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Traumschlange

Titel: Traumschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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Pulsschlag war fühlbar, verschwand, kehrte wieder. Der Puls schlägt, dachte Schlange. Ich bilde mir das nicht bloß ein. Sie streute eine winzige Prise Zucker auf die Zunge ihrer Tochter und hoffte, daß ihr Gaumen feucht genug war, um ihn aufzulösen.
    Schlange wagte ihr nichts einzuflößen; falls Wasser in ihre Lungen geriet, konnte sie ersticken. Die Zeit war knapp, aber wenn Schlange nun etwas überstürzte, brachte sie ihre Tochter so sicher um, wie es North fertiggebracht hätte. Alle paar Augenblicke verabreichte sie Melissa ein paar Körnchen Zucker mehr, während sie auf Arevin und das Wasser wartete. Arevin kam wortlos damit zu ihr; das Wasser dampfte. Schlange schüttete eine weitere Prise auf Melissas Zunge und reichte das Päckchen Arevin.
    »Löse soviel wie möglich davon im Wasser auf.«
    Sie rieb Melissas Hände, tätschelte ihre Wangen.
    »Melissa, Liebes, versuche zu erwachen. Bloß für einen Moment. Hilf mir, meine Tochter.« Melissa reagierte nicht. Aber Schlange spürte erneut ihren Puls, nur einmal, aber diesmal kräftiger, so deutlich, daß sie keiner Täuschung erliegen konnte.
    »Ist das fertig?«
    Arevin ließ das warme Wasser im Topf schleudern, plötzlich ein wenig zu heftig, und etwas davon spritzte auf seine Hand. Beunruhigt sah, er Schlange an.
    »Keine Sorge. Es ist nur Zucker.«
    Sie nahm den Topf von ihm entgegen.
    »Zucker!« Er wischte sich die Hände im Gras ab.
    »Melissa! Wach auf, Liebes!«
    Melissas Lider zuckten. Schlange hielt vor lauter Erleichterung den Atem an.
    »Melissa! Du mußt dies trinken!«
    Schwach regten sich Melissas Lippen.
    »Du brauchst noch nicht zu sprechen.«
    Schlange hob den kleinen Metalltopf an den Mund ihrer Tochter und ließ die dickflüssige, klebrige Brühe über ihre Lippen sickern, wobei sie sorgsam darauf achtete, daß Melissa schluckte, bevor sie ihr mehr einflößte.
    »Ihr Götter...«, sagte Arevin voller Verwunderung.
    »Schlange?« flüsterte Melissa.
    »Ich bin hier, Melissa. Wir sind gerettet. Und du bist jetzt auch über den Berg.«
    Ihr war nach Lachen und Weinen zugleich zumute.
    »Mir ist so kalt.«
    »Ich weiß.« Sie legte die Decken um Melissas Schultern. Das war nun möglich, da Melissa den warmen Trank im Magen hatte und das Anregungsmittel ihr Blut mit Nahrung versorgte.
    »Ich wollte dich nicht im Stich lassen, aber ich hatte dir ja versprochen... Ich fürchtete, der Verrückte könnte sich Eichhörnchen holen, und daß Dunst und Sand sterben könnten...«
    Nun auch von der letzten Furcht befreit, bettete Schlange ihre Tochter auf den warmen Felsen. Nichts in Melissas Aussprache oder den Worten selbst verwies auf einen Hirnschaden; sie hatte gesund und heil überlebt.
    »Eichhörnchen ist bei uns, ebenso Dunst und Sand. Du kannst jetzt ruhig weiterschlafen, und wenn du wieder aufwachst, ist alles in schönster Ordnung.«
    Melissa mochte schlimmstenfalls für ein oder zwei Tage Kopfschmerzen haben, je nachdem, wie empfindlich sie dem Anregungsmittel gegenüber war; aber sie lebte, war unversehrt.
    »Ich habe zu fliehen versucht«, sagte Melissa, ohne die Augen zu öffnen. »Ich ging immer weiter und weiter, aber...«
    »Ich bin sehr stolz auf dich. Niemand könnte schaffen, was du geschafft hast, wenn er nicht tapfer und stark ist.«
    Die unbeeinträchtigte Seite von Melissas Mund verzog sich zu einem halben Lächeln, und dann war sie wieder eingeschlafen. Schlange überschattete ihr Gesicht mit dem Zipfel einer Decke.
    »Ich hätte bei meinem Leben geschworen, sie sei tot«, sagte Arevin.
    »Sie wird durchkommen«, sagte Schlange, mehr zu sich selbst als zu Arevin. »Den Göttern sei Dank, sie wird‘s überstehen.«
    Der Drang, der sie besessen hatte, die zeitweilige Kraft, womit das Adrenalin sie ausstattete, waren bereits unmerklich von ihr gewichen. Sie vermochte sich nicht zu rühren, nicht einmal hinzusetzen. Ihre Knie waren verkrampft; dieser Umstand allein verhinderte, daß sie auf der Stelle zusammenbrach. Sie konnte nicht feststellen, ob sie wankte oder ob ihre Augen ihr etwas vorgaukelten, denn die Welt rundum schien abwechselnd zurückzuweichen und näherzurücken. Arevin berührte ihre linke Schulter. Seine Hand war genauso, wie sie sie in Erinnerung hatte, sanft und stark.
    »Heilerin«, sagte er, »das Kind ist außer Gefahr. Nun denk an dich selbst.« Seine Stimme klang völlig gleichgültig.
    »Sie hat so vieles durchgemacht«, flüsterte Schlange. Das Sprechen fiel ihr schwer. »Sie wird sich anfangs vor

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