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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Unterholz liefen.
    Lisa rannte wieder los und spürte, wie die wilden Hunde näherkamen. Sie hörte ganz in ihrer Nähe das Schnappen von Kiefern. Sie stieß erschrocken gegen einen Baum und ohne zu überlegen griff sie nach einem dicken Ast über ihrem Kopf und zog sich hinauf. Unter ihr funkelten hungrige Augen.
    Etwas Scharfes packte plötzlich ihren Knöchel. Sie schrie.
    *
    Joanna eilte in fliegender Hast aus dem Haus und über den Pfad zum Wald. Sie begegnete Sarah und Adam, die in ihren Nachthemden auf der Lichtung standen und festzustellen versuchten, aus welcher Richtung der Schrei gekommen war.
    Sie hörten den Schrei wieder. »Dort!« rief Adam.
    Sie liefen atemlos weiter.
    Plötzlich stolperte Joanna über etwas Weiches. Sie bückte sich schnell. Es war einer von Lisas Hausschuhen. Joanna blickte sich in der Dunkelheit um. »Lisa?« rief sie. »Wo bist du?«
    Sie drehte sich im Kreis und stieß wieder gegen etwas Weiches. Als sie die Hand danach ausstrecken wollte, sah sie etwas, das ihr das Blut erstarren ließ. »Mein Gott …«, stieß sie tonlos hervor. Es war der zerfleischte, blutige, tote Knopf.
    »Lisa!« riefen Sarah und Adam.
    »Lisa!«
schrie Joanna.
    Sie hörten noch einen Schrei und noch einen.
    Lisa schrie verzweifelt um Hilfe …
    Joanna rannte durch den Wald. Äste schlugen ihr ins Gesicht. Sie achtete weder auf Steine noch auf Zweige. »O Gott«, schluchzte sie verzweifelt. »Bitte nicht.«
    Lisas Schreie drangen durch die Nacht. Sarah und Adam folgten Joanna blindlings in das Dunkel. Ihre Nachthemden verfingen sich im Gestrüpp.
    »Lisa!« riefen sie laut. »Wir kommen!«
    Plötzlich hörten sie ein unheimliches Geräusch – ein seltsames Sirren und ein Zischen, dann ein dumpfer Aufprall und ein Jaulen.
    »Dort drüben!« rief Adam. »Es kommt von da drüben!«
    Im selben Augenblick lief ein blutender Dingo an ihnen vorbei. Dicht hinter ihm folgte der alte Ezekial mit einem Bumerang in der Hand.
    Sie fanden Lisa auf einem Baum. Sie schrie hysterisch. Ihre Beine waren blutig. Zu ihren Füßen lag ein toter Dingo. Ezekials Bumerang hatte ihn getroffen.
    »Mama!« schrie Lisa. »Mama, Mama!«
    Joanna nahm ihre Tochter auf den Arm und drückte sie ganz fest an sich.
    »Knopf! Knopf!« schluchzte Lisa. Joanna drehte sich um und lief, so schnell sie konnte, zum Haus zurück. Sarah und Adam folgten ihr. Lisa schluchzte und jammerte.
    2
    Die Küchentür wurde heftig aufgerissen, Hugh kam hereingestürzt. »Joanna!« rief er.
    Er fand sie im Flur. Sie schloß gerade die Tür von Lisas Zimmer. »Wie geht es ihr?« fragte er.
    »Es wird schon wieder werden«, Joanna schob erschöpft eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. »Sie hat ein paar schlimme Bisse, aber die werden heilen. Gott sei Dank sind die Beine nicht gebrochen. Aber es war ein schrecklicher Schock für sie, Hugh. Ich weiß nicht, wie sie darüber hinwegkommen soll.«
    »Ezekial hat es mir gesagt. Ich bin so schnell ich konnte zurückgeritten. Soll ich vielleicht zu ihr gehen und mit ihr sprechen?«
    »Ich habe ihr etwas gegeben, damit sie schläft. Hugh, der alte Ezekial hat Lisa das Leben gerettet. Ich glaube, er hat auf sie aufgepaßt. Dieser Dingozahn, den er ihr geschenkt hat, ich weiß nicht … es sieht so aus, als hätte er es geahnt …«
    Nun ist Lisa gezeichnet, stellte Joanna erschüttert fest. Auch ihr ist das Erbe von Naomi Makepeace auferlegt worden. Joanna dachte an ihre Mutter, die mit vierzig einer Krankheit erlegen war, die sie nicht wirklich hatte. Wartete ein solches Ende auch auf Joanna, auf Lisa und möglicherweise auch auf Lisas Tochter? Würde es denn niemals aufhören?
    »Wir müssen das Rätsel lösen, Hugh«, sagte sie. »Was immer dafür verantwortlich ist, wir müssen es herausfinden und dem Fluch ein Ende setzen, bevor es zu spät ist.«

Teil Vier 1885 – 1886
    Kapitel Vierundzwanzig
    1
    Eine Nacht im Busch, hinter den Umrissen der Eukalyptusbäume ragten in der Ferne kaum wahrnehmbare Berggipfel auf, und am Himmel blinkten zahllose Sterne. Im Herzen der Dunkelheit brannte golden ein Feuer – ein Lagerfeuer, um das sich müde, gebeugte Männer scharten. Ihre Blicke richteten sich geduldig auf den dampfenden Teekessel. Die Stille war so unermeßlich wie der Himmel und der Horizont, den man nicht sehen konnte. Aber der Busch sprach zu ihnen im einsamen klagenden Heulen eines Dingo, dem Knacken und Prasseln des Feuers. Eine klare laute Stimme drang durch das Dunkel.
    Es waren schreckliche Tage,

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