Traummoerder
ersonnen haben könnte, nicht wie das fehlerhafte Machwerk eines Psychopathen. Ich muss die Namen ändern, den Text säubern und zu meinem eigenen machen. So, wie er jetzt ist, würde kein Mensch glauben, dass ich ihn geschrieben habe.«
Neela ließ seine Worte ein paar Sekunden nachhallen.
»Dermot?«
»Ja?«
»Es darf keine Hinweise auf die Herkunft des Buches mehr geben.«
»Das versteht sich von selbst. Und wir müssen einige gründliche Recherchen anstellen. Zuerst müssen wir checken, ob er das Manuskript schon an Agenten und Verlage geschickt hat. Und ich werde mich mit Mike treffen und in Erfahrung bringen, was die Polizei über Mr. Arnold weiß. Wenn sie ihn identifiziert haben, dann müssen wir seinen Hintergrund, Freunde und Familie erforschen – falls er überhaupt lebende Verwandte hatte. Es gibt einen Haufen Dinge, die wir überprüfen müssen, ehe ich mich an die Arbeit machen kann. Das Manuskript ist mit der Hand geschrieben, nicht getippt, das könnte ein Hinweis darauf sein, dass es ein Originalentwurf ist und dass es keine weiteren Kopien gibt. Und der zweite Riesenvorteil ist, dass der Autor tot ist.«
»Klingt irgendwie herzlos, wenn du es so ausdrückst.«
»Wie?«
»Dass sein Tod ein Riesenvorteil ist. Vielleicht hatte er ein tragisches Leben. Wenige Freunde. Reden wir nicht lange drum herum – er lebte auf der Straße, und das ist kein Spaß. Und er hat dir sein Manuskript anvertraut, in der Hoffnung, dass du es unter seinem Namen herausbringen kannst.«
»Unter seinem Pseudonym. Nicht unter seinem echten Namen. Es könnte genauso gut mein Name sein.«
Dermot erhob sich und stellte die schmutzigen Teller in die Spülmaschine. Heute fühlte er sich ein wenig besser. Optimistischer und energiegeladener. Vielleicht hatte er jetzt die Gelegenheit, seine Schriftstellerkarriere neu zu starten.
»Mir ist heute Nacht eingefallen, wie ich das Manuskript zu meinem eigenen Werk machen kann.«
»Und wie?«, fragte Neela, während sie nach ihrem Mantel griff.
»Ich dachte, ich ergänze die Sammlung um einen Albtraum. Um einen von mir erfundenen.«
»Du hast weiß Gott genug davon, da brauchst du gar nichts zu erfinden.«
»Ich kann den Verlauf eines Traumes leider nicht beeinflussen.«
»Na ja, dann solltest du dir vielleicht doch helfen lassen.«
Dermot zuckte mit den Schultern. »Es ist keine große Sache.«
»Aber du schreckst schreiend aus dem Schlaf.«
»Es ist ein Albtraum, Liebling – es wird nicht wirklich passieren.« Dermot nutzte die Gelegenheit, das Thema zu wechseln. »Vergiss nicht – Nick weiß von Arnold und dem Tagebuch.«
»Er wird kein Wort verlauten lassen, ganz bestimmt nicht. Das weißt du auch.«
»Okay. Aber sonst darf niemand davon erfahren.«
»Auf keinen Fall.« Neela holte tief Luft. »Eines ist eigenartig.«
»Was?«
»Die meisten sogenannten Opfer haben Namen, aber zwei werden als Miss A und Mr. B bezeichnet. Warum ist das so, was meinst du?«
»Das weiß ich genauso wenig wie du. Ich werde darüber nachdenken.«
Neela ging zur Haustür, aber Dermot rief: »Warte einen Moment …«
»Was ist?«, fragte sie ungehalten, weil er sie aufhielt.
»Komm her und sieh dir das an. Es ist wichtig.«
Widerstrebend machte sie die Haustür zu. Dermot starrte auf seinen Bildschirm. Er hatte eine Suchmaschine in Gang gesetzt, und da stand: »Safari findet den Server nicht.«
»Interessant«, murmelte Neela. »Natürlich kann das alles Mögliche bedeuten.«
»Zum Beispiel?« Dermot war kein Computerfreak.
»Es könnte heißen, dass die Site einmal online war, aber jetzt nicht mehr aktiv ist. Oder dass die Seite geschlossen ist, weil sie aktualisiert wird oder der Betreiber etwas uploadet.«
»Oder die Seite existiert überhaupt nicht – es hat sie womöglich nie gegeben.«
»Warte mal. Was fängt ein Obdachloser überhaupt mit einer Website an? Wie konnte er all das arrangieren? Vergiss nicht, so was kostet Gebühren. Und wie sollte er die Website im Auge behalten – glaubst du, er hat irgendwo einen iMac gebunkert? Oder hat er zwei Dollar für die Stunde in einem North Hollywood Internetcafé ausgegeben? Das bezweifle ich.«
»Du denkst, er hat von der Website gehört und sich die Idee für sein Tagebuch ausgeborgt?«, fragte Dermot.
»Das ergibt eher einen Sinn. Jedenfalls sollten wir die Site im Auge behalten und aufpassen, ob sie wieder auftaucht. Wenn ja, dann zieht jemand anderes die Fäden, und Mr. Arnold verliert als Massenmörder an
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