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Traumtrunken

Traumtrunken

Titel: Traumtrunken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Schachtschabel
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die Tür. „... mit einer hölzern Wurzel, Wurzel, Wurzel, Wuurzel, mit einer hölzern Wurzel, ein Ruder war nicht ...“
    Plantschen, Gelächter und schließlich Michaelas Stimme.
    So liebevoll hatte er sie noch nie reden gehört. So voll Liebe.
    Er liebte sie doch!
     
    ***

Michaela blieb im Bademantel. Sie ging zu Atze hinüber, der auf sie gewartet hatte. Einen Moment hielt sie inne. Wie er sie ansah!
    Dann kuschelte sie sich zu ihm auf die Couch.
    Der Fernseher lief, aber Atze schaute nicht hin. Er küsste sie auf die Wange und fragte sie plötzlich nach ihrer Zeit im Heim.
    Michaela sah Atze überrascht an. Es war das erste Mal, dass er das fragte. Nach dem Streit am Anfang ihrer Beziehung hatten sie nie wieder darüber gesprochen.
    „Wie kommst du jetzt darauf?“
    „Es interessiert mich eben. Du interessierst mich“, setzte er nach und schaute sie verliebt an.
    Michaela überlegte. Was sollte sie darauf antworten? Wie war es wohl gewesen? Eine Kindheit wie jede andere. Nur ohne Eltern.
    „Ich bin zur Schule gegangen, hab Hausaufgaben gemacht.
    Wir mussten unsere Ämter erledigen wie andere Kinder auch. Abwaschen oder den Müll wegbringen.“
    Atze sah sie nicht an, während sie redete. Und auch Michaela schaute wieder nach vorn.
    „Die Erzieher waren nett. Und ab und zu hat mich Onkel Hannes besucht.“
    „Und dein Vater? Hast du von dem nie gehört?“
    Michaela schüttelte den Kopf. „Du etwa?“
    „Ich hab ihn ein paar Mal besucht, als ich älter wurde“, sagte Atze. „Dann hat er mir Geld gegeben oder mich gefragt, ob ich irgendwas bräuchte. Er war eigentlich ganz okay.“
    „Das war für mich eben Onkel Hannes. Er kam immer vorbei, wenn er in München war.
    Und wenn ich Geburtstag hatte, haben wir meistens einen Ausflug gemacht.“
    Michaela überlegte.
    „Irgendwann mochte ich das dann nicht mehr.“
    Erinnerungen, schwache, die sich nicht zeigen wollten.
    Ein fremder Onkel, der vor ihr steht. Hält Blumen in der Hand.
    „Ich bin nicht lange weg“, hat sie damals zu Ines gesagt und dabei Onkel Hannes angesehen.
    Durch ihn durchgesehen.
    Leere Augen, die zurückblicken.
    Zwei fremde Menschen, die sich kennen müssten. Der Einzige, den sie hat. Doch sie muss zu Ines zurück. So schnell wie möglich. Hoffentlich kann sie Onkel Hannes davon überzeugen.
    Michaela spürte Atzes Händedruck. Sie sah ihn kurz an.
    „Als ich zwölf war, hat er nur noch Päckchen geschickt.“
    Atze seufzte.
    „Es war okay. Es war wirklich okay.“ Michaela nickte. „Ich wollte es ja so.“ Zärtlich streichelte sie mit ihren Fingern über Atzes Handrücken und sah ihm in die Augen.
    „Ich hab ja nicht gewusst, dass sie mir Ines wegnehmen würden“, setzte sie leise nach.
    „Ines?“, frage Atze.
    „Sie war viel jünger und wie eine Schwester für mich.
    Aber die meisten kleinen Kinder bekommen neue Eltern. Das ist das Privileg, was sie haben.
    Ich war schon zu alt. Mich wollte keiner mehr.
    Aber Ines.“ Michaela liefen die Tränen.
    „Sie hätten alles mit mir machen können, es wäre nicht schlimmer gewesen. Doch sie haben mir das Herz aus dem Leib geschnitten, was eben erst angewachsen war.“
    Jetzt tat es weh wie damals.
    Atze schaukelte sie in seinen Armen. Seine Tränen tropften auf ihre Wange.
    „Michi“, sagte er und sie ließ es zu.
     
    ***

„Es war tatsächlich so, Herr Schuhberg, Michaela hatte diesen Bären. Aber machen Sie sich nicht zu viele Sorgen. Viele Kinder bauen eine innige Beziehung zu einem Kuscheltier auf. Manche bis in die Pubertät.
    Und das ist bei Michaela auch nicht verwunderlich. Die Bezugsperson schwer erkrankt. Und wenn man an das Verhältnis zu ihrer Mutter denkt. Sie hatten ja quasi keinen Kontakt miteinander.“
    „Warum eigentlich nicht? Warum hat sie Michaela damals weggegeben?“ Atze war aufgewühlt.
    „Sie müssen Nachsehen mit ihr haben. Michaelas Mutter hatte auch keine leichte Kindheit. Sie fühlte sich ihrem Bruder gegenüber immer zurückgesetzt. Dadurch war sie sicher schon vorbelastet.
    Ein Wunder überhaupt, dass Michaelas Oma so liebevoll zu Michaela sein konnte.“
    Atze hörte aufmerksam zu.
    „Aber nach allem, was wir wissen, wollte Michaelas Mutter die Schwangerschaft. Sie war schon um die vierzig, glaube ich.
    Doch irgendwann konnte sie sich nicht mehr um das Baby kümmern.“
    „Einfach so?
    Und Sie meinen, Michaela bildet sich aus Einsamkeit diese Hirngespinste ein?“
    „So war es auch bei ihrem Onkel.“
    Atze erschrak, weil er im

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