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Traveler - Roman

Traveler - Roman

Titel: Traveler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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brauchst eine Waffe, dachte er. Irgendeine. Die Tabula hatten die Handtücher und Toilettenartikel über den Fußboden verstreut. Ohne von der Tür abzurücken, ging er in die Knie und suchte hektisch in dem Durcheinander. Der Splicer schleuderte sich ein zweites Mal gegen die Tür und schob sie erneut ein Stück auf. Hollis sah die Zähne der Kreatur und hörte ihr wildes Lachen, ehe er wieder mit aller Kraft die Tür schloss.
    Auf dem Boden lag eine Dose Haarspray und beim Waschbecken ein Butangas-Feuerzeug. Er griff sich beides, drehte sich um und machte ein paar schnelle Schritte rückwärts, bis er vor dem Fenster stand. Die Tür flog auf. Für den Bruchteil einer Sekunde blickte Hollis dem Tier in die Augen, erkannte dessen intensiven Willen zu töten. Ihm war, als berührte er ein unter Strom stehendes Kabel, und er fühlte, wie die gefährliche Energie seinen Körper durchzuckte. Hollis drückte auf den Knopf, sprayte der Hyäne in die Augen und zündete dann das Feuerzeug an. Die Haarspraywolke brannte sofort, und eine orangefarbene Flamme traf den Splicer. Er stieß ein gurgelndes Heulen aus, so wie ein Mensch mit unerträglichen Schmerzen.
    Brennend stolperte er durch den Flur in Richtung Küche. Hollis lief in den Trainingsraum, nahm sich eine eiserne Hantelstange
und folgte dem Splicer in die Küche. Die Luft war vom beißenden Geruch verbrannten Tierfells erfüllt.
    Hollis blieb in der Tür stehen und hob seine Waffe. Er war zum Angriff bereit, doch der schreiende, brennende Splicer brach unter dem Tisch zusammen und verendete.

DREIUNDVIERZIG
    G abriel wusste nicht, wie lange er sich schon unter der Erde aufhielt. Wahrscheinlich seit vier oder fünf Tagen. Vielleicht aber auch schon länger. Er fühlte sich abgeschnitten von der Außenwelt, vom täglichen Wechsel von Helligkeit und Dunkelheit.
    Die Trennung zwischen Wachen und Träumen verschwand bei ihm langsam. Früher, in Los Angeles, waren Gabriels Träume konfus und scheinbar bedeutungslos gewesen. Jetzt kamen sie ihm wie eine Variante der Realität vor. Wenn er sich beim Einschlafen auf das Tetragramm konzentrierte, gelang es ihm, in seinen Träumen bei Bewusstsein zu bleiben und wie ein Besucher in ihnen umherzugehen. Die Sinneseindrücke in der Traumwelt waren intensiv – fast überwältigend –, weshalb er die meiste Zeit auf seine Füße schaute und nur manchmal die Augen hob, um seine neue Umgebung zu betrachten.
    In einem der Träume lief Gabriel einen einsamen Strand entlang, auf dem jedes Sandkorn ein winziger Stern war. Er blieb stehen und blickte auf ein blaugrünes Meer hinaus, dessen Wellen lautlos gegen die Küste brandeten. Einmal fand er sich in einer menschenleeren Stadt wieder, wo assyrische Statuen bärtiger Männer in hohe Steinmauern eingelassen waren. Im Zentrum der Stadt befand sich ein Park mit mehreren Baumreihen aus Birken, einem Springbrunnen und einem Beet voll blauer Schwertlilien. Jede Blume, jedes Blatt, jeder Grashalm war vollkommen und einzigartig: eine perfekte Schöpfung.
    Wenn er aus einem dieser Erlebnisse erwachte, stand zumeist
ein Plastikbehälter mit einer Tüte Cracker, einer Dose Thunfisch und etwas frischem Obst neben seinem Bett. Das Essen schien auf beinah magische Art dorthin zu gelangen, und ihm war schleierhaft, wie Sophia Briggs es schaffte, völlig geräuschlos den Schlafraum zu betreten. Gabriel aß und ging anschließend in den Haupttunnel. Wenn Sophia dort nirgends zu finden war, erkundete er mit der Gaslampe in der Hand die Abschussbasis.
    Die Königsnattern mieden normalerweise das Licht der Glühbirnen im Haupttunnel und hielten sich stattdessen in den angrenzenden Räumen auf. Manchmal bildeten sie ein Knäuel aus Köpfen, Schwänzen und sich windenden Körpern. Häufig jedoch lagen sie reglos da, als verdauten sie eine große Ratte. Die Schlangen zischten Gabriel nie an oder machten ihm gegenüber Drohgebärden, dennoch bereitete es ihm Unbehagen, in ihre Augen zu schauen, die so makellos waren wie kleine schwarze Edelsteine.
    Im Gegensatz zu den Schlangen stellte die Abschussbasis an sich sehr wohl eine Gefahr dar. Gabriel suchte den leer stehenden Kontrollraum auf, den Stromgenerator und die Funkanlage. Der Generator war mit einem Schimmelbelag bedeckt, der einem fusseligen grünen Teppich glich. Im Kontrollraum waren die Armaturen ausgebaut oder zerstört worden. Von der Decke hingen Kabel, die wie Baumwurzeln in einer Höhle wirkten.
    Gabriel erinnerte sich daran, eine Öffnung am

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