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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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herrlich. Ich wünschte mir, es würde dauern und dauern und dauern … Gedanken, Gefühle und Erinnerungen wurden aus dem Kopf geschleudert, und zurück blieb nur eine euphorische Ohnmacht. Nach einer Unendlichkeit hielt das Fahrgeschäft an.
    Einen Moment später waren wir ausgestiegen, und Paul torkelte genauso wie die anderen Fahrgäste. Er ignorierte sogar das Schulterklopfen von Dominique. Ich runzelte die Stirn. Irgendetwas stimmte nicht. Das Getuschel und die Blicke der Zuschauer waren Zeugnis davon, dass wir wirklich, wirklich lange gefahren waren. Länger, als normalerweise. Die Angestellten halfen einigen Passagieren, denen übel war und wirkten verwirrt.
    »Alles in Ordnung?«
    Immer noch durcheinander, sah ich Max an. Er stand direkt vor mir, und sein Gesichtsausdruck wirkte mehr als besorgt. Selbst Daria schien fürsorglich.
    »Ja.« Ich fühlte mich sogar sehr gut, losgelöst und ausgelassen. Körperliche Gewalt austeilen hatte anscheinend diesen Effekt auf mich. Ich war eben doch ein gefährlicher und böser Mensch.
    Euphorisch ließ ich mich zur Geisterbahn überreden, zum Riesenrad und zum Autoscooter. Zumindest bei Letzterem hatte ich die Arschkarte, da sich Max und Daria gegen mich verbündeten. Ich tröstete mich mit gebratenen Champignons, während sich Max am Süßwarenstand anstellte. Wir warteten an einem kleinen Stehbistrotisch auf seine Rückkehr.
    »Man, was habe ich das vermisst!« Daria riss mich aus meiner andächtigen Vertilgung der Knoblauchsauce.
    »Das? Nicht mich?«
    Ich drehte mich um und folgte Darias Blick. Er galt dem Autoscooter. Na toll. Typisch.
    »Die Jungs hier sind wirklich nicht ohne.« Ihr Tonfall wurde so andächtig, dass ich mit den Augen rollte. Obwohl wir auf derselben Welt lebten, befanden wir uns anscheinend in zwei unterschiedlichen Realitäten und … »Ach du Scheiße!« Ich war versucht, mich hinter dem Champignonstand zu verstecken.
    »Was?« Daria glitt zurück in meine Realität.
    »Jonah!« Ich deutete möglichst unauffällig, durch den Tisch getarnt in Richtung des Neuankömmlings.
    »Woha! Du hast nie erwähnt, dass er heiß ist.«
    »Er ist nicht heiß!« Mein Widerspruch kam ein bisschen zu schnell, um wahr zu sein. Daria bemerkte es zum Glück nicht.
    »Er ist nicht heiß? Mensch, der brutzelt sogar!« Daria betrachtete meinen Lieblingsfeind gänzlich ungeniert. »Mal ehrlich, was machst du eigentlich? Du bist hier an der Supersweet-High und trotzdem noch solo? Elijah? David und Jonah … und unter uns …?« Sie spähte zu Max. »Der ist auch süß.«
    Max bemerkte unser beider Blicke und winkte uns beim Näherkommen mit seiner Beute, dreimal Zuckerwatte, zu.
    »Wirklich süß«, bekräftigte meine Freundin – als sei mein Stiefbruder allein durch die zurzeit in seinen Händen befindliche Kalorienzahl noch einmal deutlich in ihrer Gunst gestiegen – dann drehte sie sich zu mir um. So schnell, dass ich ihre Bewegung fast nicht gesehen hatte. »Mooooment mal!«
    Ich erstarrte unter ihrem Tonfall. Die Bösewichter von James Bond waren einen Witz dagegen. Daria konnte ganze Welten mit ihrer Stimme vernichten, und ich hatte schon Schlägertypen vor ihr zurückweichen sehen, denen ich nicht einmal mit Polizeischutz begegnen wollte, sobald sie diesen Ton anschlug.
    »Hat da nicht gerade jemand zu schnell protestiert?!«
    Ich fluchte lautlos in mich hinein. Freunde hatten viele Vorteile – und einen gewaltigen Nachteil: Sie durchschauten einen in Sekundenbruchteilen. Zum Glück entpuppte sich Max zum zweiten Mal an diesem Abend als mein Retter und stopfte Daria mit der Zuckerwatte den Mund.

    Ich war immer noch nass von der Wildwasserbahn. Wer kam auch schon auf die bescheuerte Idee, irgendeine Fahrt mit Wasser zu machen, wenn man danach noch BLEIBEN wollte?
    Daria. Natürlich.
    Zum Glück war Max cleverer gewesen und hatte sich vorher Richtung Boxbude abgesetzt. Auch natürlich! Lustlos trat ich nach einem Plastikbecher und beförderte ihn unter einen der Fressbuden. Dann sah ich auf die Uhr. Noch zehn Minuten bis zum Ende seiner Show. Hoffentlich beeilte sich Daria mit ihrer Wahrsagerin. Frierend bummelte ich wieder zurück zu dem absichtlich furchterregenden Wagen, der ebenso absichtlich sehr weit abseits stand. Auf der freien Fläche war es gleich noch viel kälter. Zitternd umarmte ich mich selbst und rieb meine Oberarme. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, doch in den Wohnwagen zu Daria und Madam Fortuna zu gehen. Aber wirklich nur kurz. Ich glaubte

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