten ihm nur mit Plattitüden wie » Ist er nicht niedlich?« ein freundliches, aber unverbindliches Lächeln. Ihrem umwerfenden, schönen, bezaubernden Sohn.
Pearl wusste ganz genau, dass es nicht, wie sie früher mit lauter Stimme verkündet hätte, an seiner Hautfarbe lag. Louis hatte chinesische und indische Spielkameraden, es gab dort Kinder aus gemischten Ehen, Afrikaner und Knirpse in jeder nur erdenklichen Schattierung, die irgendwo dazwischenlag. Die kleinen Mädchen trugen geblümte Musselinblusen über makellos weißen Leinenhosen, und bei Regen gepunktete Gummistiefel. Ihr Haar wallte lang und glänzend oder war zu einem französischen Bob mit Pony geschnitten. Die kleinen Jungen wirkten grob und hart im Nehmen, sie waren daran gewöhnt, viel zu rennen, und schauten mit ihrem Daddy Rugby– im Kindergarten wurde viel von Vätern und Ehemännern erzählt. Das war in Lewisham in der Sozialsiedlung nicht so.
Es lag an ihr, das war Pearl klar. An ihren Klamotten, ihrem Gewicht, ihrem Stil, ihrer Stimme. Das färbte auf Louis, ihren perfekten kleinen Jungen, ab. Und jetzt sollte sie dort mit Issys blöden Handzetteln aufkreuzen und ihre doofen Gratisproben unter all diesen perfekten Müttern verteilen, als würde sie eine Obdachlosenzeitschrift anpreisen, und damit jedes einzelne Vorurteil, das diese Frauen ihr gegenüber hegten, nur bestätigen. Sie stampfte wütend hinaus in den Nieselregen dieses Frühlingsmorgens.
Issy fiel die einfachere Aufgabe zu: Mit einer großen Kuchendose unter dem Arm marschierte sie zu ihrer alten Bushaltestelle hinüber. Der Sprühregen verdarb ihr nicht die gute Laune. Hinaus zur Haltestelle. Beinahe wie in alten Zeiten.
Und tatsächlich, da hielten wieder die wohlbekannten Gestalten– der wütende junge Mann mit dem lauten iPod und Mr Kopfhautproblem– nach dem großen roten Bus Ausschau, während die alte Frau mit den Plastiktüten vorbeizog. Und dann war da noch Linda, die über das ganze Gesicht strahlte, als sie Issy entdeckte.
» Hallo, Schätzchen! Hast du inzwischen Arbeit? Weißt du, es ist wirklich zu schade, dass du dich nie für Füße interessiert hast, so wie meine Leanne. Das habe ich noch gedacht.«
» Also…«, lächelte Issy, » ich habe trotzdem etwas auf die Beine gestellt. Ich habe ein kleines Café eröffnet… direkt hier um die Ecke!«
Linda drehte sich danach um, und es freute Issy, wie verblüfft sie aussah.
» Oh, wie nett«, meinte Linda. » Verkauft ihr auch Schinkenbrote?«
» Neeeeiin«, winkte Issy ab und nahm sich insgeheim vor, sich das mit den Schinkenbroten zu überlegen, wenn das Geschäft erst in Gang kam, da die Leute ja offensichtlich so dahinterher waren. » Bei uns gibt es Kaffee und Kuchen.«
» Du frönst also deinem Hobby?«, fragte Linda.
Issy biss sich auf die Lippe. Es passte ihr gar nicht, wenn man Ba cken als ihr » Hobby« bezeichnete, vor allem jetzt nicht mehr.
» Es heißt ja, man solle tun, was man mit Leidenschaft betreibt«, lächelte sie mit zusammengebissenen Zähnen. » Hier, nimm doch ein Stück Kuchen! Und einen Flyer!«
» Gerne. Oh, Issy, ich freue mich so für dich! Und wie läuft es mit diesem netten jungen Mann in dem schicken Auto?«
» Hm«, machte Issy.
» Oh, gut, dann kannst du dein Hobby ja bald aufgeben und bei mir in der Kurzwarenabteilung vorbeischauen, um Voile für deinen Schleier zu kaufen.«
» Komm doch mal auf einen Kaffee bei uns vorbei«, bat Issy und zwang sich dazu, eisern weiterzulächeln. » Ich würde mich freuen!«
» Nun, natürlich, klar. Solange du noch da bist«, versprach Linda. » Es ist so schön, ein Hobby zu haben.«
Es gelang Issy, nicht mit den Augen zu rollen, während sie die Schlange weiter entlanglief. Als schließlich der Bus kam, griff selbst der junge Mann, der nie die Kopfhörer aus den Ohren nahm, nach einem Stück Kuchen und prostete ihr damit zu. Sie steckte sogar den Kopf zur Tür hinein und bot dem Fahrer ein Stück an, der schüttelte aber vehement den Kopf, und Issy zog sich ein wenig ernüchtert zurück.
Was soll’s, sagte sie sich. Irgendwo müssen wir ja anfangen.
Dann biss sie in einen köstlichen Cappuccino-Cupcake, dessen
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