Traummoerder
Schund, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Und im nächsten Moment sehe ich zu, wie ein menschlicher Schädel auf dem Asphalt zerschellt. Wie, zur Hölle, würdest du dich fühlen?«
Niemand sagte ein Wort.
»Ich frage mich, ob einer von euch beiden auch nur eine Ahnung hat, welche Folgen dieses Chaos haben kann. Habt ihr darüber schon mal nachgedacht?«, fuhr Dermot fort-jetzt war er in Fahrt. »Ehrlich, ich bin bestürzt, dass ihr so naiv sein könnt.«
»Okay, genug geschimpft«, schaltete sich Neela ein. »Komm zum Punkt.«
»Der Typ, der gesprungen ist, war derjenige, der das Manuskript in unseren Briefkasten gesteckt und sich in der U-Bahn neben mich gesetzt hat. Und er hat mich vor weniger als einer Stunde hier zu Hause angerufen.« Dermot legte eine Pause ein, um seine Worte wirken zu lassen. »Dringe ich zu euch durch?«
»Aber das ist nicht ganz korrekt«, widersprach Neela. »Der Mann, den du zerschmettert auf der Straße gesehen hast, sah dem Typen ähnlich, dem du vor unserem Haus und in der U-Bahn begegnet bist. Aber sein Gesicht war nur noch Matsch – richtig? Wie kannst du dir da so sicher sein, dass er es war?«
»Ich bitte dich, Liebling. Derselbe Mantel, dasselbe orangerote Haar – das war er.«
»Aber er hat angedeutet, dass Neela bei ihm wäre«, warf Nick mit Blick auf Neela ein.
»Auch das ist nicht ganz korrekt, Nick. Wir haben das geglaubt, aber wenn ich jetzt zurückdenke, hat er lediglich angedeutet, dass Neela ein ähnliches letztes Statement abgeben könnte wie er. Er hat nicht behauptet, sie wäre bei ihm.«
Dem musste Nick zustimmen.
Neela bohrte weiter. »Klären wir die Frage, warum du einen falschen Namen angegeben und behauptet hast, du hättest nichts gesehen. Weshalb hast du das gemacht?«
»Ich weiß nicht. Ich denke, ich wollte nur keine Publicity und nichts mit der Sache zu tun haben.«
»Das ist Unsinn, Liebling.« Ihr Ton war weniger ärgerlich als resolut. Sie wollte bloß Dermots Gründe verstehen. »Du weißt, dass das nicht stimmt. Und jede Publicity wäre im Moment sehr willkommen.«
»Ein Booker-Prize-Gewinner wird Zeuge eines Selbstmords? Das soll meiner Karriere auf die Sprünge helfen?«
»Okay, das kann ich nachvollziehen. Dann sag uns wenigstens, was dir durch den Kopf ging, als der Polizist Fragen gestellt hat?«
Dermot seufzte tief und lächelte. Er kam sich vor, als müsste er Kindern gut zureden. »Ihr kapiert es immer noch nicht, oder? Keiner von euch beiden.«
»Okay, wir geben es zu. Du hast recht – wir verstehen es nicht«, gab Neela geduldig zurück. »Macht dich das glücklich? Also, klär uns Idioten auf.«
»Seit Arnold das Manuskript hergebracht hat – oder dieses Tagebuch der Brutalität –, hast du jeden wachen Moment dazu genutzt, mir zu erklären, dass es das kommerziell meistversprechende Stück Scheiße ist, das du jemals zwischen den Fingern hattest. Je mehr ich las, umso mehr war ich geneigt, dem zuzustimmen. Das Machwerk ist grundlos grässlich und ehrlich abscheulich, aber es könnte jede Menge Leser anlocken, die etwas für diese pseudorealistische Horror-Fiktion übrig haben. Dann ruft der Kerl hier an und bittet mich, das Buch für ihn zu veröffentlichen. Ein paar Minuten später ist er nur noch Mus.« Dermot holte Luft. »Versteht ihr jetzt, worauf ich hinauswill?«
»Du überlegst, ob du Esther bitten sollst, das Tagebuch herauszugeben – als posthume Hommage an einen Irren?«, riet Nick.
»Das nicht gerade. Nein.«
»Du denkst daran, den Stoff umzuschreiben?«, fragte Neela.
»Das Werk des Typen ausschlachten? Na ja – das war ein Gedanke.«
Nick schnappte nach Luft. »Hey, ihr solltet ein wenig Respekt haben. Der arme Teufel ist noch nicht mal kalt und liegt noch auf einem Metalltisch in der Pathologie, und wir führen dieses Gespräch? Das ist nicht richtig. Das ist echt makaber.«
»Oh, jetzt sollen wir diesen Kerl also respektieren? Diesen heruntergekommenen Stadtstreicher, der einen schauderhaften fiktionalen Bericht abgeliefert hat, wie er sich in seinen Albträumen daran aufgeilt, Leute zu foltern, Frauen die Zunge aus dem Mund zu schneiden und junge Mädchen dazu zu bringen, den Kopf gegen die Wand zu schmettern? Vor so jemandem soll ich Respekt haben? Guter Gott! Ohne mich. Ich werde etwas stehlen, was ein paar gute Dollar wert sein könnte.«
Nick war entsetzt über Dermots Gefühllosigkeit, Neela hingegen wirkte nachdenklich und schob alle moralischen Bedenken beiseite. »Woher
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