Traveler - Roman
Veränderung. Während die Wohlhabenden und Weisen sich bemühten, eine Kathedrale zu erbauen, untergruben die Traveler das Fundament. Sie machten Ärger.«
»Und was ist heute anders?«, fragte Michael. »Warum wurde ich nicht getötet?«
»Unsere Wissenschaftler haben einen so genannten Quantencomputer entwickelt. Sie sind auf ganz erstaunliche Ergebnisse gestoßen. Ich kann Ihnen heute Abend nicht alle Einzelheiten erklären. Sie brauchen nur zu wissen, dass uns mit der Hilfe eines Travelers ein unglaublicher technologischer Durchbruch möglich wäre. Wenn das Transzendenzprojekt Erfolg hat, wird es die Geschichte für immer verändern.«
»Und Sie möchten, dass aus mir ein Traveler wird?«
»Ja. Genau.«
Michael stand auf und ging auf General Nash zu. Inzwischen hatte er sich von dem ersten Schreck durch die Infrarotkamera erholt. Vielleicht konnten diese Leute seinen Puls und seine Hauttemperatur messen, aber das würde nichts ändern.
»Vor wenigen Minuten sagten Sie mir, Ihre Organisation hätte das Haus meiner Familie überfallen.«
»Damit hatte ich nichts zu tun, Michael. Es handelte sich um einen bedauerlichen Zwischenfall.«
»Aber selbst wenn ich mich bereit erkläre, die Vergangenheit zu vergessen und Ihnen zu helfen, würde das noch lange nicht bedeuten, dass ich es auch kann. Ich weiß nicht, wie man in andere Sphären gelangt. Mein Vater hat uns außer ein paar Übungen mit dem Bambusstock nichts beigebracht.«
»Ja, das ist mir klar. Haben Sie unser Forschungszentrum gesehen?« Nash machte eine Handbewegung, und Michael schaute aus dem Fenster. Flutlichter erhellten das bewachte Areal. Nashs Büro lag in der obersten Etage eines modernen Bürogebäudes, das durch überdachte Wege mit drei anderen Gebäuden verbunden war. In der Mitte des Karrees befand sich ein fünfter Bau – ein weißer Würfel. Die Marmorwände des Würfels waren so dünn, dass man das Licht im Innern hindurchschimmern sah.
»Falls Sie das Potenzial haben, ein Traveler zu werden, verfügen
wir über die nötigen Mitarbeiter und technischen Hilfsmittel, damit Sie Ihre Kräfte entfalten können. In der Vergangenheit wurden Traveler von heidnischen Priestern, abtrünnigen Geistlichen und in Ghettos eingesperrten Rabbis ausgebildet. Der gesamte Lernprozess war von Religiosität und Mystizismus beherrscht. Manchmal führte er zu nichts. Wie Sie sehen können, haben wir bei unserem Vorhaben nichts dem Zufall überlassen.«
»Okay. Sie verfügen über ein paar hohe Gebäude und jede Menge Geld. Aber das ist noch immer kein Beweis dafür, dass ich ein Traveler bin.«
»Sollten Sie erfolgreich sein, werden wir mit Ihrer Hilfe die Weltgeschichte verändern. Selbst wenn Sie versagen, wird es Ihnen an nichts fehlen. Sie werden nie wieder arbeiten müssen.«
»Und wenn ich die Zusammenarbeit verweigere?«
»Ich glaube nicht, dass dies geschieht. Vergessen Sie nicht, dass ich alles über Sie weiß. Unsere Mitarbeiter haben Sie wochenlang durchleuchtet. Anders als Ihr Bruder besitzen Sie Ehrgeiz.«
»Lassen Sie Gabriel da raus«, unterbrach Michael ihn scharf. »Ich will nicht, dass man nach ihm sucht.«
»Wir brauchen Gabriel nicht. Wir haben Sie. Und nun werde ich Ihnen ein großartiges Angebot unterbreiten. Michael, Sie sind die Zukunft. Sie sind der Traveler, der der Welt den wahren Frieden bringen wird.«
»Die Menschen werden weiterkämpfen.«
»Erinnern Sie sich an meine Worte? Es geht nur um Angst und Zerstreuung. Die Angst wird die Leute in unser virtuelles Panopticon treiben, wo wir sie glücklich machen. Die Leute werden die Freiheit besitzen, Antidepressiva zu schlucken, sich zu verschulden und fernzusehen. Die Gesellschaft mag ein wenig desorganisiert wirken, aber sie ist sehr stabil. Alle paar Jahre werden wir eine neue Schaufensterpuppe wählen,
die sich vor ein paar Journalisten in den Rosengarten des Weißen Hauses stellt und Reden schwingt.«
»Aber wer ist wirklich an der Macht?«
»Die Bruderschaft natürlich. Und Sie werden ein Mitglied unserer Familie sein, uns in die Zukunft führen.«
Nash legte seine Hand auf Michaels Schulter. Es war die freundliche Geste eines netten Onkels oder neuen Stiefvaters. In die Zukunft führen, dachte Michael. Mitglied unserer Familie. Er starrte auf das weiße Gebäude.
General Nash ließ ihn los und ging zur Bar. »Ich mache Ihnen noch einen Drink. Dann bestellen wir etwas zu essen – Steak oder Sushi, was immer Sie möchten. Anschließend unterhalten wir uns.
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