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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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die Hand ab!«
    Mein Giften wurde mit einem Lachen kommentiert. Einem wirklich schönen Lachen. Es war absolut unfair, dass jemand wie er solch ein Lachen haben konnte. Moment mal! Hatte ich so etwas in der Richtung nicht neulich schon mal im Zusammenhang mit Jonah gedacht? Ich musste wirklich besser auf meine Gedanken achten. Schließlich hieß es in China nicht ganz umsonst: Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang von deinen Taten.
    »Und wie lange bleibt Miss-Stinkbombenvolltreffer aus der Besserungsanstalt?« Gekonnt wechselte Jonah zurück zum vorangegangenen Thema. Die absichtliche Benutzung des letzten Wortes war eine offene Herausforderung.
    Ich ging nicht auf sie ein. Vielleicht wurde ich langsam erwachsen.
    »Ohne dich wäre ich gar nicht erst drin gewesen.« Ich zog lakonisch eine Augenbraue hoch – Daria hatte diese Geste immer wahnsinnig gemacht. »Und der richtige Terminus ist Saint Blocks Internat für schwererziehbare Kinder und Jugendliche .« Ich blieb wirklich erstaunlich ruhig – ganz ohne Atemübungen.
    »Eigentlich komisch, dass dich Meg und Klaus schon so kurz nach dem Tod deiner Eltern aufgegeben haben.«
    Die Erinnerung war so schmerzhaft und mit einem Mal wieder so frisch und ungefiltert, dass mir Tränen in die Augen stiegen. Ich konnte fühlen, wie mein Gesicht versteinerte, obwohl Jonah mich immer noch ansah. Aber es war mir egal, ob er diesen Treffer erkennen konnte. Sollte er doch. Auch eine Schwäche konnte man für sich nutzen. »Erstaunlich, für eine Sekunde hatte ich gedacht, du hättest dich geändert.«
    Einen Moment lang sah Jonah so aus, als läge ihm eine Entschuldigung auf der Zunge, dann sagte er: »Und ich hatte gedacht, du wärst gefühllos und es gäbe nichts, was dich noch aus der Bahn wirft.«
    Das war die Stelle an der ich einen geistreichen Kommentar von mir geben oder einfach widersprechen könnte … aber ehrlich … mir war einfach nicht mehr danach. Mir war nach weglaufen.
    »Arschloch!« Ich drehte mich wieder in meine Geh-Richtung. Wann war ich eigentlich stehen geblieben? Erst jetzt fiel mir auf, wie dunkel es inzwischen geworden war. Schlagartig erhöhte sich meine Pulsfrequenz und mein Mund trocknete aus. Unmöglich konnte ich meinen Körper dazu bringen, einen Schritt von dem Auto fortzumachen.
    Zum Glück schien Jonah nicht ernsthaft beleidigt zu sein. »Das war nicht sehr originell. Eher auf dem Niveau von deinem Bruder.«
    »Stiefbruder.«
    »Stiefbruder«, gestand er mir zu, und ich konnte das Gönnerhafte in seiner Stimme beinahe schmecken.
    Ich zwang mich dazu einen Schritt weiterzugehen. Aus dem sicheren Radius des Autos hinaus, dass ebenfalls irgendwann gestoppt hatte. Ich atmete tief ein, doch nichts geschah. Ein weiterer Schritt. Mein Körper und meine Gedanken verfielen in eine Art Schockzustand und rüsteten sich für das Schlimmste. Mit dem nächsten Schritt würde ich mich nicht mehr nur der Dämmerung ausliefern, sondern in den Schatten der Schule treten. Und der sah plötzlich sehr viel dunkler aus, als noch Momente zuvor.
    »Soll ich dich wirklich nicht nach Hause fahren?«
    Jonah schloss mit dem Auto wieder zu mir auf. Die Art, wie er nach Hause betont hatte, war beinahe so unheimlich wie die Schatten. Nur beinahe, denn immerhin kannte ich die Gefahr, die von ihm ausging sehr gut. Die der Schatten existierte nur in meinem Geist. Gefährlicher.
    »Es ist wirklich kein Thema«, behauptete ich. Dabei drehte ich mich zu ihm, obwohl ich eigentlich einen Schritt weitermachen und ihn ignorieren wollte. Anscheinend war mein Unterbewusstsein stärker als mein Verstand.
    »Letzte Chance …«, verkündete Jonah. Obwohl in seinen Augen der übliche Spott funkelte, wurde ich das Gefühl nicht los, er wisse mehr über meine Ängste, als mir lieb war. Ich wog die Geschehnisse von damals gegen die vage Bedrohung von heute ab. Heute war eindeutig aktueller.
    »Okay! Aber gib mir eine Sekunde … ich rufe nur schnell Meg und Klaus an, damit sie wissen, dass ich mit dir komme und sich keine Sorgen machen.«
    Ich kramte in meiner Tasche und drehte mich dabei wie unabsichtlich halb Richtung Schule. Lange Haare hatten wirklich Vorteile. Frau konnte mit einem schwarzen Kamm so tun, als habe sie ein Handy und telefoniere. Und jetzt, da Jonah wusste, dass meine Stiefeltern Bescheid wussten, konnte er nichts mehr machen. Ich hatte ja Zeugen, und die warteten auf mich. Gott, was für ein Einfall. Manchmal war ich wirklich gut!
    Trotzdem rechnete ich damit,

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