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Traumschlange (German Edition)

Traumschlange (German Edition)

Titel: Traumschlange (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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Mitchard wandte sich Abby zu. „Abby, darf ich Ihnen Pater Bob Maddox aus Ohio vorstellen.“
    Der Priester trat einen Schritt vor und umfasste Abbys Hand mit seinen beiden Pranken. „Willkommen. Willkommen in meinem Haus. Ich will doch hoffen, dass sie eine gute Katholikin sind?“
    „Nein, ich bin protestantisch erzogen worden“, erwiderte Abby lächelnd.
    „Nun ja, dann werden Sie später mit Sicherheit in der Hölle braten, aber nun kommen Sie schnell ins Haus. Die Hitze hier draußen ist mörderisch.“
    Sie folgten dem Pater durch einen engen Flur in eine geräumige Wohnküche. Der Raum war größer als Abby erwartet hatte. Von draußen wirkte das Gebäude durch seine Bauweise kleiner als es tatsächlich war. Links von ihr befand sich eine lang gestreckte Küchenzeile mit Herd, Spüle und mehreren an der Wand hängenden Schränken. In der Mitte des Zimmers stand ein wuchtiger, alter Holztisch, dem man sein hohes Alter ansah. Um ihn herum gruppierten sich sechs, eben so alt aussehende Holzstühle mit hohen Lehnen. Direkt über dem Tisch hing ein massives Holzkreuz an der Wand, welches den gekreuzigten Christus zeigte. Abby ließ ihren Blick weiterwandern. An der anderen Seite des Raumes lehnte sich ein mit Büchern überladenes Regal an die Wand, als wolle es sich gegen die Last abstützen. Daneben hatte ein zerschlissenes Sofa mit verblasstem rotem Bezug seinen Platz gefunden. Ein unbekannter, aber angenehmer Geruch lag über allem. Abby konnte ihn nicht einordnen, aber er erinnerte sie ein wenig an den Duft von Mangos.
    Bob Maddox hatte Abby heimlich beobachtet und sagte nun: „Sie haben sicherlich ein bisschen mehr Protz und Prunk erwartet.“ Seine fleischige Hand deutete auf einen Durchgang, der von einem Stoffvorhang verdeckt wurde. „Mein Schlafzimmer. Da drin sieht es ganz anders aus. Ich habe ein Himmelbett aus Samt mit einem Baldachin darüber, der sich wie ein Segel von einer Zimmerecke zur anderen spannt. Mein Kopf ruht auf seidenen Kissen und ich bedecke diesen mir von Gott geschenkten Körper mit den feinsten Daunendecken.“ Er lachte dröhnend.
    „Glauben Sie ihm kein Wort“, meinte Mitchard trocken. „Da drin befinden sich nur ein sehr alter, von Holzwürmern zerfressener Sekretär und ein Feldbett aus dem ersten Weltkrieg. Pater Maddox übertreibt gern ein wenig.“
    „Was kann ich euch zu trinken anbieten?“, fragte der Pater. „Mama Koko hat frische Zitronenlimonade gemacht.“
    „Danke für mich nichts“, meinte Mitchard.
    „Ich nehme sehr gern ein Glas“, sagte Abby.
    Pater Maddox schenkte ihr aus einem tönernen Krug ein Glas ein und vergaß auch nicht eine frische Scheibe Zitrone abzuschneiden, die er einschlitzte und an den Rand des Glases klemmte.
    „Bitte sehr.“
    Abby dankte ihm. Die Zitronenlimonade schmeckte herrlich erfrischend nach der langen Fahrt. Abby leerte ihr Glas auf einen Zug. Der Pater füllte das Glas unaufgefordert wieder auf.
    „Nehmt bitte Platz“, lud er sie ein. „Was führt euch zu mir.“
    Nachdem sie sich gesetzt hatten, erklärte Jean sein Anliegen. Er erzählte von Linda Summers Tod und den merkwürdigen Umständen, die ihn begleiteten. Bob Maddox schwieg die ganze Zeit. Als Mitchard endete, beugte sich der Pater zu Abby hinüber und legte seine Hand über ihre. „Mein Beileid für Ihren Verlust.“
    „Danke, Pater.“
    „Und du möchtest nun mein Mikroskop benutzen, um herauszufinden, ob diese Asche wirklich von Linda Summers Körper stammt?“, wandte Maddox sich wieder an Jean.
    „Ja, wenn du nichts dagegen hast.“
    „Kein Problem. Du weißt, wo meine Sachen stehen. Einfach die Kellertreppe hinunter.“
    Jean erhob sich. „Dann will ich mich mal an die Arbeit machen. Je schneller wir die Sache hinter uns haben, desto besser.“
    Abby reichte ihm die Stofftasche, in der sie die Urne transportiert hatte. „Darf ich mitkommen?“
    „Nein, besser nicht. Sie können mir nicht helfen. Und ich mache das lieber ungestört.“
    „Sie bleiben mir, meine Liebe“, mischte sich der Pater ein. „Und lauschen den Geschichten eines alten Mannes, während Jean seine Arbeit tut.“
     
     
    „Verzeihen Sie meine Neugier, aber wieso hat ein Priester ein Mikroskop?“, fragte Abby, nachdem Jean im Keller verschwunden war.
    Maddox grinste wie ein kleiner Junge. „Ich sammle Schmetterlinge. Schmetterlinge sind so ziemlich das Einzige, was Haiti im Überfluss zu bieten hat. Mama Koko mag keine toten Tiere in der Wohnung, also habe ich meine

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