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Traumschlange

Titel: Traumschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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nach der Flucht versteckt, dachte Schlange. Vielleicht,ist sie noch in Norths Nähe, schläft und träumt... oder liegt im Sterben. Sie ging noch einige Schritte weiter, blieb stehen, zögerte, entschied sich dann und setzte den Weg fort.
    Gleich hinter der nächsten Biegung lag Melissa auf dem Pfad ausgestreckt, die Finger, mit denen sie sich zuletzt um ein winziges Stückchen vorwärtsgezogen hatte, noch ins Erdreich gekrallt. Schlange lief zu ihr, stolperte, fiel neben ihr auf die Knie. Melissa rührte sich nicht. Behutsam drehte Schlange ihre Tochter um. Melissas Körper war ziemlich schlaff, ihre Glieder waren kalt. Schlange tastete nach dem Puls; manchmal meinte sie ihn zu fühlen, bisweilen wieder nicht. Melissa befand sich in einem schweren Schockzustand, und hier vermochte Schlange ihr nicht im mindesten zu helfen.
    Melissa, meine Tochter, dachte sie, du hast dir soviel Mühe gegeben, um dein Versprechen zu halten, und fast hättest du Erfolg gehabt. Auch ich habe dir Versprechungen gemacht, aber keine davon habe ich halten können. Bitte gib mir noch eine letzte Gelegenheit.
    Unbeholfen, weil sie ihren lahmen rechten Arm zu gebrauchen gezwungen war, hob sich Schlange Melissas kleinen Körper auf die linke Schulter. Sie taumelte, als sie sich mit der Last aufrichtete, und verlor um ein Haar das Gleichgewicht. Sollte sie stürzen, würde sie sich, befürchtete sie, nicht nochmals erheben können. Vor ihr erstreckte sich der Pfad, und sie wußte, er war sehr lang.
     

13
    Schlange schleppte sich über den Teppich aus Rotblatt dahin, strauchelte einmalbeim Überqueren eines Spalts voller blaugrünem Wanderkraut, rutschte einmal auf dem durch kürzlichen Regen glitschigen, vermatschten Untergrund aus und wäre beinahe gefallen. Melissa regte sich nicht. Schlange wollte sie nicht hinlegen; sie setzte den Weg fort. Hier oben kann ich nichts für sie tun, versicherte sie sich erneut und bereitete sich innerlich auf den Abstieg vor. Melissas Körper fühlte sich entsetzlich kalt an, aber Schlange wußte, daß sie gegenwärtig den eigenen Wahrnehmungen nicht trauen konnte. Sie verdrängte alle Arten von Empfindungen aus ihrem Bewußtsein. Sie stapfte dahin wie eine Maschine, schien ihren Körper von einem außerhalb davon gelegenen Punkt aus zu beobachten, sich dessen bewußt, daß sie den Fuß des Hügels erreichen konnte, aber zugleich aus Verdruß darüber zum Schreien zumute, daß dieser Körper sich so langsambewegte, so schwerfällig ausschritt, einen Schritt, noch einen Schritt, und sich nicht schneller regen wollte.
    Von oben sah der Hang wesentlich steiler aus, als er beim Hinauf klettern gewirkt hatte. Als sie am Rand der Klippe stand, vermochte Schlange sich gar nicht so recht zu entsinnen, wie sie eigentlich den Aufstieg geschafft hatte. Aber der Wald und die Wiesen dort unten, die freundlichen Schattierungen des Grüns verliehen ihr etwas Zuversicht. Schlange setzte sich und schwang sich über den Rand. Zuerst kletterte sie langsam, bewahrte mit ihren wunden nackten Füßen festen Halt und ihr Gleichgewicht. Sie gelangte am steinigen Hang nur umständlich abwärts, aber sie machte eindeutig Fortschritte; der Weidenkorb schleifte und holperte hinter ihr her. Weiter unten jedoch beschleunigte sie wider Willen, Melissas unhandliches Gewicht brachte sie aus dem Gleichgewicht, und sie rutschte ab, schlitterte seitlich hinunter. Sie versuchte alles, um zu verhindern, daß sie sich überschlug, und auf Kosten der Haut an Rücken und Ellbogen hatte sie dann auch Erfolg; endlich landete sie in einer Staubwolke und in Begleitung eines Gesteinshagels am Fuß des Hügels. Einen Moment lang lag sie reglos, Melissa lehnte schlaff an ihr, der schwer mitgenommene Weidenkorb klemmte zwischen ihrer Schulter und den Felsen. Im Innern krochen die Traumschlangen umher, fanden jedoch kein ausreichend großes Loch, um zu entweichen.
    Schlange legte eine Hand auf ihre Brusttasche und fühlte unter ihren Fingern die Bewegungen des Traumschlangenschlüpflings.
    Nur noch ein kurzes Stück, dachte sie. Die Wiese ist schon fast in Sicht. Wenn sie ganz ruhig war, konnte sie vielleicht Eichhörnchen Gras auszupfen hören...
    »Eichhörnchen!« Sie wartete für einen Moment, dann pfiff sie nach ihm. Sie rief noch einmal und meinte ihn daraufhin wiehern zu hören, aber sicher war sie nicht. Gewöhnlich kam er, wenn er sie rufen oder pfeifen hörte, aber er mußte dazu in wohlwollender Stimmung sein. Anscheinend befand er sich zur Zeit

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