Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumreisende

Traumreisende

Titel: Traumreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
Vom Netzwerk:
Nebenzimmer. »Spül es, trockne es ab und räum es ein. Ich komme in ein paar Minuten und helfe dir. Dein Zimmer zeige ich dir später.« Das sah nach einer Riesenaufgabe aus, aber Beatrice war eigentlich froh, sich auf etwas Bestimmtes konzentrieren zu können. Ihre seelischen Probleme mussten ein Weilchen ruhen. Zuerst musste sie die schmutzigen Teller auf dem Tisch umräumen, um Platz für den Stapel weiteren Geschirrs aus dem Ausguss zu schaffen. Dann konnte sie das Spülbecken mit Seifenwasser füllen. Zwei Stunden und zwei Nachfüllungen mit Seifenwasser später war sie fertig. Die Katze hatte sie inzwischen akzeptiert, rieb sich an ihren Beinen und schnurrte.
    »Ach du meine Güte, es wird spät«, sagte Daphne Crowley, als sie geschäftig durch die Tür kam. »Wir müssen den Abendtee vorbereiten. Schäl diese Kartoffeln! Hier ist ein Schälmesser. Ich werde für das Gebäck sorgen.«
    Die Vorbereitungen verliefen glatt. Daphne stellte bestimmte Anforderungen, die Beatrice ohne Fragen oder Kommentar erfüllen konnte. »Jetzt wasch dir die Hände, und binde diese saubere Schürze um. Ich möchte, dass dich alle sehen. Hier, trag das mit mir ins Speisezimmer.«
    Sie gingen in den Nebenraum, wo vier Männer an einem Tisch saßen. »Meine Herren, das ist Beatrice. Sie ist aus der Mission der Barmherzigen Schwestern. Sie wird mir helfen und Ihnen aus dem Weg gehen, daher hoffe ich, dass wir alle zufrieden sein werden. Beatrice, bring die Suppenterrine rein.«

    So vergingen der erste und die meisten folgenden Tage in der Pension Crowley. Beatrice wechselte die Bettwäsche, wischte Staub und putzte die Gästezimmer, den Speiseraum und den Aufenthaltsraum. Sie kochte alle Mahlzeiten, nachdem sie gelernt hatte, wie Daphne jedes Gericht zubereitet haben wollte. Sie bediente bei Tisch, wusch das Geschirr ab, putzte die Küche und die Badezimmer und half sogar mit, im Garten Unkraut zu jäten. Sie beschnitt und goss den vernachlässigten Obstbaum zwischen den Häusern. Er reagierte mit kräftigen neuen Blättern, und die Äste wurden gerader und reckten sich dem Himmel entgegen.
    Ihr Zimmer war auf dem Speicher, den man über eine Treppe neben der Hintertür zur Küche erreichte. Der große Speicher diente als Lagerraum für alles mögliche, aber in der Mitte war ein Bereich abgeteilt, indem man alte Quilts an die Dachbalken genagelt hatte, die nun die Wände bildeten. Hier standen nur ein schmales Bett und eine kleine Frisierkommode, aber Beatrice hatte Zugang zu anderen Möbelstücken, die dort zwischen Kartons mit wahrscheinlich längst vergessenem Inhalt herumstanden. Als sie eine Woche da war und sich sehr mutig fühlte, räumte sie den Speicher ohne Erlaubnis um, hängte die Quilts anders auf und stellte noch einen kleinen roten Tisch, einen schwarzen Stuhl mit Sprossenrückenlehne, einen Schaukelstuhl und einen gesprungenen Spiegel in ihrem neuen Reich auf. Indem sie ihren Raum auf diese Weise vergrößerte, hatte sie nun auch ein Fenster, das nach hinten hinausging und durch das sie aufs Dach schauen konnte. Es war wunderbar.
    Sie konnte durch das Fenster auf einen flachen Bereich des Dachs steigen, wo sie von unten nicht zu sehen war. In der ersten Nacht entdeckte sie, dass sie draußen unter den Sternen sitzen konnte, und fand, dies sei ein Grund zum Feiern. Wegen der Lichter der Stadt waren die Sterne hier nicht so gut zu erkennen wie auf dem Land, aber es gelang ihr trotzdem. Tatsächlich zog sie es vor, unter freiem Himmel zu schlafen.
    Das harte Dach war nicht viel anders als die harten Betten im Waisenhaus. Nach einer Weile konnte sie die Geräusche ausblenden, die die ganze Nacht über anhielten. Beatrice erinnerte sich nicht, jemals in ihrem Leben so glücklich gewesen zu sein.
    Die Gäste im Haus waren wie die Wellen des Ozeans, ein stetiges Kommen und Gehen, aber manche blieben länger als andere. Andrew Simunsen galt als Dauermieter. Er war einundzwanzig, groß, schlank, hübsch und ganz auf Erfolg eingestellt. Die Grundschule hatte er auf dem Land besucht, wo er geboren war und seine Familie noch immer wohnte. Er war in die Stadt gekommen, um die höhere Schule zu besuchen, und dann geblieben. Er interessierte sich weder für Landwirtschaft wie sein Großvater noch für den Gemischtwarenladen seines Vaters, den dieser eines Tages an ihn zu übergeben hoffte.
    Andrew dachte voraus in die Zukunft. Er verfolgte die wirtschaftlichen Trends sehr genau und war sich absolut sicher, dass man mit Mineralien

Weitere Kostenlose Bücher