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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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vielen tausend Jahren hinterlassen hatte, als sie hier entlanggezogen war und durch ihren Gesang alles erschuf. Joanna versuchte, die englische Joanna Westbrook zu vergessen und sich statt dessen in Djoogal oder in ein Mitglied seiner Sippe zu verwandeln, vielleicht auch in die Frau, die Reena hieß. Joanna fragte sich, was die Aborigines wohl sehen würden, wenn sie den Traumpfad des Känguruh-Träumens suchten …
    Das dort drüben?
    Eine jahrmillionenalte Felsengruppe ragte aus der Erde auf. Zuvor hätte Joanna gesagt, es sei vielleicht ein schlafender Leierschwanz oder ein kämpfender Bandikut, aber jetzt hatte sie den Eindruck, es könnten auch zwei Känguruhs sein, ein großes und ein kleines, die wie beim Äsen die Köpfe senkten.
    Dort, dachte Joanna erleichtert. Ja, dort hat die Känguruh-Ahne vor langer, langer Zeit Rast gemacht, um zu fressen …
    Langsam ging sie auf die Felsen zu. Ihr entging beinahe, daß die Nacht anbrach, daß ihr schwindlig wurde und der Puls an den Schläfen unregelmäßig schlug. Aber noch ehe sie die Felsgruppe erreicht hatte, zweifelte Joanna nicht mehr daran, eine Traumstätte der Känguruh-Ahne gefunden zu haben.
    4
    Joanna zählte die Tage, indem sie kleine Zweige sammelte. Jeden Morgen, bevor sie sich wieder auf den Weg machte, suchte sie einen kleinen Zweig und legte ihn in den Lederbeutel. Außerdem hinterließ sie immer ein Zeichen – entweder ritzte sie ihren Namen in den Felsen oder ihre Initialen in einen Baumstamm. Außerdem legte sie jedesmal einen Pfeil aus Steinen, um in die Richtung zu weisen, in der sie lief. Und als Joanna bewußt wurde, daß sie die relative Sicherheit und Vertrautheit der
Mallee
verlassen hatte und in die Große Victoria-Wüste geraten war, lagen bereits vierzehn Zweige in ihrem Beutel.
    An ihrem fünften Tag auf dem Weg des Känguruh-Träumens fand sie etwas, das sie erschütterte und ängstigte. Der Mut verließ sie, und quälende Zweifel stellten sich ein. Sie entdeckte das Skelett eines Mannes. Die Kleidung war zu Staub zerfallen, und die Knochen von der Sonne gebleicht. Es konnte also keiner ihrer Gefährten sein. Aber sie wußte: Dieser Mensch war hier in der Einsamkeit gestorben …
    Joanna nahm eine Drahtbrille von dem bleichen Schädel und legte sie in den Lederbeutel.
    An diesem Tag gelang es ihr noch vor Einbruch der Dunkelheit, ein Feuer zu entfachen, indem sie die Brille in die Richtung hielt, wo sie die Sonne vermutete. Endlich konnte sie kochen, was sie an Eßbarem fand.
    Während Joanna dem uralten Traumpfad folgte, spürte sie, wie ihre Kräfte sich wieder einstellten – trotz der kärglichen Mahlzeiten und der trostlosen Wüste. Sie hatte erwartet, schwächer zu werden und immer hilfloser, aber statt dessen wuchs in ihr eine neue ungeahnte Kraft, und auch ihre Entschlossenheit zu überleben nahm zu. Joanna überkam das ehrfürchtige und erhabene Gefühl, zum Anfang der Zeit, zur Traumzeit, zurückgekehrt zu sein.
    Ja, endlich stand auch wieder die Sonne am Himmel, und sie konnte mit ihrer Taschenuhr die Richtung bestimmen, in die sie wanderte. Sie erinnerte sich an Kapitän Fieldings Worte: »Die Nord-Süd-Linie verläuft zwischen zwölf Uhr und dem Stundenzeiger.« Mit dieser Methode stellte sie fest, daß sie eindeutig nach Osten ging – und das bedeutete, immer weiter in die Große Victoria-Wüste.
    Und doch konnte Joanna nicht mehr umkehren. Sie mußte dem Traumpfad folgen, denn sonst wäre der Tod unvermeidlich gewesen. Nur auf dem Weg der Känguruh-Ahne war sie in Sicherheit, daran zweifelte sie inzwischen nicht mehr.
    Joanna spürte aber auch eine andere Kraft. Sie wußte, hier entlang war Djoogals Sippe gezogen und mit ihnen Naomi und John Makepeace, die sich auf der Suche nach dem Garten Eden ihnen angeschlossen hatten. Auf diesem Weg war auch Reena mit der kleinen Emily geflohen. Joanna fühlte sich von dieser Kraft beschützt und glaubte sich nicht länger allein, sondern unter der Obhut von Geistern.
    Am fünfzehnten Tag, als sie gerade mit den Brillengläsern Feuer machte, um ein paar Engerlinge zu rösten, fiel plötzlich ein Schatten auf sie. Sie hob erstaunt den Kopf und sah, daß ein Mann vor der Sonne stand. Er hielt einen Speer in der Hand.
    Joanna erhob sich langsam und stellte fest, daß er nicht allein war. Hinter ihm standen noch andere, ebenfalls bewaffnete Männer. Sie waren alle nackt, hatten die Körper mit Fett und Asche eingerieben und trugen um die Köpfe und Hüften Bänder aus

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