Traummoerder
»Ja, bestimmt. Warum fragen Sie? Sind Sie ein Detective?«
»Nein. Ich arbeite für die Daily News.«
»Und Sie nennen meinen Namen in Ihrem Artikel? Das würde meine Mutter glücklich machen.«
»Klar, warum nicht?« Es war immer gut, die Informanten bei Laune zu halten. »Wie heißen Sie?«
»Rod Beamon. Der auf dem Foto sieht aus wie dieser Schriftsteller, der mächtig in der Scheiße steckt.« Beamon lachte leise. »Was ist los – gibt ihm seine Frau nicht genug?«
»Danke für Ihre Hilfe, Mr. Beamon. Suchen Sie morgen Ihren Namen in der Zeitung. Übrigens, wie weit ist es bis Shute?«
Beamon grinste. »Sie meinen das Lizard? Zehn Minuten. Fragen Sie nach Honey – die ist eine ganz Süße.«
Schipp zwang sich zu einem Lächeln und ging.
Kapitel 46
»Ich fürchte, die Situation ist ernster, als Sie es sich vorstellen, Mr. Nolan«, erklärte Fountain; er saß in Dermots Wohnzimmer und rührte in seinem Earl-Grey-Tee. »Trotzdem besteht kein Grund, sich allzu viele Sorgen zu machen.«
Fountain war Anfang fünfzig, gut aussehend, mit seinem markanten Gesicht, einer hageren Figur und welligem, silbernem Haar. Seit fast vierzig Jahren lagen ihm die Frauen zu Füßen. Sein Äußeres und die charismatische Ausstrahlung halfen ihm auch bei den Geschworenen weiter, denn in einer Jury waren meistens mehr Frauen als Männer.
»Bitte, nennen Sie mich Dermot. Mr. Nolan ist ein bisschen zu steif.«
»Ich möchte nicht allzu spießig erscheinen, aber ich pflege mit meinen Mandanten eher einen formellen Umgang. Ich hoffe, Sie fassen das nicht als Kränkung auf.«
»Selbstverständlich nicht, Harold«, gab Dermot scharf zurück.
Fountain rührte immer noch.
»Ich versichere Ihnen«, fügte Dermot hinzu, »dass ich weiß, wie ernst meine Lage ist. Was kann es Schlimmeres geben, als in aller Öffentlichkeit zum Lügner erklärt zu werden? Der Makel, ein Plagiator zu sein, könnte das Ende meiner Schriftstellerkarriere bedeuten.«
»Mr. Nolan, ich möchte nicht schon in dieser frühen Phase die Pferde scheu machen, aber wir dürfen nicht vergessen, dass Sie jetzt eine »Berühmtheit« sind und als solche rund um die Uhr im Fokus der Medien stehen. Das muss ich immer wiederholen, da es Ihnen offenbar noch nicht ganz klar ist. Der Staatsanwalt sammelt zurzeit Informationen über Sie. Er möchte genau wissen, wo Sie sich in den letzten Monaten wann aufgehalten haben. Wie man so schön sagt, die Behörden interessieren sich für Sie.«
»Wenn das stimmt«, warf Neela ein, »dann verstehe ich nicht, warum. Wie können sich die Behörden für meinen Mann interessieren? Welchen Grund sollten sie haben? Dass er zu spät kam, als Derek Klein ermordet wurde, dass er sein Leben nicht mehr retten konnte, während er sein eigenes aufs Spiel setzte?«
»Mrs. Nolan, ich muss Sie unverblümt darauf hinweisen, dass die Polizei in den letzten Tagen eine ziemlich umfangreiche forensische Akte zusammengestellt hat. Die Beweise rücken Ihren Mann in die Nähe von mindestens zwei Mordfällen – Mordfälle, die eine unheimliche Ähnlichkeit mit den Geschichten im neuesten Buch Ihres Mannes haben. Ihr Mann steht in einem ziemlich schlechten Licht da.«
»Die Beweise rücken ihn in die Nähe der Morde? Er steht in schlechtem Licht da? Wo soll er gewesen sein, um Gottes willen?«, schoss Neela zurück.
»In Shute zum Beispiel, Mrs. Nolan. Die Staatsanwaltschaft könnte den Bogen sogar noch weiter spannen und sich darauf berufen, dass Sie am Van Nuys Airport waren, um Ihren Mann zu schützen.«
Dermot sah Fountain direkt an. »Ist es ein Verbrechen, nach Shute zu fahren? Niemand kann allen Ernstes behaupten …«
Fountain unterbrach ihn: »Nicht ich erhebe all diese Anschuldigungen. Ich bin da, um die Vorwürfe zu widerlegen. Dafür bezahlen Sie mich.«
»Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Mr. Fountain?«, erkundigte sich Neela.
»Bitte, Mrs. Nolan.«
»Gehe ich recht in der Annahme, dass alles, was ich heute in diesem Raum sage, nicht gegen uns verwendet werden kann?«
»Selbstverständlich. Alles, was Sie mir erzählen, unterliegt der anwaltlichen Schweigepflicht. Als Ehefrau des Beschuldigten müssen Sie ohnehin nicht gegen Ihren Mann aussagen oder ihn belasten.«
»Mr. Fountain, ich habe nicht die Absicht, meinen Mann zu belasten, weil er nichts Unrechtes getan hat.«
Fountain erkannte, dass er sie gegen sich aufgebracht hatte, also zeigte er sein freundlichstes Lächeln. »Tut mir leid, Mrs. Nolan. Ich habe
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