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Traummoerder

Titel: Traummoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shane Briant
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Museum sein. Versuch, sie zu erreichen. Ich tue dasselbe, wenn ich kann.«
    Er lief zu seinem Wagen, riss die Tür auf, startete den Motor und fuhr mit quietschenden Reifen los.
    Dermot bog nach rechts auf die West Fifth Street ein und sah schon von weitem die Ampel an der nächsten Kreuzung. Zum Anhalten hatte er keine Zeit – er überholte drei Autos, die abbremsten, schoss bei Rot über die Kreuzung und verursachte einen Unfall von zwei Fahrzeugen, die Grün hatten. Dermot nahm den Tumult hinter ihm gar nicht wahr. Er steuerte mit einer Hand, mit der anderen tippte er eine Nummer in sein Mobiltelefon.
    »Komm schon, verdammt! Geh dran, Neela, heb ab!«, brüllte er.
    Zum Glück hatte er diesmal Grün, als er über die Olive raste, und an der South Hill schaffte er es gerade noch in letzter Sekunde. Er riss das Steuer nach rechts, der Peugeot geriet ins Schlingern, und Dermot musste gegensteuern, bis der Wagen wieder in der Spur war, dann raste er in Richtung People’s Bank. Als er endlich den eindrucksvollen Art-déco-Bau vor sich sah, trat er kräftig auf die Bremse. Das ABS-System kam zum Tragen, das Auto stotterte und blieb stehen. Er sprang aus dem Wagen und rannte über die Straße. Da waren ein paar parkende Autos, aber nur wenig Verkehr. Er sah hinauf zum Dach des zwanzigstöckigen Gebäudes und suchte es von links nach rechts ab. Nirgendwo eine Bewegung. Dann entdeckte er eine winzige Gestalt, die an der Brüstung des Daches stand und in die Tiefe spähte. Gegen den hellen Himmel konnte er nichts Genaueres erkennen, nur dass das da oben ein Mensch war. Ein schwacher Schatten hinter der Gestalt – ein zweiter Mensch vielleicht? Dermots Herz wurde bleischwer. Ihm fiel die Feuerleiter seitlich des Gebäudes auf, und er lief darauf zu.
    »Lieber Himmel! Bitte, lieber Gott, nicht Neela!«, schrie er, während er die Metallleiter Stockwerk für Stockwerk hinaufkletterte, so schnei! er konnte.
    Als er den Fuß auf die Plattform setzte, brannte seine Brust nach der Anstrengung. Er schaute sich um – niemand.
    In diesem Moment ertönte ein lang gezogener Schrei auf der anderen Seite des Daches. Er lief zum Rand und erreichte ihn gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie eine Gestalt mit weit ausgestreckten Armen und Beinen das letzte Stück in die Tiefe segelte. Der Mann traf mit einem kaum hörbaren dumpfen Schlag auf dem Asphalt auf.
    Dermot sah sich hektisch um. Wo war Neela? Könnte sie noch hier irgendwo sein?
    »Neela!«, brüllte er und rannte die Feuerleiter hinunter.
    Wenige Minuten später stand er wieder mit beiden Beinen auf der Erde.
    Augenscheinlich hatte niemand den Selbstmörder bemerkt, deshalb war Dermot zunächst allein mit der zerschmetterten Leiche.
    Der Schädel war zerplatzt wie eine Wassermelone, auf die jemand geschossen hatte. Hirngewebe und Blut waren in alle Richtungen gespritzt. Der Tote hatte rotes, fast orangefarbenes Haar und trug einen langen braunen Reitermantel.
    Dermot betrachtete schweigend die sterblichen Überreste. Nach einer Weile wurde ihm bewusst, dass Menschen auf der Straße und einige im Gebäude aus den Fenstern schrien.
    Unsicher, was er als Nächstes tun sollte, blieb Dermot stocksteif stehen. Es bestand kein Grund zur Eile – Mund-zu-Mund-Beatmung kam wohl kaum in Frage. Der Mund war in dem breiigen Gesicht nicht mehr zu erkennen. Da waren nur noch Knochen, Sehnen und jede Menge Blut.
    Sein Handy zirpte. Erleichterung durchflutete ihn, seine Knie hätten beinahe nachgegeben.
    »Neela! Gott sei Dank. Ich habe versucht, dich zu erreichen. Wo bist du?«
    »Ich verlasse gerade mein Büro.« Sie stutzte. »Was ist los? Du klingst regelrecht panisch. Was ist passiert?«
    »Alles in Ordnung. Mir geht’s gut. Hör zu, ich erzähle dir alles, wenn ich nach Hause komme. Nick kann dich ins Bild setzen. Ich bin gleich da.«
    Er unterbrach die Verbindung, steckte das Handy in die Tasche und starrte wie betäubt auf den Toten. Auf der Straße hielten Autos an, Fahrer stiegen aus und glotzten fasziniert. Dermot fiel ein junger Mann mit Handy auf- vermutlich wählte er 911 – wieso hatte er selbst nicht daran gedacht? Es hätte die instinktive Reaktion auf einen solchen Sturz sein müssen.
    Er hörte Sirenen und kauerte sich neben dem Toten nieder. Man sah, dass es kaum einen Knochen gab, der nicht gebrochen war. Das rote Haar jedoch war unverwechselbar, genau wie der schmutzig braune lange Reitermantel. Das war der Stadtstreicher, der ihm das Manuskript gebracht, der Mann,

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