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Traveblut

Traveblut

Titel: Traveblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Schlennstedt
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Polizei hatte er im Griff. Wenn er ruhig blieb und nicht in Panik verfiel, würden sie ihn nicht finden.
    Er war dem Mann bis zum Buthmanns gefolgt. Anfangs hatte er überlegt, ob er im Schutz der Katharinenkirche auf ihn warten sollte. Dann hatte er die Kneipe einfach betreten und sich an einen Tisch in sicherer Entfernung gesetzt. Er hatte darauf geachtet, dass sein Gesicht nicht zu sehen war und er trotzdem hören konnte, was der Mann erzählte.
    Interessantes hatte er kaum gesagt, als sich zwei Männer neben ihn gesetzt hatten, die er offenbar flüchtig kannte. Zu dritt hatten sie immer und immer wieder angestoßen und waren zunehmend ausgelassener geworden. Zwischenzeitlich war er drauf und dran gewesen, zu bezahlen und die Kneipe zu verlassen. Aber er hatte gewartet. Schließlich besaß er Geduld, und das war eine der wichtigsten Tugenden, die er für seine Aufgabe benötigte. Auf dem Klingelschild hatte er später den Namen des Mannes gelesen. Birger Andresen. Im Internet hatte er herausgefunden, dass er ein Bulle war. Jetzt wusste er also, mit wem er es zu tun hatte.
    Er ging die Details noch einmal im Kopf durch. Er hatte alles genauestens geplant. Die Zeit zwischen den Morden würde dieses Mal kürzer ausfallen, das würde sie vielleicht verwirren. Wenn er Glück hatte, würde er die Strömung des Kanals so nutzen können, dass die Leiche wieder an dieselbe Stelle getrieben wurde. Auf diese Weise würde er einen noch größeren Effekt erzielen. Eigentlich war er nicht darauf aus gewesen, aber mittlerweile gierte er förmlich danach, was die Zeitungen schrieben und das Radio berichtete. Er war stolz darauf, wie perfekt bislang alles funktioniert hatte.
    Wahrscheinlich würden sie dieses Mal einen Zusammenhang finden, aber das ließ sich nicht vermeiden. Vorerst würden sie ihm trotzdem nicht auf die Schliche kommen. Sie hatten nichts gegen ihn in der Hand. Absolut nichts.
    Bevor es so weit war, würde er jedoch noch ein Zeichen setzen. Eines, das ihnen weitere Rätsel aufgeben würde. Denn er wollte nicht nur die Menschen, die für sein missratenes Leben verantwortlich waren, auslöschen, sondern alles, was damit in Zusammenhang stand. Nichts sollte ihn mehr an damals erinnern.
    Er stand auf und ließ seinen Blick ein letztes Mal über den Kanal schweifen. Dann atmete er tief durch und ging zu seinem Fahrrad. Sorgfältig prüfte er die Kanister, die er unter einer Wolldecke im Anhänger versteckt hatte. Er musste vorsichtig sein.
    Mit einer schnellen Bewegung schwang er sich auf den Sattel und fuhr davon. In die dunkle Nacht hinein, vorbei am Restaurant Sachers, über die Hüxtertorbrücke auf die andere Seite des Kanals. Von dort aus war es nicht mehr weit.
    Er zog sein Handy aus der Hosentasche. Es war kurz vor Mitternacht. Mit Ausnahme einiger Taxen fuhren kaum noch Autos auf Lübecks Straßen. Er bog in die Blücherstraße ab und stellte das Fahrrad schließlich etwas abseits an einer dunklen Stelle ab.
    Er war ganz allein. Weit und breit war niemand zu sehen. Vorsichtig hob er die Kanister mit dem Brandbeschleuniger aus dem Anhänger, klemmte sich mehrere große Stofftücher unter den Arm und näherte sich der Blücher-Schule.
    Noch einmal vergewisserte er sich, dass niemand in der Nähe war, dann lief er quer über den Schulhof in Richtung Sporthalle. Eine Katze kreuzte seinen Weg und fauchte ihn an. Für einen Augenblick überkam ihn ein seltsames Angstgefühl. Angst davor, dass sie ihn schon bald erwischen würden. Er atmete tief durch und versuchte sich zu beruhigen.
    Er ließ eine Weile verstreichen, ehe er das Tuch vor sich ausbreitete und die beiden Kanister aufschraubte. Langsam, beinahe andächtig, goss er die Flüssigkeit auf die Tücher. Anschließend kramte er nach dem Feuerzeug in seiner Jackentasche. Als er es endlich zu greifen bekam, hielt er für einen Augenblick inne. Dann drehte er mit dem Daumen an dem kleinen Rädchen, bis die Flamme brannte. Er hielt sie ganz dicht vor sein Gesicht. Kurzzeitig war er versucht, den Schmerz zu fühlen, wenn die Flamme seine Haut verbrannte. Er spürte bereits, wie sie seine Bartstoppeln am Kinn ansengte. Das gleißende, flackernde Licht drang selbst durch seine geschlossenen Lider. Es fühlte sich gut an.
    Im nächsten Moment ließ er seinen Arm sinken, bis die Hand das getränkte Tuch berührte. Es fing sofort Feuer, sodass er es kaum noch zu greifen bekam. In letzter Sekunde packte er es und schleuderte es auf das Dach der Sporthalle. Eine

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