Traummoerder
wollen wir wissen, dass er das Tagebuch nicht schon jede Menge anderen Leute gezeigt hat?«
»Ein Stadtstreicher wie er? Das ist ausgesprochen unwahrscheinlich. Meinst du, er ist in der Writers Guild registriert? Ich glaube kaum.«
»Also, das war jetzt genug Aufregung für einen Tag«, stellte Nick fest. »Für mich zumindest. Falls ihr irgendwas braucht, ruft mich an. Wenn ihr von weiteren psychotischen Schriftstellern hört, die sich von Gebäuden stürzen – dich eingeschlossen –, hinterlasst mir eine Nachricht.«
Dermot und Neela brachten ein mattes Lächeln zustande. Nick nahm seinen Stock und ging zur Tür. Neela umarmte ihn, bevor er ging.
»Was denkst du jetzt?«, erkundigte sich Neela, als sie sich Dermot wieder zuwandte.
»Dass du noch da bist. Dass ich dich mehr liebe, als ich sagen kann.« Er zog sie an sich. »Ich bin froh, dass du in Sicherheit und gesund bist.«
Kapitel 15
Dermot konnte nicht schlafen. Jedes Mal, wenn er die Augen schloss, sah er vor sich, wie Arnolds Schädel auf dem Gehsteig zerplatzte wie eine weiche Frucht. Die Bilder waren so lebendig, so schockierend, dass er aufstehen und sich irgendwie mit anderen Dingen ablenken musste.
Er schlüpfte aus dem Bett und ging hinunter in sein Arbeitszimmer. Irgendetwas störte ihn an der Struktur und dem Stil des Tagebuchs, etwas, was er nicht benennen konnte. Einige Passagen unterschieden sich dramatisch von anderen, sowohl was den Inhalt als auch was die Sprache betraf. Könnte Arnold – oder wie immer sein wahrer Name lautete – Hilfe beim Schreiben gehabt haben? Waren zwei Autoren daran beteiligt? Oder war es lediglich ein Beweis dafür, dass Arnold kein besonders guter Autor war. Falls dies sein erster Schreibversuch war, dann konnten einige Passagen durchaus gelungener sein als andere. Wie auch immer – das machte Dermot neugierig.
Er schlug ein Kapitel auf, das er für besonders grauenhaft hielt – eines, das eine sehr weitverbreitete Angst aufgriff: die Angst vor dem Zahnarzt. Als ich ihr das erste Mal begegnete, dachte ich, sie sei eine perfekte Schönheit mit dem vollkommensten Gesicht, das ich jemals gesehen habe. Ich war verblüfft. Mir kam es vor, als würde ich eine Fotografie anschauen, die von einem berühmten Fotografen kräftig bearbeitet worden war. Wissen Sie, was ich meine? Die Haut war cremeweiß, zart und rein. Wunderbar.
Dermot fühlte sich unbehaglich. Eine solche Vollkommenheit hatte sicher ein kurzes Leben.
Sie erzählte mir online, dass sie ein Model und gerade von einem Fotoshooting zurückgekommen sei. Ich war neugierig auf ihren schlimmsten Albtraum. Ging es um Vergewaltigung? Einen Flugzeugabsturz? Nein, es war etwas Oberflächlicheres. Sie hatte Angst, dass ihre Zähne zerbröselten und ausfielen. Alle paar Nächte träumte sie davon, ohne Zähne im Mund aufzuwachen. Beileibe kein außergewöhnlicher Albtraum. Sie hatte mir anvertraut, dass sie das Erbe, das ihr die Eltern hinterlassen hatten, für einen Zahnarzt ausgegeben hatte. Sie hatte ein Vermögen für ihre Zähne gezahlt. Ist das zu glauben? Man hätte schwören können, dass ihre Zähne echt waren. Damals habe sie ihre Karriere als Model angefangen. Und sie verdiene viel Geld, erzählte sie.
Dermot konnte sich vorstellen, wie dieser Engel aussah.
Ich erinnere mich an ihr Lachen; ihr ganzes Gesicht strahlte! Diese Zähne waren wirklich umwerfend. »In meinem Albtraum sitze ich auf dem Zahnarztstuhl, und der Zahnarzt bohrt mir ohne Narkose einen Backenzahn auf.« Ich ließ mich auf sie ein. »Unglaublich! Bis zum Wurzelkanal? Und Sie spüren jeden Nerv in ihrem Kiefer?« Ich beruhigte sie ein bisschen und erklärte ihr; dass sie bald von ihren Albträumen befreit sein und Frieden finden würde.
Eines Abends folgte ich ihr zu ihrem Wagen und spritzte ihr den thermomuskulären Blocker in den Rücken. Sie schrie nicht, sah mich nur ein, zwei Sekunden an, dann sank sie in meine Arme. Ich trug sie zu meinem Auto und legte sie in den Kofferraum. Ich hatte einige Zeit gebraucht, um die Instrumente für meine primitive Zahnoperation zu organisieren, aber die Sache war alle Mühen wert.
Arnold beschrieb, wie er alles für die Operation in einer Holzscheune, die er durch Zufall gefunden hatte, vorbereitete. Er hatte den Stuhl, die Lampen, das Spuckbecken – alles. Er hatte sogar einen kleinen Generator angeschafft, den er hinter dem Schuppen aufstellte.
Als sie aufwachte, hatte ich sie bereits auf dem Stuhl und hielt ihren Mund mit Hilfe einer
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