Traumschlange (German Edition)
durch“, sagte er.
Ein Lächeln erschien auf Abbys Gesicht. Sie griff erneut in ihre Handtasche und förderte eine Packung Gefrierbeutel mit Plastikverschluss hervor. „Oh doch. Ich packe die Dinge in diese Beutel und klebe sie mir an die Oberschenkel. Niemand wird sie finden.“
„Abby, du bist komplett wahnsinnig. Wenn jemand das Zeug entdeckt, weiß er sofort, was los ist. Sie werden dich töten.“
„Sie werden es nicht finden“, beharrte Abby. „Ohne diese Sachen geht es nicht. Wie sollen Linda und ich fliehen, wenn wir nicht einmal wissen, in welche Richtung wir gehen sollen? Außerdem brauche ich eine Waffe.“
„Dann besorge ich dir einen Revolver. Kein Problem auf Haiti.“
„Wie soll ich denn einen Revolver verstecken? Ein Messer ist schon groß genug.“
„Stimmt“, gab Jean zu. „Vergiss die Idee.“
„Hast du morgen Dienst?“
„Nein, der kranke Kollege ist wieder einsatzfähig. Ich habe bis Montag frei.“
„Dann geh nach Hause und leg dich ins Bett. Es wird ein oder zwei Tage dauern, bis ich das Geld aufgetrieben habe. Ruh dich aus.“
„Ich gebe dir meine Telefonnummer. Du kannst mich anrufen, wenn irgendetwas sein sollte.“ Er schrieb die Nummer auf einen Zettel und reichte ihn ihr zusammen mit seinen Fahrzeugschlüsseln.
„Warum gibt’s du mir deinen Wagen?“, fragte Abby.
„Ich werde den morgigen Tag wahrscheinlich im Bett verbringen, also brauche ich ihn nicht. Du hingegen musst zur Bank oder zur Post. Es ist gut, wenn du mobil bist und nicht jedes Mal auf ein Taxi warten musst. Außerdem gefällt mir der Gedanke nicht, dass du mit dreitausend Dollar in der Tasche in einem Taxi sitzt und durch Port-au-Prince fährst.“
Ein überzeugendes Argument. Abby nahm die Schlüssel und den Zettel und bedankte sich.
„Eine Karte von Port-au-Prince liegt im Handschuhfach.“
Abby winkte dem Kellner und bezahlte die Getränke. Sie erhob sich und gab Jean einen Kuss auf die Wange.
„Bis morgen oder übermorgen“, verabschiedete sie sich. „Erhol dich.“
„Das werde ich tun, Abby. Mach dir keine Sorgen um mich. Wir Haitianer sind ein zähes Volk.“
Er blickte ihr nach, wie sie zum Ausgang des Restaurants schlenderte und bewunderte ihren sinnlichen Gang. Abby Summers war nicht nur ein interessanter Mensch, sondern auch eine aufregende Frau. Seine Kopfschmerzen kehrten zurück. Höchste Zeit nach Hause zu gehen.
22. Atropin
Jean lag auf seinem Bett und zitterte wie eine Pappel im Sturm. Er hatte jede Kontrolle über seine Gliedmaße verloren, die zuckten, als würden sie von einem unsichtbaren Marionettenspieler gelenkt. Er war schweißgebadet, das Laken unter ihm längst durchfeuchtet. Hohes Fieber ließ seine Stirn glühen und sein Herz flatterte in seiner Brust.
Nachdem er nach Hause gekommen war, hatte er sofort zwei Aspirin genommen und sich hingelegt. Nach nur drei Stunden Schlaf, der ihm keine Erholung gebracht hatte, war er wieder aufgewacht. Seitdem ging es ihm von Minute zu Minute schlechter.
Das kann keine Grippe sein, wühlte sich ein Gedanke in seinen Kopf. Das Denken fiel ihm schwer, sein Körper war zu sehr damit beschäftigt, den Zusammenbruch zu verhindern.
Er war ernsthaft krank, soviel war Mitchard klar. Er benötigte ärztliche Hilfe. Es war jetzt früher Abend. Im Krankenhaus waren noch genug Ärzte im Dienst. Sie konnten jemand schicken, der ihn untersuchte.
Kraftlos schleppte er sich aus dem Bett. Während er zum Telefon schwankte, verlor er einen Schuh, ohne es zu bemerken. Seine Finger zuckten immer wieder über die falschen Tasten, aber schließlich schaffte er es doch, die richtige Nummer einzugeben. Er presste den Hörer an sein Ohr.
Nichts.
Kein Klingeln. Kein Freizeichen.
Er drückte mehrfach die Gabel herunter und gab die Nummer erneut ein, aber das Telefon blieb tot. Einen Moment schien es, als würde er umkippen, aber er schleppte sich noch rechtzeitig zu einem Stuhl und ließ sich schwer hineinfallen.
Was war mit dem Telefon nicht in Ordnung? Als Arzt, der einmal pro Woche Bereitschaftsdienst hatte, musste er erreichbar sein. Aus diesem Grund hatte ihm das Krankenhaus einen teuren Apparat zur Verfügung gestellt, der bisher tadellos funktionierte. Die Telefonleitungen konnten nicht überlastet sein, nur wenige Menschen in Haiti besaßen überhaupt ein Telefon.
Das Atmen fiel ihm schwer. Plötzlich musste er würgen und übergab sich auf seine Hose. Der Brechreiz nachließ und er konnte für einen Moment wieder
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