Traveler - das Finale
Gabriel, Linden und Simon in den Senegal. Am Flughafen von Dakar bestach Linden einen Beamten, die Nummern ihrer neuen Pässe ins globale Überwachungssystem einzuspeisen. Dann wechselten sie zu einer anderen Fluggesellschaft und buchten einen Nachtflug nach Ägypten. Am nächsten Morgen landeten sie und bestiegen ein Taxi, das sie in die Innenstadt von Kairo brachte. Der Wagen navigierte durch die übervölkerten Straßen wie ein Boot, das durch ein Labyrinth schlammiger Kanäle treibt. Alle Autofahrer drückten hemmungslos auf die Hupe, während die Verkehrspolizisten tatenlos auf dem Gehweg herumstanden.
Die Fußgänger von Kairo bewegten sich jedoch mit äußerster Anmut und großem Selbstbewusstsein: Selbst alte Leute, Straßenhändler und schwangere Frauen schlüpften zwischen den Autos durch, als hätten sie ihre Seele vor dem Betreten der Fahrbahn Allah überantwortet.
Simon trug dem Fahrer auf, sie zur Totenstadt östlich des Nils zu bringen. Auf dem Friedhof von Qarafa hatte sich einst die von den Römern gebaute Festung von Babel befunden, deren Ruinen aus Stein und Ziegel im fünfzehnten Jahrhundert von den mamlukischen Herrschern zu Grabstätten umfunktioniert worden waren. Seit Jahrhunderten zogen die Menschen illegal zu, um Hütten zwischen den Grabmälern zu errichten; inzwischen hatten sich die provisorischen Unterkünfte zu vierstöckigen Wohnhäusern mit graubraunen Betonfassaden entwickelt, die wie getrockneter Lehm aussahen.
Das Taxi überquerte einen Platz, auf dem Händler Kanarienvögel und Papageien verkauften. Die kleinen Vögel zwitscherten und flatterten in den Käfigen herum. Männer näherten sich dem Taxi, um Melonen, Schuhe und an Pappen gepinnte Lotterielose anzubieten. Verschleierte Frauen durchschritten untergehakt die Menge, während eine klagende Tonbandstimme von den Moscheetürmen herunterschallte.
Der Fahrer verirrte sich mehrmals, bis sie endlich vor dem Grabmal von Imam al-Shafi’i ankamen, einem moslemischen Heiligen. Über seinem Grab erhob sich eine Moschee mit vier Minaretten, und der alte Hausmeister führte sie durch einen Gebäudekomplex mit Steinwänden und verblichenen grünen Teppichen. Unter der Kuppel der Moschee jagten Schwalben hin und her. Nachdem sie den Bau ausgiebig besichtigt und damit einen Vorwand für den Besuch des Stadtviertels hatten, überquerten sie die lehmige Straße und betraten ein Café. Jeder Gast saß an seinem eigenen kleinen Tisch, während der untersetzte Cafébesitzer mit Gläsern voll heißem Tee, auf dessen
Oberfläche frische Pfefferminzblätter trieben, durch den Laden huschte.
Simon Lumbroso verfügte über Arabisch-Grundkenntnisse und pflegte in Kairo gute Geschäftskontakte, dennoch fühlte er sich als orthodoxer Jude in einem muslimischen Land ein wenig unwohl. Im Hotel war er über seine Djellaba gestolpert, eine lange Baumwollrobe, die seinen abgewetzten schwarzen Anzug und die Fransen des Gebetsmantels verdeckte.
Linden und Gabriel trugen Baumwollhosen, ein Sakko und ein Hemd ohne Krawatte. Gabriel hatte nichts dagegen, für einen Geschäftsmann gehalten zu werden, fragte sich aber, ob Linden mit der Verkleidung zurechtkäme. Der hünenhafte Franzose stolzierte breitbeinig und selbstbewusst herum und beäugte pausenlos seine Umgebung, so als rechne er jederzeit mit einem Überfall. Die Bettler und die Straßenhunde hatten Antennen für die Gefahr, die von ihm ausging, und machten einen Bogen um ihn.
Simon ließ sein Handy sinken, um eine Nummer in sein Notizbuch zu schreiben. »Ich habe eben mit der Frau des Priesters gesprochen. Sie meint, er halte sich derzeit im Haus seines Onkels auf.«
»Aber wir waren hier verabredet.«
»Das ist typisch für Kairo. Nie passiert, was man erwartet. Und was passiert, kommt völlig unerwartet.« Lumbroso wählte erneut. »Keine Sorge. Wir werden ihn finden.«
»Während wir auf den Priester warten, sollten wir Kaffee bestellen«, sagte Linden. »Dieser Tee schmeckt wie Spülwasser.«
Simon sprach kurz mit dem Cafébesitzer, bevor er das nächste Telefonat führte. Gabriel betrachtete den verhangenen Himmel. Die Ruß- und Schmutzpartikel in der Luft filterten das Licht und verfälschten die Farbe der Sonne. Am Morgen hatte sie gelbweiß gestrahlt, aber nun sah sie aus wie eine Münze aus Bronze, die man an den Himmel genagelt hatte.
Etwas würde passieren. Er konnte die Veränderung deutlich spüren; plötzlich sah er die Welt glasklar, und alle Unterschiede schmolzen dahin. In
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