Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traveler - das Finale

Traveler - das Finale

Titel: Traveler - das Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
auf dem Absatz kehrtmachte, hinterließ sein Stiefel einen tiefen Abdruck im lehmigen Boden. Nachdem er eine gute Minute lang so herumgelaufen war, schlug er plötzlich einen neuen Kurs ein und ging direkt auf Michael zu. Die wenigen in seinem Mund verbliebenen Zähne waren schief und fleckig, aber er lächelte breit.
    »Leiht mir Euer Ohr, Sir – ich bin Verga Sire-Toshan. Und wie beliebt Ihr Euch zu nennen?«
    »Michael.«
    Der Name klang in Vergas Ohren seltsam, aber er zuckte nur kurz die Achseln und fuhr fort: »Nun, Ihr sagt, Ihr seiet ein Hirte, gekommen, die Wasserfelder zu sehen. Doch wir alle haben die Mär von den Ungläubigen gehört, die aus der Stadt fliehen und Streiter nach sich ziehen. Ihr seid wie ein gestrandeter Finner, der hilflos zappelt, während die Nachtvögel sich schon sammeln. Aber wir können Euch retten – wenn Ihr uns helft, unseren Fehler auszumerzen.«
    »Welche Art von Hilfe meinen Sie?«
    »Drei sollt ihr sein «, intonierte der Alte, als zitiere er aus einer heiligen Schrift. »Sind wir einer weniger als drei, werden die Kirchenstreiter über uns kommen. Schließt Euch uns an. Werdet zum treuen Diener. Helft uns, den Spark zu schneiden.«
    Die anderen murmelten zustimmend. Michael begriff, dass die Zahl der Arbeiter sich auf ein Vielfaches von drei erhöhen würde, wenn er sich der Gruppe anschloss. Er hatte keine Ahnung, wer die »Streiter« waren, aber es war das Beste, sich
möglichst unauffällig zu verhalten, bis er über diese Sphäre mehr in Erfahrung gebracht hatte.
    »Drei sollt ihr sein«, wiederholte er, und alle lächelten. Verga kniete vor dem Selbstmörder nieder und begann, ihm die Stiefel auszuziehen. Zwei Frauen standen vom Lagerfeuer auf und halfen, dem Toten Hut, Kleider, Gürtel und Messer abzunehmen. Man legte Michael die Sachen zu Füßen, und die jüngste der Frauen lächelte ihn schüchtern an.
    Die Stiefel und Kleider des Toten rochen muffig, aber sie passten. Als Michael umgezogen war, hatte man den nackten Dieb vom Baum geschnitten. Verga benutzte sein Messer, um den silbernen Verschluss zu öffnen und dem Selbstmörder das Halsband abzunehmen. Während die anderen die Leiche in einen flachen Graben rollten, legte Verga Michael das Halsband um und drückte den Verschluss mit Kraft zu. Der Kragen fühlte sich glatt an, war aber recht schwer; Michael hatte den Eindruck, einen dicken Plastikring um den Hals zu tragen. Er fragte sich, ob die Halsbänder zu einem elektronischen Überwachungssystem gehörten oder einfach nur den Rang des Trägers anzeigten.
    Alle halfen eifrig mit, den Toten mit Ästen und Blättern zu bedecken. Nachdem sie fertig waren, folgte Michael der Gruppe durch das Dickicht zu den Wasserfeldern. Drei Maschinen, die so genannten »Wasserkriecher«, arbeiteten sich mit Schaufelbewegungen aus einem knappen Kilometer Entfernung auf den Damm zu, auf dem sie standen. Die größte sah aus wie das Hirngespinst eines verrückten Erfinders, halb Traktor und halb Lokomotive. Sie rollte auf zwei großen Hinterrädern und einem kleinen Vorderrad voran und hatte einen langen, zylindrischen Rumpf mit einem schwarzen Führerhäuschen darauf, das aussah wie das Brückendeck eines Raddampfers. Aus dem roten Schornstein quoll schwarzer Rauch, der über das Wasserfeld zog. Zwei kleinere Maschinen, die an dreirädrige Mülllaster erinnerten, fuhren rechts und links
des großen Kriechers – die kleinlaute Eskorte eines brüllenden Drachens.
    Michael berührte den Griff des Messers, das dem Toten gehört hatte. Er hatte mit einer hoch technisierten Welt gerechnet, mit einer kinotauglichen Zukunftsvision. Wo waren die sprechenden Roboter und die riesigen Wolkenkratzer, die im Sonnenlicht funkelten wie Türme aus Kristall? Wo waren die Raumfahrzeuge, die sanft vom Himmel herabschwebten, um in die unermesslichen Parkdocks zu gleiten?
    Plötzlich begriff Michael, dass der Wasserkriecher die von ihm ins Feld gesteckten Markierungsstöcke überrollen würde. Ohne den Einstiegspunkt wäre er für immer in dieser primitiven Sphäre gefangen. Er bemühte sich, gelöst zu wirken, und näherte sich Verga.
    »Wo ernten wir heute?«
    »Folgt einfach Euren Schuhspitzen.« Der alte Mann zeigte auf das Wasserfeld direkt vor ihnen.
    Michael zeigte in Richtung des Einstiegspunktes. »Da hinten auch?«
    »Drei Sonnen gehen. Drei Sonnen kommen«, sagte Verga, so als beantworte das die Frage.
    »Wir Hirten drücken uns etwas anders aus«, erklärte Michael. »Sie wollen mir

Weitere Kostenlose Bücher