Traumreisende
Hausbesitzer, ob sie das Badezimmer benutzen dürften, und stahlen dann alles, was sie sich in die Taschen stecken konnten.
Geoff verstand die Diebe. Auch er fühlte sich zurückgewiesen und benachteiligt und war neidisch, aber was ihm am meisten zu schaffen machte und die anderen Empfindungen gering erscheinen ließ, waren die Schuldgefühle, weil Stehlen böse war. Er sah sehr ungern, wie die anderen es taten, und er hasste das Wissen, dass er selbst auch dazu fähig wäre. Geoff hatte keinen Ehrgeiz. Er konnte sich keine Beschäftigung von irgendwelchem Interesse vorstellen, und er konnte vermeiden, irgend etwas zu fühlen, indem er sich mit Alkohol berauschte. Das war immer eine willkommene Erleichterung.
In Arizona wurde er mit neunzehn Jahren verhaftet, weil er Schecks vom Beifahrersitz eines geparkten Autos gestohlen hatte. Man schickte ihn in ein Rehabilitationszentrum. Es sah aus, als sei er auf dem Wege der Besserung, als er von einer Versicherungsgesellschaft als Botenjunge für die Post und zum Kopieren eingestellt wurde. Unglücklicherweise gehörte es zu seinen Pflichten, Alkohol für die Versicherungsagenten zu besorgen. Diese boten ihren Kunden bei Verhandlungen gern einen Cocktail an. Der Zugang zu den Getränken war zu einfach, und bald verlor Geoff seinen Job. Später, in San Francisco, Kalifornien, machte er Bekanntschaft mit dem Rauchen eines besonderen Krauts, das in anderen Staaten nicht so leicht zu haben war. Die zusätzliche Sucht nach diesem illegalen Zeug brachte ihn - neben seinem bereits bestehenden Alkoholismus - vollends auf die schiefe Bahn. Er verlor jedes Zeitgefühl, wusste nicht, wo er war und wie er dort hingekommen war. Über Monate hinweg verging kein Tag, an dem er nicht unter dem Einfluss von Drogen stand.
Die Pension Crowley war ein zweistöckiges Schindeldachhaus, das einzige in dem hübschen Viertel, das dringend einen frischen weißen Anstrich gebraucht hätte. Es hatte einen Dachvorbau über der Haustür, der aussah, als solle er Solidität und Kraft repräsentieren. Die beiden Säulen, die ihn trugen, waren aus Pflastersteinen gemauert. Kleine Fenster unterbrachen die Vorderseite, und an jedem hingen Gardinen in unterschiedlichen Farben. Vor dem Haus gab es einen grasbewachsenen Vorgarten von der gleichen Breite, umgeben von einem taillenhohen Eisenzaun. Das Tor war verrostet und ließ sich nicht mehr schließen. Ungestutzte Büsche und ein paar unerschrockene Blumen säumten das Erdgeschoss. Mrs. Crowley zeigte auf ihr Haus, als sie seitlich daran vorbeifuhr, um in der Gasse vor der Hintertür zu parken. Fünf Stufen führten zu einer teilweise mit Fliegendraht versehenen Tür, durch die man auf eine hintere Veranda gelangte, die ungefähr eineinhalb Quadratmeter groß war.
»Stell die Möbelstücke auf die Veranda, und bring das Gemüse in die Küche«, sagte Daphne Crowley barsch, warf die Fahrertür des Wagens zu und verschwand im Haus. Beatrice sah sich um. Ein leiser Hauch von Süße lag in der Luft. Woher mochte der kommen? Sie folgte ihrer Nase und fand einen vernachlässigten und vergessenen Obstbaum, der zwischen diesem und dem Nachbarhaus wuchs. Dann kehrte sie sofort zu ihrer Aufgabe zurück und entlud das Auto. Ihre neue Arbeitgeberin sollte ja nicht schon am Beginn ihrer Beziehung wütend auf sie werden. Sie holte die Teile des Liegestuhls und den hohen hölzernen Garderobenständer aus dem Wagen und stapelte sie auf der Veranda neben einem metallenen Kasten für Milchflaschen, einem schiefen Gestell für Grabkränze und zahlreichen leeren Kisten aufeinander.
Dann holte sie die Nahrungsmittel aus dem Auto. Als sie durch die Tür ging, fand sie sich in Mrs. Crowleys Küche wieder. Die Küche war ein unordentlicher Raum mit einem schwarzweiße Kacheln imitierenden Linoleumboden und Stapeln von schmutzigem Geschirr im Ausguss und auf einem nahen Tisch.
Die Schränke, die den ganzen Raum umgaben, hatten keine Türen, so dass es aussah, als hätte die Küche keine Wände, sondern nur Schlitze, die mit Gläsern, Tassen, Schüsseln, Schachteln in allen Farben und Größen und Nahrungsmitteln in verschiedenen Stadien der Fäulnis gefüllt waren. Eine sandfarbene Katze lugte unter dem Tisch hervor, wo sie auf einem Hocker geschlafen hatte. Beatrice wusste nicht, wo sie die Lebensmittel abstellen sollte. Die einzige freie Fläche war der Fußboden, also packte sie die Tüten dorthin.
»Wasch zuerst das Geschirr ab«, ertönte die Stimme der Frau aus dem
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