Traummann mit Zuckerkuss
Sie jetzt direkt wieder verschwinden.«
Issy zitterte vor Wut und Ärger. Wer verdammt noch mal war diese schreckliche Frau mit den furchtbaren grauen fettigen Haaren, der fiesen Brille und dem hässlichen T-Shirt?
» Ich denke, hier ist Platz für jeden«, brachte sie mit zitternder Stimme hervor.
» Nein, ganz und gar nicht«, widersprach die Frau, die offensichtlich ihr Leben lang bei Versammlungen aufgestanden war, um Parolen zu brüllen, und der die Sache, soweit Issy das beurteilen konnte, einen Heidenspaß machte. » Wir waren zuerst da. Wir unterstützen Gemeinden in Afrika, Sie hingegen tun überhaupt nichts Gutes. Keiner will Sie hier. Also ziehen Sie Leine, verstanden? Und das nächste Mal fragen Sie besser, bevor Sie einfach auftauchen und den Leuten ihre Lebensgrundlage entziehen wollen.«
In einer der Türen murmelte jemand: » Hört, hört!«, und zwar laut genug, dass Issy es mitbekam. Blind vor Tränen stolperte sie davon. Sie konnte die Blicke der anderen Cafébesitzer im Nacken spüren– die mussten sie mit ihrem Blümchenkleid ja für eine blöde Pute halten. Sie wusste kaum, wohin ihre Schritte sie da führten, Hauptsache weg von dieser Meute– sie hatte das Gefühl, sie würde diese Straße nie wieder betreten können–, also lief sie auf die Hauptstraße zu, wo sie sich unter den Scharen von Einkäufern verstecken konnte, zwischen all den Menschen verschiedenster Art und Hautfarbe, und drängte sich durch die Dalston Road, in der niemand eine weinende Frau in einem Vintagekleid bemerken würde.
Austin schob sich auf dem Weg zum Ramschladen durch die Menge. Er suchte für Darny nach etwas Nettem für eine Verkleidungsparty, obwohl er am liebsten das Spiderman-Kostüm mit den Muskeln gekauft hätte, das sein Bruder sich wünschte. Aber er hatte am Ende des Monats nicht viel Geld übrig, wenn er die Beiträge für Darnys Nachmittagsbetreuung und die Hypothek entrichtet hatte, die seine Eltern leichtsinnigerweise vor ihrem Tod noch nicht abbezahlt hatten. Dazu kamen dann noch die täglichen Ausgaben und die Mahngebühren all der Rechnungen, für die er eigentlich längst einen Bankeinzug einrichten wollte. Und es erschien ihm ohnehin sinnlos, Darny so etwas Teures zu kaufen, da er ja doch meistens mit schmutzigen und zerrissenen Klamotten nach Hause kam. (Vor Jahren hatte Darny einmal eine angehende Freundin von Austin vergrault. Sie hatte wissen wollen, was er denn gerne so machte. Der Junge hatte » Kämpfen!« geantwortet und sich dann mit erhobenen Fäusten auf sie geworfen, um ihr zu zeigen, was er meinte. Danach hatte Austin Julia nur noch selten zu Gesicht bekommen.) Als Austin schon fast auf der anderen Straßenseite war, bemerkte er dort Isabel Randall, die neben der Ampel stand, aber nicht hinüberging.
» Hallo«, grüßte er. Issy sah zu ihm auf und versuchte, ihre Tränen runterzuschlucken. Sie konnte nicht anders, sie war so froh, hier ein freundliches Gesicht zu entdecken. Aber sie traute sich trotzdem nicht, den Mund aufzumachen, falls sie plötzlich wieder in Tränen ausbrechen sollte.
» Hallo«, sagte Austin noch einmal, der fürchtete, sie hätte ihn vielleicht nicht erkannt. Issy schluckte heftig und riss sich zusammen. Vor seinem Bankmanager zu heulen war vermutlich das Schlimmste, was man machen konnte.
» Hm, äh, hallo«, brachte sie schließlich hervor und versuchte, ihm dabei keinen Rotz ins Gesicht zu pusten.
Austin war daran gewöhnt, dass er alle um ihn herum überragte, und es war gar nicht so einfach, den Leuten von dieser Höhe aus ins Gesicht zu sehen, dabei aber nicht so zu wirken, als würde man sie anstarren. Andererseits klang sie wirklich merkwürdig. Er schaute sie sich genauer an. Ihre Augen glänzten, und ihre Nase war ganz rot. Bei Darny war das selten ein gutes Zeichen.
» Alles in Ordnung bei Ihnen?«, fragte er. Issy wünschte nur, er würde nicht so mitfühlend klingen. Denn so würde sie bestimmt gleich wieder losheulen. Austin war klar, dass sie versuchte, sich zusammenzureißen. Er legte ihr die Hand auf die Schulter. » Würden Sie vielleicht gerne irgendwo eine Tasse Kaffee trinken?«
Sobald die Worte ausgesprochen waren, verfluchte er sich auch schon selbst. Zu Issys Verteidigung musste man sagen, dass sie es schaffte, nicht wieder in Tränen auszubrechen, aber ein einziger dicker Tropfen rollte ihr langsam und allzu offensichtlich über die Wange.
» Nein, nein, nein, natürlich würden Sie nicht… natürlich nicht. Hm.«
Weil
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