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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Philip kommt!
    Sie löschte schnell die Flamme unter dem Topf mit dem Wachs, zog die Schürze aus, hängte sie an den Nagel und eilte durch das Haus zu ihrem Zimmer. Dort richtete sie schnell ihre Haare, klopfte Blätter und winzige Blüten von dem dunkelbraunen Wollrock und vertauschte dann hastig die Arbeitsbluse mit einer blaßblauen aus Seide. Sie stellte fest, daß ihre Hände dabei zitterten.
    Sie freute sich bei der Vorstellung, Philip zu sehen, hatte aber auch Angst davor. Seit seiner Rückkehr nach Australien trafen sie sich nur sehr selten. Sarah wußte, aus Rücksicht auf Philips Erfolg als Architekt mußten sie im Distrikt vorsichtig sein. Die Dienstboten redeten und die Farmarbeiter ebenfalls. Und jedermann wußte, Philip war verheiratet. Seit dem ersten Mal hatten sie nicht mehr miteinander geschlafen.
    Glücklicherweise hatte Philip viel zu tun, denn die Camerons und die McClouds hatten ihn beauftragt, große Häuser für sie zu bauen. Deshalb fuhr er öfter nach Melbourne, um Lieferungen zu besprechen, und verbrachte viele Tage auf den Baustellen. Freie Zeit gab es kaum für ihn, und es boten sich nur wenige Gelegenheiten, mit Sarah allein zu sein. Hugh hatte ihn mehrmals zum Essen eingeladen, und zu dritt besuchten sie Konzerte im Park von Cameron Town. Aber Sarah und Philip sehnten sich beide nach der Freiheit, nur füreinander da zu sein und miteinander zu schlafen, doch das war ihnen nicht vergönnt.
    Nun erschien er allein und unangemeldet auf Merinda. Sarah spürte seine Anwesenheit bereits auf der Zufahrt. Sie konnte beinahe sehen, was er anhatte.
    Sie eilte durch den Gang und öffnete die Haustür, noch bevor Philip klopfte.
    Sie sahen sich beide an.
    »Guten Tag, Sarah«, Philip lächelte.
    »Guten Tag, Philip«, sagte sie, »komm herein. Wie schön, dich zu sehen.«
    Er nahm den Hut ab und sah sich vorsichtig in der Empfangshalle um. Dann küßte er sie sehnsüchtig auf die Wange und betrachtete sie lange. »Du siehst schön aus, Sarah. Wie geht es dir?«
    Sie nahm seinen Anblick in sich auf, seine Größe, die leicht gebogene Nase, den geliebten Mund, und sie sehnte sich nach seiner Berührung. »Mir geht es gut«, erwiderte sie und lachte leise. »Ich muß ständig an dich denken.«
    Er seufzte. »Es fällt mir so schwer, nicht ständig hierher zu kommen. Ich kann mich nicht mehr auf meine Arbeit konzentrieren. Ich muß immer an dich denken. Glaube mir, ich möchte nur bei dir sein.«
    »Mir geht es auch so, Philip«, sie berührte seinen Arm.
    »Ich bin gekommen, weil Alice mir geschrieben hat. Sie will sich noch immer nicht scheiden lassen. Sie verlangt nicht, daß ich zu ihr zurückkehre, aber sie fürchtet, daß eine gesetzliche Scheidung Daniel schaden wird. Wenn er älter ist, sagt sie, ist sie einverstanden.«
    Sarah nickte. Sie wußte, wie sehr das Stigma einer Scheidung auf einer Frau lastete, aber sie wußte auch, daß ihre eigene Lage das Stigma bedeutete, die Geliebte eines verheirateten Mannes zu sein.
    »Wie geht es Hugh?« fragte Philip, der viel lieber über andere Dinge mit Sarah gesprochen hätte.
    »Hugh ist im Camp an der Nordgrenze«, antwortete sie. »Er ist schon seit drei Tagen nicht mehr hier gewesen.«
    »Sieht es immer noch so schlimm aus?«
    »Ja, leider …«
    »Auf meinem Weg bin ich bei Mr. Ormsby vorbeigegangen. Er fürchtet, er wird bei Strathfield verlieren, wenn die Fliegenplage noch länger anhält.«
    »Ich habe es auch schon gehört.«
    Sie schwiegen wieder. Im Wohnzimmer schlug eine Uhr die volle Stunde.
    »Wenn du möchtest, kannst du zu Hugh ins Camp hinausreiten«, sagte Sarah. »Er würde sich bestimmt sehr freuen, dich zu sehen.«
    »Das werde ich wohl müssen«, Philip griff in die Jackentasche. Er zog einen Umschlag heraus. »Als ich heute morgen auf der Post war, hat man mich gefragt, ob ich nach Merinda komme, denn für Hugh ist dieser offenbar wichtige Brief eingetroffen.« Er zeigte ihn Sarah.
    Sie las die Absenderadresse. Der Brief kam von einem Kommissar Fox aus Westaustralien. »Kommissar Fox schreibt aus Kalagandra. Philip, wir haben schon sehr lange nichts mehr von Joanna gehört. Irgend etwas stimmt nicht, ich spüre es. Ich spüre es schon seit Wochen. Wir müssen Hugh den Brief sofort bringen.«
    2
    Hugh legte den Federhalter beiseite und blickte aus dem Zelt. Er sah, wie seine Leute nacheinander im Lager eintrafen und sich Tee aus der Kanne eingossen, die ständig über dem Feuer stand. Für Hugh war es inzwischen ein

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