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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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rezitierte. Und als die Bühne dann zum Schauplatz eines Rodeo wurde und das Publikum über den ›Lahmen Pete‹ jubelte, der einem Kalb hinterherjagte, herrschte ein so ohrenbetäubender Lärm, daß die Stimme des Sprechers fast darin unterging. Frank beugte sich vor zu Hugh: »Du hast den Leuten was für ihr Geld geboten, Hugh. Nichts auf der Welt ist so ungehobelt und laut wie zufriedene Australier im Theater.«
    Die Lichter der Bühne erloschen zum letzten Mal, die Silhouette eines alten Viehtreibers auf seinem Pferd versank im Dunkel, die verhallende Stimme sagte: »Denn das ist das Leben, das Leben im Busch«, und der Vorhang fiel.
    Joanna hielt den Atem an. Im Saal herrschte einen Augenblick lang Stille. Der Applaus setzte ein, zunächst zögernd, dann immer stürmischer, während die neu installierten elektrischen Kandelaber an der Decke strahlend aufleuchteten. Ein Mann betrat die Bühne, den alle kannten. Es war Richard Hawthorne, einer der beliebtesten Schauspieler Melbournes. Man hatte seine vertraute Baritonstimme gehört, denn er hatte die Balladen gelesen. Er verbeugte sich zweimal, hob den Arm, wies auf Hugh und alle Blicke richteten sich auf die Loge. Nacheinander erhoben sich die Zuschauer von den Sitzen, bis alle standen. Ihr donnernder Applaus ließ den Saal erzittern.
    »Hugh, für sie bist du ein Held«, sagte Frank Downs später, als sie auf dem Gehweg vor dem Theater auf eine Droschke warteten. »Weiß Gott, du hast der Welt gezeigt, daß wir hier in den Kolonien nicht nur ein Haufen Hinterwäldler sind.«
    »Die Anerkennung gebührt auch deiner Frau, Frank. Sie hat mit ihren Bildern die Schau erst zum Erfolg gemacht.«
    »Ihr habt den Beifall beide verdient«, sagte Joanna. Auf dem Gehweg drängten sich Damen in Abendkleidern und Herren in schwarzen Capes und Zylindern. Für die Bürger von Melbourne war es ein besonderer Abend gewesen, an dem ihnen als Unterhaltung einmal nicht das Werk eines Franzosen, eines Italieners oder gar eines Engländers geboten worden war – als ein junges Volk hatten sie sich damit abgefunden, daß Kunst und Kultur aus dem Ausland kamen –, jetzt hatten sie etwas gesehen, das von
ihrem
Hugh Westbrook stammte – einem Mann, dessen Heimat Australien war. Viele kamen begeistert auf ihn zu, um ihn zu beglückwünschen.
    »Eine wunderbare Aufführung, Hugh«, sagte John Reed und schüttelte Hugh die Hand. »Mein Gott, ich muß gestehen, mir sind die Tränen gekommen. Ich mag zwar in England geboren sein, aber im Herzen bin ich Australier.«
    »Warum kommen Sie und Maude nicht mit uns zum Essen, John? Wir haben im Hotel einen Tisch reservieren lassen.«
    »Danke für die Einladung, Hugh. Aber wir sind leider anderweitig verabredet.«
    Pauline hatte ihren Stiefsohn Judd mitgebracht. Sie reichte Hugh die Hand und sagte: »Es war ein wundervoller Abend, Hugh. Du solltest stolz sein.«
    »Kommst du mit uns zum Hotel?« fragte Hugh. »Wir werden alle Champagnerflaschen entkorken, die das King George im Keller hat.«
    »Ich bin müde, und ich muß den Frühzug nach Kilmarnock nehmen.« Sie drückte Joannas Hand. »Ich gratuliere euch beiden.«
    Auch Ian Hamilton war gekommen und Angus McCloud mit dem jungen Declan. Sie beglückwünschten Hugh zu der Aufführung und priesen seine Balladen, die, wie Harold Ormsby erklärte, »Australier noch in hundert Jahren lieben werden«.
    Louisa Hamilton und ihre Familie ließen es sich ebenfalls nicht nehmen, Hugh zu gratulieren. Joanna fiel auf, daß die siebzehnjährige Athena, Louisas Tochter, ihrem Sohn einen vielsagenden Blick zuwarf. »Hallo, Adam«, flötete sie und lächelte ihn unter seidigen Wimpern an. Joanna war nicht entgangen, daß nicht wenige junge Damen hofften, die Blicke des beinahe neunzehnjährigen Adam auf sich zu ziehen. Er war ein gutaussehender junger Mann, und seine Ernsthaftigkeit und gelehrte Art schienen aus irgendeinem Grund die Mädchenherzen zu entflammen.
    Joanna war stolz auf ihren Sohn. Im nächsten Monat, kurz nach seinem neunzehnten Geburtstag, würde Adam sein Studium an der Universität in Sydney beginnen. Er hatte ein Stipendium erhalten, weil er bei der Abschlußprüfung an der höheren Schule von Cameron Town Klassenbester geworden war. Adam hatte sich sehnlichst gewünscht, an der Sydney University studieren zu können, denn dort gab es, wie er sagte, »eine erstklassige naturwissenschaftliche Fakultät, die vor kurzem einen Professor für Wirbeltier-Paläontologie berufen hat. Der Mann

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