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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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geflochtenen Haaren, ähnlich wie das Haarband, das Sarah während der Typhusepedimie für Joanna angefertigt hatte. Die Männer blickten mit ausdruckslosen Gesichtern auf Joanna.
    »Gehört ihr zu Djoogals Sippe?« fragte sie.
    Sie gaben keine Antwort.
    Deshalb fragte sie »Karra Karra?«
    Wieder keine Antwort.
    Sie spürte die Mittagshitze und die endlose Weite der Wüste, die sich eintönig bis zu einem fernen Horizont erstreckte. Das Feuer hinter ihr knisterte, und sie dachte an die Maden, die sie anfangs hatte roh essen müssen. Joanna erinnerte sich auch noch, wie sie die Eidechse gefangen und gegessen hatte, wie sie das bittere Wasser aus den Akazienwurzeln saugte, ohne daß der Sand, der daran hing, sie störte oder die Tatsache, daß es für sie schon lange weder Serviette noch Messer noch Gabel mehr gab. Und deshalb erschien es ihr irgendwie richtig, daß sie hier in dieser unwirklichen Landschaft stand, in die tiefliegenden rötlichbraunen Augen dieser Männer blickte und überhaupt keine Angst empfand.
    Die Männer drehten sich wortlos um und gingen davon.
    Joanna sah ihnen verblüfft nach. Dann begriff sie, daß sie ihnen folgen sollte. Schnell hob sie Kapitän Fieldings Jacke und den Lederbeutel vom Boden auf und lief hinter den Aborigines her.
    5
    Als sie das Lager erreichten, stand die Sonne als glühende Scheibe am westlichen Horizont. Joanna sah eine Reihe Hütten aus Zweigen und Ästen zwischen Lagerfeuern. Sie staunte darüber, daß sie immer noch keine Angst hatte, aber auch darüber, daß die Aborigines ihr Auftauchen mit so großer Gelassenheit und scheinbarer Selbstverständlichkeit hinnahmen. Sie ging an Frauen vorbei, die Mahlzeiten kochten, Tiere häuteten und Kinder stillten. Die Frauen lächelten sie an wie eine alte Bekannte. Auch sie waren nackt. Joanna bemerkte nur, daß einige Mädchen Röcke aus Kakadufedern trugen, aber alle anderen – Männer, Frauen und Kinder – waren splitternackt. Seltsamerweise machten die Leinenbluse, der lange Rock und die Stiefel Joanna plötzlich verlegen.
    Die Männer blieben stehen. Sie drehten sich um, und ihr Anführer deutete mit seinem Speer auf etwas. Joanna trat näher und sah ein junges weißes Mädchen. Es lag in einer flachen Kuhle auf feuchten Eukalyptusblättern.
    »Lisa!« rief Joanna und lief zu ihr.
    Ihre Tochter war nicht bei Bewußtsein. Sie hatte einen schweren Sonnenbrand, und als Joanna ihre Stirn berührte, stellte sie fest, daß Lisa vor Fieber glühte. Eine Frau pflegte Lisa. Sie lächelte und sagte etwas, das Joanna nicht verstand.
    Joannas Blick richtete sich wieder auf Lisa. Der Anblick ihrer kranken Tochter machte ihr Angst. Sie hatte diese unmißverständliche Blässe oft genug gesehen – während der Typhusepidemie und bei Kapitän Fielding.
    Sie nahm ihre Tochter in die Arme und drückte sie an sich. In Panik dachte sie: Ich komme zu spät.

Kapitel Neunundzwanzig
    1
    Sarah arbeitete im Gewächshaus. Sie stellte Salben aus Beinwell und Ringelblumen her. Um sie herum hingen Pflanzen, standen kleine Bäume, wuchsen Schlingpflanzen und buschige Kräuter in Tontöpfen. Die Luft roch nach frischer Erde und Kompost; darunter mischten sich die zarten Düfte von Rosmarin, Zitronenstrauch und der würzige Geruch von geschmolzenem Bienenwachs. Als Joanna vor einem halben Jahr nach Westaustralien aufgebrochen war, hatte Sarah versprochen, die Heilkräuter zu pflegen und die Heilmittelvorräte ständig zu ergänzen. Sie arbeitete täglich hier, machte Ableger, schnitt die größeren Pflanzen zurück, topfte um, pflückte Blätter, Blüten, Stengel und beschnitt die Wurzeln. In der Ecke stand eine kleine Kohlenpfanne mit glühender Holzkohle, um die winterliche Kälte zu vertreiben. Wenn es regnete, lauschte Sarah mit besonderem Vergnügen dem Geräusch der Tropfen auf dem Glasdach.
    Sie dachte oft an Joanna und Lisa. Hatte Joanna mittlerweile aufgegeben und rechnete nicht mehr damit, daß Hugh kam? Befand sie sich bereits auf der Heimreise? Seit einiger Zeit machte Sarah sich Sorgen. Sie hatten lange nichts mehr von Joanna gehört. Und Hugh hätte schon vor vielen Wochen nach Kalagandra zurückkehren müssen. Aber er war immer noch hier und kämpfte gegen den tückischen Fliegenbefall, der inzwischen fast das Ausmaß einer Epidemie angenommen hatte.
    Sarah rührte gerade das schmelzende Bienenwachs um, als ihre Hände innehielten. Sie hob den Kopf und blickte durch das Gras auf das silbrige ruhige Wasser im Fluß unter den Bäumen:

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