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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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mich wirklich, wirklich darum bemühte, leise zu sein, verkniff ich mir einen dummen Kommentar. Stattdessen drehte ich den Schlüssel und öffnete die Tür. Klaus hörte mich trotzdem und sah um die Ecke.
    »Was?« Er brüllte mich beinahe an. Im selben Moment schien es auch ihm aufzufallen, denn er wirkte betroffen. Mit einem Blick zurück in die Küche nickte er, und kam dann auf mich zu. Hastig griff ich nach den beiden bereitstehenden Tüten und meiner Jeansjacke und folgte ihm nach draußen. David hatte sich schon ins Auto gesetzt und würdigte uns keines Blickes.
    »Es tut mir leid, ich wollte meine Laune nicht an dir auslassen.« Klaus` melodiöse Stimme beschwichtigte mich augenblicklich. Ob man sie als Mantra verkaufen konnte?
    »Okay.«
    »Okay?« Er blieb stehen und sah mich prüfend an. Ich zuckte mit den Achseln. Was sollte ich auch groß sagen?
    »Es tut mir leid, dass du das mit anhören musst. Ich mag Meg nicht lieben, aber ich sorge für sie.«
    Urgs … schon wieder zu viel Information. »Warum bist du dann mit ihr verheiratet?«
    Klaus starrte mich nur an. Offenbar hatte ich ein ungeschriebenes Gesetz übertreten und mich wieder nicht an das 101 Familienhandbuch gehalten. Heirat nicht in Frage stellen , schien relativ weit oben zu stehen, noch vor »Affären« und »Megastreits«.
    »Ich mag sie – irgendwie – und ich sorge für sie«, wiederholte Klaus noch einmal. Langsamer, als müsse er einem grenzdebilen Kind etwas erklären, was es unmöglich verstehen konnte. Dabei kam er mir näher als sonst und mir fiel auf, dass er besser roch als sonst. Frischer. Unter seinem dicken Schmuddelhemd blitzte ein schickes Poloshirt hervor.
    »Das wird ihr viel bringen«, murrte ich mit einem Blick auf Meg, die hinter dem Küchenfenster stand und uns beobachtete. Sie liebte Klaus abgöttisch. Und das, was er gerade gesagt hatte, war eigentlich ein Ich kann sie nicht leiden in nett formuliert. Die Wut über die gesamte Situation und darauf, dass ich nichts ändern konnte, war mehr, als ich ertragen konnte. Ich konnte fühlen, wie mir die Kontrolle entglitt, aber nichts mehr dagegen tun. Klaus hatte aufgehört zu reden, und seine Mantra-Stimme konnte mich nicht mehr beruhigen.
    »Dann solltest Du dich verdammt noch mal nicht dabei erwischen lassen, wie du mit anderen Frauen ausgehst!«
    Welcher Teufel mich ritt meine Gedanken laut auszusprechen, kann ich nicht sagen, aber Klaus war sprachlos, und ich schaffte es, an ihm vorbeizugehen und in Davids Auto einzusteigen, bevor er reagieren konnte.
    Scheiße!

    Ich starrte immer noch schockiert aus dem Autofenster, als wir auf dem Parkplatz der Schule einbogen. Wie hatte ich den Vorwurf laut aussprechen können? Wenn Klaus mir bisher nicht an den Kragen gewollt hatte, dann nun mit Sicherheit. Bisher war ich nur ein zu akzeptierender Störfaktor gewesen, aber jetzt? Jetzt war ich zur Bedrohung aufgestiegen. Aber dem konnte er ja rasch Abhilfe schaffen. Einfach wieder nach Saint Blocks mit der kleinen Mitwisserin. Zack! Das war es für mich. Ich brauchte nur noch auf das »Wann« zu warten.
    Der Kloß in meinem Hals verdickte sich, und auch der Gedanke an Daria half nicht. Ich wollte nicht mehr zurück. Ich konnte nicht mehr zurück. Schon bei dem bloßen Gedanken daran, jemals wieder in die Nähe von dem Internat zu kommen, bekam ich die Krätze.
    Meine Nackenhaare stellten sich auf, und einen Augenblick lang fühlte ich mich, als sei eine Ente über mein Grab gelaufen. Erst dann begriff ich, dass sich meine Vorahnung nicht auf Klaus bezog, sondern auf die Schule. Anders als sonst liefen die Schüler nicht verteilt über die Grünfläche oder den Parkplatz, und waren in kleine Grüppchen aufgesplittet, sondern hatten sich zu einer Herde zusammengeschlossen. Wie Tiere, die eine nahende Bedrohung spürten. Die Unruhe, die von der Masse ausging, lag wie Elektrizität in der Luft. Auch die Haare an meinen Armen stellten sich auf.
    »Was ist denn hier los?«
    Ich warf einen Blick auf David. Die Unruhe hatte sofort auf uns übergegriffen, obwohl wir gar nicht wussten, was vor sich ging. Ohne lange zu suchen, nahm David den erstbesten freien Parkplatz und zur Abwechslung wartete er sogar auf mich, bis ich ausgestiegen war, bevor er sich vom Auto entfernte. Nebeneinander näherten wir uns dem Pulk. Obwohl es einfach gewesen wäre, am Rand anzuhalten, gingen wir weiter.
    Ohne Absprache. Im Inneren war es zwar gedrängter, lauter und aufgeregter, aber irgendwie … sicherer.

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