Traumpfade
behauptete er (und wurde von »Experten« in England deshalb verspottet), erhärte Darwins Aussage, daß der Mensch von den höheren Affen Afrikas abstamme.
Er glaubte ferner, daß das »Kind« mit einem Schlag auf den Kopf getötet worden war.
Dart, der von Buschfarmern in Queensland abstammt, gehört zur Generation des Ersten Weltkriegs; und hatte er auch nur Säuberungsaktionen im Jahre 1918 miterlebt, so scheint er doch die desillusionierte Ansicht vertreten zu haben, daß Menschen Gefallen daran finden, andere Menschen zu töten, und daß sie endlos weitertöten werden.
1953 fühlte er sich jedenfalls angesichts neuen Beweismaterials aus einer Höhle am Rand der Kalahari-Wüste veranlaßt, in einer Abhandlung mit dem Titel »Das räuberische Übergangsstadium vom Affen zum Menschen« seine Überzeugung zu verkünden, daß unsere Art unsere Vorfahren, die Affen, hinter sich gelassen habe, eben weil wir Mörder und Kannibalen seien, daß die Waffe den Menschen geschaffen habe, daß alle nachfolgende Geschichte sich um den Besitz und die Entwicklung überlegenerer Waffen gedreht habe und daß daraus folge, daß die Menschen ihre Gesellschaft den Waffen und nicht die Waffen den Bedürfnissen der Gesellschaft anpassen müßten.
Darts Schüler Robert Ardrey fühlte sich bemüßigt, die Abhandlung wegen ihrer langfristigen ideologischen Auswirkungen neben das Kommunistische Manifest zu stellen.
1947–48, während der Ausgrabungen in der Limeworks-Höhle von Makapansgat – sie selbst ein unheimlicher Ort, wo die Voortrekker einmal einen Stamm von Bantus niedermetzelten –, hatte Dart freigelegt, was er für den »Küchenabfall« einer Gruppe von Australopithecinen hielt, die, »wie Nimrod lange Zeit nach ihnen«, große Jäger gewesen seien.
Obwohl sie Eier, Krebse, Eidechsen, Nagetiere und Vögel aßen, hätten sie auch in großen Mengen Antilopen geschlachtet, ganz zu schweigen von viel größeren Säugetieren: eine Giraffe, einen Höhlenbären, das Flußpferd, das Rhinozeros, den Elefanten, den Löwen, zwei Hyänenarten – zu denen, mit den rund 7000 Knochen vermischt, eine Menge Pavianschädel ohne Skelette und die Überreste eines kannibalischen Festschmauses kamen.
Aus den Fossilien wählte Dart ein besonderes Exemplar aus: »die zerschmetterte untere Kinnlade des zwölfjährigen Sohnes eines menschenähnlichen Affen«:
Der Junge war durch einen heftigen Schlag, der mit großer Präzision auf die Kinnspitze abgegeben wurde, getötet worden. Der Schlag mit der Keule war so heftig gewesen, daß die Kiefer beider Gesichtshälften zerschmettert und alle Vorderzähne ausgeschlagen wurden. Dieses aufregende Exemplar veranlaßte mich 1948 und in den nachfolgenden sieben Jahren zu einer gründlicheren Untersuchung ihrer mörderischen und kannibalischen Lebensweise.
Wie gesagt, so getan. Er begann damit, die Knochenansammlung von Makapansgat mit denen von Taung und Sterkfontein zu vergleichen (letzterer ein Ausgrabungsort in der Nähe von Pretoria), und zwischen 1949 und 1965 veröffentlichte er insgesamt neununddreißig Abhandlungen, in denen er seine Theorie von einer osteodontokeratischen (Knochen-Zahn-Horn) Werkzeugkultur des Australopithecus entwickelte.
Das Bild, das er von unseren unmittelbaren Vorfahren entwarf, ergab, daß sie Rechtshänder waren, daß ihre Lieblingswaffe eine Keule war, die aus dem distalen Ende des Vorderlaufknochens einer Antilope gemacht war, daß sie als Dolche Horn oder gespitzte Knochensplitter benutzt hatten, Kinnladen als Sägen, Eckzähne von Raubtieren als Pickel, und daß eine Menge anderer Knochen zur Extraktion von Mark zerschmettert worden waren.
Aus der weiteren Feststellung, daß die Schwanzwirbel fast immer fehlten, zog Dart den Schluß, daß diese als Flegel, Peitschen oder Signalfahnen herumgeschwenkt worden waren. Und weil die Schädel sowohl des Pavians als auch des Australopithecus ihm vorsätzlich verstümmelt vorkamen, behauptete er, die Bewohner der Höhle seien »professionelle Kopfjäger« gewesen. Er folgerte:
Die blutbesudelten, von Schlächtereien zeugenden Archive der menschlichen Geschichte, beginnend bei den ältesten sumerischen und ägyptischen Aufzeichnungen bis zu den jüngsten Abscheulichkeiten des Zweiten Weltkriegs, stimmen mit diesem frühen universalen Kannibalismus überein, mit der Praktik, Tiere und Menschen zu religiösen Zwecken zu opfern, mit weltweiten Skalpierer-, Kopfjäger-, Verstümmler- und
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