Traveler - das Finale
Sir. Das verstehe ich. Wir werden in der Nähe bleiben, nur falls Sie …« Der Captain überlegte, um nichts Unhöfliches zu sagen. »Falls Sie unsere Hilfe brauchen.«
Als Boone sich der Holzkiste näherte, hatte Doyle den Brief beendet. Er nahm ein paar Baht von seinem thailändischen Mitgefangenen entgegen und machte eine Geste aus dem Handgelenk wie ein Potentat, der einen Diener fortscheucht.
»Willkommen in meinem Büro«, sagte er zu Boone. »Sie sehen nicht wie ein Gefangener aus, deswegen nehme ich an, Sie kommen von der Botschaft?«
Im Laufe der Jahre hatte Boone gelernt, wie man mit besonders gefährlichen Menschen umgeht. Man musste sich
höflich und ein wenig formell geben, ohne jemals Schwäche zu zeigen. Geht man davon aus, dass der Gegner eine versteckte Waffe besitzt, lässt man seine Hände nicht aus den Augen. Ist er unbewaffnet, beobachtet man seine Schultern. Wenn jemand zuschlagen oder dem Gegenüber an die Kehle gehen will, zieht er normalerweise kurz vor dem Angriff die Schultern hoch.
»Tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, aber ich stehe zur US-Botschaft in keiner Verbindung.«
»Ich habe dem Botschafter über zwanzig Briefe geschickt.«
»Vielleicht ist Ihr Fall von niedriger Priorität?«
Boone nahm auf dem Kanister Platz und legte eine falsche Visitenkarte auf die Holzkiste. »Ich bin Nathan Boone, Stabsoffizier bei Active Solutions, einer privaten Sicherheitsfirma mit Büros in Moskau, Johannesburg und Buenos Aires.«
Doyle musterte die Karte flüchtig und schnaubte dann laut. »Klingt nach einem Söldnertrupp.«
»Wir stellen aus dem Polizei- und Militärdienst ausgeschiedene Mitarbeiter ein, bilden sie aus und setzen sie ein. Wir verdienen unser Geld damit, die verschiedensten Sicherheitslücken zu schließen.«
»Hören Sie, ich habe die Welt gesehen – Afrika, Asien, Südamerika. Ich habe Leute wie Sie getroffen, und ich weiß, was Sie tun. Sie bringen andere um, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Aber keine Angst, ich habe nichts dagegen.«
Irgendetwas flitzte an Doyles rechtem Arm hoch – eine graue Maus mit langem Schwanz. Vorsichtig kroch die Maus auf Doyles Nacken. Ihre schwarzen Knopfaugen starrten auf den Mund des Gefangenen. Währenddessen war eine zweite Maus erschienen, die an Doyles linkem Bein hinaufkroch und in seiner Hosentasche verschwand. Die flinken Bewegungen der Nagetiere ließen Doyle aussehen wie einen plumpen, mächtigen Riesen, an dem winzige Kreaturen kleben.
»Meine Haustiere«, erklärte Doyle. »Die anderen hier halten sich Skorpione und veranstalten Kämpfe, aber Mäuse lassen sich besser dressieren.« Doyle nahm sich die erste Maus von der Schulter. Er hielt sie am Schwanz fest und ließ sie in der Luft zappeln. »Mögen Sie Mäuse, Mr. Boone?«
»Nein, nicht besonders.«
Doyle öffnete eine leere Streichholzschachtel und setzte das Tier hinein. »Dann entgeht Ihnen was.«
Boone hatte sich vor keinem Tier je gefürchtet, aber angesichts dieser Mäuse wurde ihm unwohl. Offenbar saß ein Dämon in Doyles Kopf, der sich danach sehnte, kleinere, schutzlose Kreaturen zu beherrschen. Doyle zwinkerte Boone zu und hob die zweite Maus vom Bein. Er hielt sie am Schwanz in die Höhe, legte den Kopf in den Nacken und öffnete den Mund, als wolle er das Tier verschlucken.
»Sie meinen, ich traue mich nicht, hm? Für ein paar Hundert Baht würde ich’s tun!«
Boone zuckte die Achseln, als bekäme er täglich solche Angebote. »Das ist es mir nicht wert.«
»Ich mache nur Spaß.« Doyle öffnete eine zweite Schachtel und ließ die Maus hineinfallen. »Wie kommt es, dass ein Mitarbeiter von Active Solutions mit mir reden will?«
»Wir wollten Sie fragen, ob Sie Interesse hätten, für unsere Firma zu arbeiten.«
»Klar. Aber ich sitze in diesem Dreckloch fest, falls Ihnen das noch nicht aufgefallen ist.«
»Ich denke, ich könnte Ihre Ausweisung veranlassen und dafür sorgen, dass Sie in eine Chartermaschine steigen können. Nach Auslaufen des Beschäftigungsverhältnisses bekommen Sie einen neuen Pass und fünfzigtausend Dollar in bar.«
»Super! Ich bin Ihr Mann. Wo soll ich unterschreiben?«
»Sie brauchen nichts zu unterschreiben, aber Sie sollten sich über Ihre Arbeitsbedingungen im Klaren sein. Falls ich
Sie einstelle, werden Sie meinen Anweisungen bedingungslos Folge leisten und mit den anderen Mitarbeitern des Teams auskommen müssen.«
»Wie sieht der Job aus?«
»Er ähnelt den Aktivitäten, die Sie in dieses
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