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Traumpfade

Traumpfade

Titel: Traumpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Chatwin
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erschien und befahl zwei jungen Assistenten, einen Kreis aus weißem Puder, wie bei einer Zirkusarena, in den Sand zu streuen. Als das getan war, standen die jungen Männer Wache vor dem Kreis und gingen mit Streifen von Palmzweigen auf jene los, die die Linie überschritten.
    Unter den Zuschauern befanden sich zahlreiche Bororofrauen in mittlerem Alter mit ihren Töchtern. Die Töchter trugen eine Art weißen Schleier. Die Mütter waren in Indigoblau gehüllt, und an ihren Ohren klapperten Messingreifen. Sie ließen ihre Blicke über Schwiegersöhne in spe schweifen, mit dem Sachverständnis von Frauen beim Verkauf von Vollblutpferden.
    Im Innenhof waren die jungen Männer, die in den vergangenen vier Jahren gezwungen gewesen waren, in Frauenkleidern herumzulaufen. Wir hörten einen Ausbruch wilder Schreie: dann kamen, begleitet vom Rattern der Trommel, die beiden Jungen herein, die Maries Schminke dick aufgetragen hatten.
    Der »Robuste« hatte einen rosaroten Amorsbogen um seine Lippen gezogen; seine Fingernägel waren scharlachrot und seine Augenlider grün. Sein trägerloses bauschiges Kleid bestand aus blaßlila Streifen, die auf einen rosaroten Unterrock genäht waren. Die Wirkung wurde durch schillerndgrüne Socken und ein Paar Tennisschuhe zunichte gemacht.
    Sein Freund, der »Schöne«, trug einen enganliegenden malvenfarbenen Turban, war in ein grünweiß gestreiftes Futteralkleid gehüllt und bewies einen ausgeprägten Sinn für zeitgemäße Mode. Er war mit dem Lippenstift sehr sparsam umgegangen und hatte auf jede Wange säuberlich zwei Rechtecke aus rosa und weißen Querstreifen gemalt. Er trug eine Sonnenbrille mit Spiegelgläsern und bewunderte sich in einem Handspiegel.
    Die Menge jubelte.
    Ein anderer junger Bororo kam mit drei verschiedenen »Herkules«-Keulen dazu, die aus einem Akazienstamm geschnitzt worden waren. Er bot dem Schönen eine der Waffen zur Wahl an.
    Der Schöne nahm seine Sonnenbrille ab und zeigte mit einer schlaffen Geste auf die größte, steckte sich etwas in den Mund und winkte seinen Freunden auf dem Dach zu. Sie brüllten beifällig und hoben ihre Plastikhüte auf Speerspitzen in die Höhe.
    Der Zeremonienmeister nahm die Keule, die der Schöne gewählt hatte, und mit der Feierlichkeit eines Kellners, der einen Château Lafite serviert, präsentierte er sie dem Robusten.
    Der Schöne bezog jetzt Stellung in der Mitte des Kreises, hielt seine Sonnenbrille über den Kopf und begann, im Falsett ein Lied zu singen. Der Freund schwang währenddessen mit beiden Händen die Keule und führte am Kreis entlang Pirouetten aus.
    Der Trommler beschleunigte den Rhythmus. Der Schöne sang, als würden ihm die Lungen platzen; und der Robuste, der immer schneller wirbelte, kam näher. Schließlich schleuderte er die Keule mit einem knochenzermalmenden Schlag gegen die Rippen seines Freundes, und der Freund stieß ein triumphierendes »Au … a … a … a … a …!« aus, wich jedoch nicht zurück.
    »Was hat er gesungen?« fragte ich den ancien combattant.
    »Ich kann einen Löwen töten«, sagte er. »… Ich habe den größten Schwanz … Ich kann eintausend Frauen befriedigen …«
    »Natürlich«, sagte ich.
    Nachdem sie denselben Vorgang zweimal wiederholt hatten, war der Schöne an der Reihe, den Robusten mit der Keule zu schlagen. Als das vorbei war, sprangen die beiden – beste Freunde und Blutsbrüder fürs Leben – zwischen den Zuschauern hin und her, die ihre Hände ausstreckten und ihnen Geldscheine auf das Make-up klebten.
    Hand in Hand gingen die Jungen zum Palast zurück. Zwei weitere Paare machten die gleiche Prozedur durch: aber sie waren beide weniger »chic«. Dann zogen auch sie sich zurück.
    Die Assistenten verwischten den weißen Kreis, und alle drängten sich in den Hof und warteten, daß etwas geschah.
    Es war fast dunkel, als aus dem Innenhof wieder grauenhafte Schreie drangen. Ein weiteres Trommelrasseln, und alle sechs Jungen kamen herein, hart und glänzend, in kiltähnlichen schwarzen Lederröcken, mit Straußenfedern an den Hüten; sie schwenkten die Schultern und schwangen ihre Speere, wobei sie sich unter die Mädchen mischten.
    »Sie sind Männer«, sagte der ancient combattant.
    Ich blickte nach unten ins Halblicht, auf die Masse blauer und schwarzer Gestalten, ähnlich den Wellen bei Nacht, mit einer oder zwei weißen Schaumkronen, und der silberne Schmuck glitzerte wie Tupfer phosphoreszierenden Lichts.

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    U m einander Raum zu lassen, hatten Rolf

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