Traummoerder
meine solche Mengen. Woher willst du wissen, ob es echt war?«
Dermot ärgerte sich. »Versuchst du den Klugscheißer zu spielen, Neela? Nein, ich habe noch nicht oft getrocknetes Blut zu Gesicht bekommen – weder menschliches noch tierisches. Aber ich habe viel frisches Blut gesehen. Blutspritzer nach allen Seiten – und das erst kürzlich, wenn du dich erinnerst.«
Neela merkte, dass sie ihn nur noch mehr aufregte, und bemühte sich deshalb, eine andere Richtung einzuschlagen. »Ist dir schon mal die Idee gekommen, dass dieser Arnold mit dir gespielt haben könnte? Dass er wusste …«
»Selbstverständlich! Das war mein erster Gedanke.«
»In dieser Bar warst du auch?«
»Habe ich das nicht erzählt?« Er runzelte konfus die Stirn. »Ja, ich hab mir das Zimmer angesehen, in dem Maria Nestor angeblich gestorben ist. Es sah genauso aus, wie es in dem Tagebuch steht. An der Bar saß eine Nutte, die als Vorlage für die Superkleber-Lady hätte fungieren können. Oder sie war ihre Zwillingsschwester.«
»Vielleicht war die Nutte, die du gesehen hast, Maria Nestor, und sie ist gar nicht tot. Vielleicht hat sie ihm als Vorbild gedient. Um die Geschichte noch gruseliger zu machen.«
»Möglich. Aber ich war in dem Zimmer und habe mich umgesehen. Dort fand ich wirklich den Sekundenkleber an der Armlehne des Sessels.«
»Aber keinen Hinweis auf eine Leiche oder Blut?«
»Selbstverständlich war da keine Leiche! Eine verwesende Leiche, aus deren Augenhöhlen die Maden kriechen, in einem Motelzimmer? Ich bitte dich! Außerdem hat er sie begraben. Ich habe nicht nachgesehen, weil ich keine Schaufel bei mir hatte und es stockdunkel war. Außerdem war mir die Sache unheimlich. Ich hatte keine Lust, nach allem, was ich durchgemacht hatte, Leichen auszubuddeln.«
»Dann müssen wir alle Berichte checken, die wir finden können. Überprüfen, ob irgendjemand aus der Gegend vermisst wird.«
»Ja, das ergibt einen Sinn. Ich kann mir nicht vorstellen, wie er sie in sein Auto bekommen hat, ohne gesehen zu werden. Er war alt – es musste ihm Mühe bereitet haben.«
»Wir könnten überprüfen, ob eine Nutte einen Freier mit aufs Zimmer genommen hat und danach nie wieder aufgetaucht ist.«
»Sie könnte mit dem Kerl abgehauen sein – durch die Hintertür. Es muss nicht unbedingt heißen …«
Ein Kläffen, gefolgt von dem Fauchen einer Katze unterbrach ihn. Neela sprang auf. »Wir sollten deinen Hund besser retten.«
In der Küche hatte Cheesecake den armen Scarecrow in die Ecke neben dem Kühlschrank gedrängt. Sie sah aus, als würde sie es ernst meinen – sie machte einen Buckel, der Schwanz war steil in die Höhe gereckt, die Zähne waren gefletscht und gut geölt mit Speichel.
Neela hob Scarecrow hoch, öffnete die Tür zum Garten und setzte ihn hinaus. Dann fütterte sie Cheesecake und machte Kaffee.
Die Türglocke schlug an.
»Wer, um alles in der Welt, kann das sein?« Dermot war schrecklich nervös.
»Mein sechster Sinn sagt mir, dass es Nick ist. Der Pessimist in mir hingegen ahnt, dass es jemand mit einer Zwangsvollstreckung von der Bank sein könnte. Der Optimist hofft, dass uns jemand von der Lotteriegesellschaft eröffnen möchte, dass wir dreiunddreißig Millionen gewonnen haben. Wie wär’s, wenn ich nachsehe?«
Dermot blieb ernst. Er war zu tief in Vorstellungen vom Tod verstrickt.
»Hi, Dermot«, rief Nick vergnügt. »Wie geht’s? Ich hoffe, ich störe nicht.«
»Du störst nie. Trink einen Kaffee mit uns.«
Nick nahm Dermot gegenüber am Küchentisch Platz. Er spürte die Anspannung, die in der Luft lag. »Was ist los? Doch nichts Persönliches, worüber ihr nicht mit mir sprechen wollt, oder?«, fragte er leichthin.
Neela warf Dermot einen Blick zu und sah, dass er nicht vorhatte zu antworten. Demnach kam es ihr zu. »Dermot hat einen Angelausflug gemacht, aber er hat mehr als Fische gefunden.«
Nick lächelte, auch wenn er keine Ahnung hatte, wovon Neela redete – Dermot war in seinem Leben noch nie fischen gewesen.
»Er hat einige Skizzen im …« Sie hielt inne und fuhr verschwörerisch fort:« … im Tagebuch dieses Spinners gefunden. Und Detailangaben über die Orte, an denen er die Leichen verscharrt hat.«
Nick wollte etwas erwidern, aber Dermot hielt ihn mit einer Handbewegung davon ab. »Ich weiß. Es ist ein Buch. Reine Fiktion. Ich wäre nicht so dämlich, loszufahren und mir anzusehen, wo Stephen Kings mordlustiger Desperado oder Patricia Cornwells Attentäter angeblich
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