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Traumpfade

Traumpfade

Titel: Traumpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Chatwin
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Teil des Morgens bewegten sich die Fahrzeuge langsam über verkrusteten Boden nordwärts. Die Sonne blendete, und die Vegetation war versengt und verdorrt. Nach Osten hin fiel das Land ab und stieg dann wieder zu einem Kamm fahler Sandhügel an. Das Tal dazwischen war mit einem endlosen Dickicht von Mulgabüschen bedeckt, blattlos in dieser Jahreszeit und silbriggrau wie eine tiefliegende Wolkendecke.
    Nichts bewegte sich bis auf die flimmernden Hitzewellen.
    Wir kreuzten immer wieder abgebrannte Flächen. An manchen Stellen war von den Büschen nichts geblieben als aufrecht stehende, vom Feuer gehärtete Dornen, die in unsere Reifen piksten, wenn wir darüberfuhren. Wir hatten drei Reifenpannen, und Marian mit ihrem Landrover hatte zwei. Wann immer wir anhielten, um ein Rad zu wechseln, bliesen uns Staub und Asche in die Augen. Die Frauen sprangen fröhlich vom Wagen und gingen davon, um nach Buschnahrung zu suchen.
    Mavis war in ausgelassener Stimmung und wollte mich für die Sandalen entschädigen. Sie ergriff meine Hand und zog mich zu einem verkrümmten grünen Busch.
    »He! Wo wollte ihr beiden hin?« rief Arkady.
    »Ihm ein paar Buschbananen holen«, rief sie zurück. »Er weiß nicht, was Buschbananen sind.« Doch die Bananen, die wir fanden, waren zu einem Nichts zusammengeschrumpft.
    Ein andermal versuchten sie und Topsy, einen Goanna zu jagen, aber das Reptil war viel zu schnell für sie. Schließlich fand sie eine Pflanze mit reifen Solanumbeeren, die sie mit vollen Händen über mich schüttete. Sie sahen aus und schmeckten wie unreife Cocktailtomaten. Ihr zuliebe aß ich ein paar, und sie sagte: »Gut so«, streckte ihre Patschhand aus und streichelte meine Wange.
    Sobald etwas in der Landschaft auch nur annähernd etwas »Charakteristisches« hatte, bremste Arkady und fragte Old Alan: »Was ist das da?« Oder: »Ist diese Gegend frei?«
    Alan starrte aus dem Fenster auf seine »Domäne«.
    Gegen Mittag näherten wir uns einer Gruppe von Eukalyptusbäumen; es war der einzige grüne Flecken weit und breit. In der Nähe ragte ein Sandsteinhöcker aus der Erde, etwa sechs Meter lang und an der Erdoberfläche kaum zu sehen. Er war auf einer Luftaufnahme sichtbar geworden, und er war einer von drei identischen Höckern, die nebeneinander auf dem Bergkamm lagen.
    Arkady erzählte Alan, der Ingenieur werde diesen Felsen möglicherweise abbrechen wollen, um Schotter zu gewinnen. Er werde ihn vielleicht mit Dynamit sprengen wollen.
    »Was meinst du dazu, alter Mann?« fragte er.
    Alan sagte nichts.
    »Keine Geschichte hier? Gar nichts?«
    Er sagte nichts.
    »Das Land ist also frei?«
    »Nein.« Alan holte tief Luft. »Die Babys.«
    »Wessen Babys?«
    »Babys«, sagte er – und mit derselben müden Stimme begann er die Geschichte von den Babys zu erzählen.
    In der Traumzeit jagten der Bandikutmann Akuka und sein Bruder auf diesem Bergkamm. Weil Trockenzeit war, waren sie beide schrecklich hungrig und durstig. Jeder Vogel und jedes Tier war geflohen. Die Bäume hatten keine Blätter mehr, und Buschbrände fegten durchs Land.
    Die Jäger suchten überall nach einem Tier, das sie töten konnten, bis Akuka, der schon fast in den letzten Zügen lag, einen Bandikut sah, der auf seinen Bau zuschoß. Sein Bruder warnte ihn davor, ihn zu töten, denn die eigene Art zu töten war tabu. Akuka beachtete die Warnung nicht.
    Er grub den Bandikut aus dem Bau, tötete ihn mit dem Speer, häutete ihn und aß ihn, und gleich darauf bekam er Magenkrämpfe. Sein Bauch schwoll immer mehr an, und dann platzte er, und eine Menge Babys kamen daraus hervor, die allesamt nach Wasser schrien.
    Fast verdurstet wanderten die Babys nach Norden bis nach Singleton und wieder südwärts bis nach Taylor Creek, wo sich heute der Damm befindet. Sie fanden ein Schlammloch, aber bald hatten sie alles Wasser getrunken und kehrten zu den drei Felshöckern zurück. Die Felsen waren die Babys, die sich dort eng zusammengedrängt zum Sterben hingelegt hatten – obwohl sie, wie es sich dann ergab, noch nicht sterben sollten.
    Ihr Onkel, Akukas Bruder, hörte ihre Schreie und bat seine Nachbarn im Westen, Regen zu machen. Der Regen blies vom Westen heran (die graue, mit Mulgabäumen bestandene Ebene war der in Bäume verwandelte Gewitterregen). Die Babys kehrten auf ihre Pfade zurück und wanderten wieder nach Süden. Als sie einen Bach nicht weit vom Eidechsenfelsen überquerten, fielen sie in das Hochwasser und »schmolzen«.
    Der Name der Stelle, an

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