Traveler - das Finale
Sprachen beherrscht hatte. Ein paar Jahre später war der tzadik aus einem abgeschlossenen Raum verschwunden und nie wieder gesehen worden. »Wir beschützen die Traveler, aber verstehen können wir sie nicht immer«, hatte Thorn ihr erklärt. »Du brauchst nur zu verstehen, worin unsere Pflicht besteht.«
Ihrem Vater mochte das Verhältnis klar gewesen sein, aber in Mayas Leben hatten sich widersprüchliche Gefühle in das Pflichtbewusstsein gemischt. Sie musste kalt und rational sein und durfte sich an keinen anderen Menschen binden. Meistens gelang es ihr, diese Rolle zu spielen, aber manchmal wünschte sie sich einfach nur in das Flugzeug zurück, das sie von Kairo nach London gebracht hatte. Während des langen Fluges hatte Gabriel sie in eine Decke gewickelt und im Arm gehalten wie ein krankes Kind. Sie hatten sich leise und zögerlich über die Erste Sphäre unterhalten und gemeinsam versucht, Abstand zu den Qualen zu gewinnen, die sie dort erlitten hatten.
Maya entdeckte Linden vor dem Falafel-Imbiss am Camden Market. Er bewachte die Treppe, die in den Lagerraum heraufführte. Neben ihm lehnte eine Tragetasche für Tennisschläger an der Wand, aber Linden sah kaum wie ein Sportler aus. Seine breiten Schultern und die mehrfach gebrochene Nase verliehen ihm das Aussehen eines Footballspielers im Ruhestand – eines Mannes, der früher für sein rücksichtsloses Spiel und die vielen Fouls berühmt gewesen war.
»Was meinen die Ärzte?«
»Die Wunde heilt, aber es wird noch eine Weile dauern. Wo ist Gabriel?«
»Der Traveler ist oben und trifft sich mit ein paar Free Runnern. Sie versuchen, ein abhörsicheres Kommunikationsnetz anzulegen.«
»Klingt ehrgeizig.«
»Ganz offensichtlich hat er einen Plan, aber er will nicht darüber sprechen. In ein paar Wochen wird der Widerstand zusammenkommen.«
Maya zog einen Stuhl heran und setzte sich neben den Franzosen. Wenn sie ihr Bein zu schnell bewegte, spürte sie einen stechenden Schmerz. Zeig keine Schwäche , ermahnte sie sich. Niemand kann eine angeschlagene Kämpferin gebrauchen.
»Du hast lange genug auf Gabriel aufgepasst. Ich bin wieder gesund und kann meine Pflicht wieder übernehmen.«
»Das passt mir gut«, antwortete Linden. »Ich muss mich in Paris um ein paar Angelegenheiten kümmern. Angeblich gab es in meinem Apartment einen Rohrbruch. Ich will keine fremden Handwerker in meine Wohnung lassen.«
»Ich könnte für ein paar Tage das Kommando übernehmen.«
»Ich habe nicht vergessen, dass es zuletzt Probleme mit deiner objectivité gab. Mother Blessing hat dich darauf hingewiesen, dass du zu den Menschen, die unter deinem Schutz stehen, keine emotionale Verbindung aufbauen darfst?«
»Auf dem Rückflug nach London war ich verletzt. Jetzt geht es mir wieder gut. Ich habe seit sechs Tagen kein Wort mit Gabriel gewechselt.«
»Ja. Das ist mir aufgefallen. Endlich fängst du an, dich korrekt zu verhalten.« Linden schaute auf den Kanal hinaus und traf eine Entscheidung. Er griff nach der Schlägerhülle und überreichte sie Maya. »Hier ist deine Waffe. In dem Metallrahmen steckt eine Pumpgun mit sechsschüssiger Munitionstrommel. Steck die Schusshand in die Öffnung.«
Maya sah den Schlitz an der Seite der Tasche. Als sie die rechte Hand hineingleiten ließ, stießen ihre Finger an den Abzugsbügel.
»Sie ist gesichert. Kannst du es fühlen?«
Maya drückte ein paar Mal auf den Sicherungsknopf. »Verstanden.«
»C’est bien. Ich fliege heute Abend nach Paris und komme am Dienstag zurück. Falls es ein Problem gibt, weißt du, wie ich zu kontaktieren bin.« Zum ersten Mal seit ihrer langen Bekanntschaft ließ Linden sich dazu herab, ihr die Hand zu reichen. »Willkommen zurück, Maya. Schön zu wissen, dass du wieder gesund bist.«
Nachdem Linden den Laden verlassen hatte, hielt Maya noch für mindestens zehn Minuten den Posten. Als sie sicher sein konnte, dass der Franzose verschwunden war, nahm sie die verborgene Waffe und stieg die Treppe hinauf. Es gab keinen Hinweis auf eine unmittelbare Bedrohung, dennoch fühlte sie sich unwohl und lauschte auf jedes Geräusch.
Das Treffen in der kleinen Kammer ging gerade zu Ende, und die Free Runner standen Schlange, um sich vom Traveler zu verabschieden. Gabriel berührte jeden einzelnen von ihnen an der Schulter oder schüttelte ihm die Hand, wobei er seinem Gegenüber tief in die Augen sah. Maya konnte sehen, wie sehr sich die jungen Männer und Frauen über Gabriels
Aufmerksamkeit
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