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Traumschlange (German Edition)

Traumschlange (German Edition)

Titel: Traumschlange (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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ärgerte sie.
    „Ich habe es Ihnen schon mehrfach erklärt, Doc. Morgen fliege ich nach Haiti, um die Rückführung des Leichnams meiner Schwester nach England in die Wege zu leiten. Wenn die Beamten dort nur halb so stur wie in England sind, kann ich davon ausgehen, dass ich von Amt zu Amt hetzen muss, bis alle Formalitäten erledigt sind. Mit einem schweren Gipsfuß bei vierzig Grad im Schatten dürfte das kaum zu bewältigen sein. Also...“
    „Aber...“
    „...Sie schneiden jetzt den Gips auf oder ich mache es selbst!“
    Hedson gab sich mit einem Seufzer geschlagen. Er kannte Abby seit ihrem siebten Lebensjahr und wusste, sie meinte es ernst.
    „In Ordnung, ich nehme Ihnen den Gips ab, aber Sie unterschreiben mir eine Bescheinung, in der Sie versichern, dass ich Sie über Folgen und Risiken aufgeklärt habe und dass diese Aktion gegen meinen ausdrücklichen medizinischen Rat erfolgt.“
    „Was immer Sie wollen! Und jetzt runter mit dem Ding, ich habe noch einiges zu erledigen.“
     
     
    3. Die Hitze des Tages
     
    Port-au-Prince lag, wie von einem Riesen achtlos hingeworfen, in einer heißen, tropischen Senke am Ende einer natürlichen Meeresbucht. Auf beiden Seiten der Stadt erhoben sich Berge, in deren Hintergrund sich weitere Felsmassen auftürmten und so den Eindruck von Weite erweckten.
    Abby hatte während des Fluges von London nach Santo Domingo in einem Reiseführer gelesen, dass Haiti nur über eine Landfläche von 10000 Quadratmeilen verfügte, auf der sich 6 Millionen Menschen drängten. Es war also nur eine Illusion. Haiti war kleiner als es erschien.
    In dem Reiseführer waren auch mehrere Hotels aufgeführt. Abby hatte sich für das „Oloffson“ entschieden, dass Graham Greene in seinem Buch „Die Stunde der Komödianten“ unsterblich gemacht hatte. Abby hatte das Buch nie gelesen, aber sie kannte die Verfilmung mit Liz Taylor und Richard Burton und glaubte sich an ein altes Haus im Gingerbread-Stil zu erinnern.
    Nach einem Flug, der sie erschöpft hatte, saß sie nun in einem alten, verbeulten amerikanischen Taxi und holperte über eine Straße voller Schlaglöcher durch die Stadt. Der Fahrer hatte die Fenster geöffnet. Heiße, staubige Luft drang in das Fahrzeug. Abby brach der Schweiß aus allen Poren. Das leichte Sommerkleid, das sie trug, klebte unangenehm auf ihrer Haut.
    Während sich das Taxi durch ein verwirrendes Chaos aus Fahrzeugen, Radfahrern und Fußgängern zwängte, brabbelte der Fahrer unablässig auf sie ein. Sein Gesicht ähnelte in Form und Aussehen einer vertrockneten Dattel und schien ständig zu lächeln. Wenn es wieder einmal langsamer voranging, wandte er sich zu Abby um, grinste anzüglich und offenbarte dabei schlechte Zähne, von denen nur noch braune Stummel übrig waren.
    Seine Blicke glitten dann über ihre Beine und obwohl Abby demonstrativ den Stoff tiefer herunterzog, konnte ihn das nicht davon abhalten, sie an der nächsten Kreuzung oder Ampel erneut anzustarren. Abby gab es schließlich auf und konzentrierte sich auf die langsam vorbeiziehende Stadt.
    Zwischen halbfertigen Monumenten und verfallenen Häusern waren unglaublich viele Menschen unterwegs. Der Geruch von gebratenem Fisch, Süßigkeiten, Exkrementen und Asche wehte herein und ließ sie schwer schlucken. Der Lärm war ohrenbetäubend. Musik aus plärrenden Lautsprechern, Tap-Taps , für Personentransporte umgebaute Lastwagen mit ihren, in niedrigen Gängen, kreischenden Motoren und ein beständiges, beunruhigendes Gemurmel, das wie Nebel über allem lag, schmerzte in ihren Ohren. Als sie am Marktplatz Marché de Fer vorbeikamen, nahm die Lautstärke durch die Schreie der Verkäufer an den Ständen noch zu.
    Zwischen all dem Schmutz und Unrat erhob sich plötzlich der Präsidentenpalast. Der Palais National strahlte unnatürlich weiß. Hinter einem hohen Metallgitter erstreckte sich makellos gepflegter Rasen, der wie ein Teppich vor dem Gebäude lag, um die Gäste zu begrüßen. Der Palast selbst, mit seinen drei Kuppeln, erinnerte Abby an eine Moschee. Vor dem Haupteingang ragten vier Säulen nach oben, so als versuchten sie die ganze Konstruktion zu stützen.
    Hier befanden sich kaum Menschen auf den Straßen. Drei Männer knieten mitten auf der Straße und zupften Unkraut zwischen den Pflastersteinen. Dem dicht an ihnen vorbeiströmenden Verkehr schenkten sie keine Beachtung. Abby entdeckte eine Gruppe Passanten, die langsam auf den Präsidentenpalast zuging. Die Frauen trugen weite bunte

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