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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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Linke fest um ihn. Dabei achtete ich darauf, dass die Kanten nur den Angreifer verletzen würden. Und da soll mal jemand behaupten, unter lauter kriminellen und schwererziehbaren Kindern und Jugendlichen würde man nichts lernen.
    Ich bog um die Ecke. Der nächste Gang war ebenso leer, wie der davor und selbst die Lichter waren aus. Nur noch die Notbeleuchtung war an und ließ die ohnehin unfreundlichen Graustufen der Wände und des Bodens surreal ineinander zerfließen. Nur ganz dunkel wäre noch schlimmer gewesen, denn so stellte sich die Frage, ob es angebracht war, von Lichtkegel zu Lichtkegel oder von Schattenfleck zu Schattenfleck zu huschen. Ich entschied mich gegen beides und kehrte zur Eingangshalle zurück. Wenn doch noch jemand in der Schule war, war es sicherlich niemand, dem ich gerne begegnen wollte. Soviel zu meinem Plan, Simons zu einer Heimfahrt zu überreden.
    Unmerklich beschleunigte ich meine Schritte. Um die letzte Ecke bog ich in so einem Tempo, dass ich jeden lauernden Irren der Welt erschreckt hätte. Aber es war niemand da. So langsam kam ich mir nicht nur paranoid, sondern selber irre vor.
    Trotzdem blieb ich erst in der Mitte der Halle stehen und sah mich um. Niemand. Sollten nicht wenigstens eine Putzkolonne oder ein paar Nachsitzer irgendwo sein? Ich spähte in einen der Nebenflure. Waren die Türen zu den Klassenzimmern eben schon offen gewesen? Ich wagte kaum, sie aus den Augen zu lassen. So ging ich langsam rückwärts, bis ich an dem Telefon angelangt war. Eine kleine Station für 400 Schüler, das war schlimmer als Saint-Blocks. Vor allem, weil sie nicht funktionierte!
    Ungläubig drückte ich mehrmals auf die Gabel, doch das Rauschen war eindeutig und änderte sich auch nicht, als ich weitere 50 Cent einwarf. Mein Fluch durchbrach die Stille und hallte von den Wänden wieder. Noch bevor sich das Echo gelegt hatte, hatte ich das Gebäude verlassen.
    Der Parkplatz war noch genauso leer wie zuvor. Kein einziges Fahrzeug stand mehr hier und ließ die Frage offen, warum die Schule noch geöffnet war und wo zum Henker der Hausmeister steckte. Ich stoppte erst, als ich genügend Sicherheitsabstand von dem Gebäude hatte und mitten auf einer freien, asphaltierten Strecke mit Parkboxen stand. Ganz schön bescheuert eigentlich!
    Unwillkürlich lief ich zum Bürgersteig zurück, schräg dieses Mal, um wenigstens vom Haupteingang fortzukommen. Die Tür stand noch immer offen, schloss sich nicht wie sonst automatisch, und die Dunkelheit die man durch den Spalt sehen konnte, schien mich zu verspotten. Genauso wie das nächste Donnergrollen. Deutlich näher dieses Mal.
    Doch über die Vorankündigung des anrollenden Gewitters hinweg brummte plötzlich ein anderes Geräusch und weckte neue Hoffnung in mir. Ein Auto!
    Es musste im absoluten Halteverbot am Lieferanteneingang gehalten haben und konnte nur dem Hausmeister oder Simons gehören. Mein Ticket nach Hause – oder zumindest zu einem Telefonanruf.
    Sekunden später bog ein glänzender, weißer Kleinwagen um die Ecke und fuhr langsam in meine Richtung. Als er noch zehn Meter entfernt war, erkannte ich den Fahrer und drehte mich zum Gehen. Lieber würde ich in völliger Finsternis und im schauerlichsten Unwetter die fünf Kilometer nach Hause gehen. Manchmal musste man einfach Prinzipien haben!
    Der Wagen wurde neben mir langsamer und hielt sich einen Moment auf gleicher Höhe. Solange, bis der Fahrer die Scheibe nach unten gedreht hatte.
    »Brauchst du eine Mitfahrgelegenheit?«
    »Danke, nein.« Ich drehte mich nicht zu Jonah um und betete leise zu jedem Gott, der grade zufällig zuhörte, dass das Auto weiterfuhr. Fünf Kilometer bei Finsternis und schauerlichem Ungeheuer waren schon Scheiße, aber dann auch noch Jonah die ganze Zeit neben mir fahren zu haben … das war einfach auf einer Mistige-Dinge-Skala nicht mehr zu überbieten.
    »Du bist nachtragend.«
    »Es kommt auch nicht jeden Tag vor, dass ich ausgeraubt werde, eingesperrt, beinahe ertrinke und dann für sechs Jahre in eine Besserungsanstalt komme«, erinnerte ich ihn, nur für den Fall, dass er unter Gedächtnisverlust litt.
    »Du lebst doch noch?!« Er klang skeptisch. Eine Berührung an meiner Hand sorgte dafür, dass ich erschrocken zur Seite sprang. Mit einem Blick stellte ich fest, dass ich eindeutig zu nah an der Straße gegangen war.
    »Wollte mich nur vergewissern.« Lässig legte er seinen linken Arm zurück ins Autofenster.
    »Berühr mich noch mal und ich beiße dir

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