Traveler - Roman
Goldschwert. Ein Jittetsu-Schwert. Im Feuer geschmiedet, eine Opfergabe für die Götter. Ein Wassertropfen rann sein Gesicht hinunter. Dahin. Alles
dahin. Er hatte sich um alles gebracht. Seine berufliche Position. Seine Zukunft. Nur zwei Dinge waren ihm geblieben: das Schwert und sein Mut.
Lawrence legte die Scheide auf den nassen Boden und ging dann, das bloße Schwert in Händen, zur Treppe. »Bleiben Sie, wo Sie sind!«, rief er. »Ich komme.«
Er stieg die verdreckten Stufen hinunter. Mit jedem Schritt verlor er einen Teil seiner Schwere, der Illusionen, die ihn im Innersten belastet hatten. Endlich begriff er die Einsamkeit, von der das Foto seines Vaters zeugte. Ein Harlequin zu werden bedeutete sowohl eine Befreiung als auch das Akzeptieren des eigenen Todes.
Er erreichte den Fuß der Treppe. Boone stand inmitten des Raums voller Müll, eine Automatikpistole im Anschlag. »Lassen Sie die Waffe fallen!«, rief Boone. »Legen Sie das Schwert auf den Boden!«
Nachdem er jahrelang Masken getragen hatte, fiel nun die letzte Maske. Sparrows Sohn stürmte mit dem Goldschwert in der Hand dem Feind entgegen. Er fühlte sich frei, jeglichen Zweifels, jeglicher Unentschlossenheit ledig, als Boone langsam die Waffe hob und auf sein Herz zielte.
NEUNUNDVIERZIG
V icki war eine Gefangene im Haus ihrer Mutter. Sie wurde sowohl von den Tabula als auch von ihrer Kirchengemeinde bewacht. Der Wagen der Elektrizitätswerke war verschwunden, aber kurz darauf waren andere Männer aufgetaucht. Zwei angebliche Angestellte einer Fernsehkabelfirma fingen an, die grauen Kästen oben auf den Telefonmasten auszutauschen. Nachts wurde völlig auf Tarnung verzichtet. Ein Schwarzer und ein Weißer saßen an der gegenüberliegenden Straßenseite in einem Geländewagen. Einmal hielt ein Polizeiauto neben dem Wagen an, und die beiden Streifenpolizisten redeten mit den Tabula. Vicki beobachtete durch den Vorhang, wie die Söldner Ausweise vorzeigten und sich die Beamten danach per Handschlag von ihnen verabschiedeten.
Ihre Mutter bat die Kirchengemeinde um Schutz. Nachts schliefen ein oder zwei Leute bei ihnen im Wohnzimmer. Morgens wurde die Nachtschicht durch zwei Gemeindemitglieder abgelöst, die den ganzen Tag im Haus blieben. Jonesies lehnten körperliche Gewalt ab, aber sie betrachteten sich als Verteidiger des Glaubens, bewaffnet mit den Worten des Propheten. Sollte jemand das Haus stürmen, würden sie Kirchenlieder anstimmen und passiven Widerstand leisten.
Eine Woche lang sah Vicki ständig fern, aber dann hörte sie damit auf. Seit sie erkannt hatte, was sich alles im Verborgenen ereignete, fand sie die meisten Sendungen dumm oder verlogen. Sie bekam vom Küster der Gemeinde Hanteln und stemmte jeden Nachmittag in der Garage Gewichte, bis ihr die Muskeln wehtaten. Abends blieb sie lange auf und suchte
im Internet nach den geheimen Webseiten aus Polen, Südkorea und Spanien, auf denen die Traveler erwähnt wurden. Meistens hieß es, dass es keine Traveler mehr gebe, weil sie ausnahmslos von den Tabula beseitigt worden waren.
Als kleines Mädchen hatte Vicki sich immer auf den sonntäglichen Gottesdienst gefreut; sie war früh aufgestanden, hatte sich sorgfältig frisiert und ihr schönes weißes Kleid angezogen. Jetzt war ein Tag in der Woche wie der andere. Sie lag am späten Sonntagmorgen noch im Bett, als Josetta ins Zimmer kam.
»Zieh dich an, Vicki. Wir werden gleich mit dem Auto abgeholt.«
»Ich komme nicht mit.«
»Du brauchst dich nicht zu fürchten. Die Gemeinde wird dich beschützen.«
»Ich habe keine Angst vor den Tabula. Ich mache mir um meine Freunde Sorgen.«
Josetta presste die Lippen zusammen, und Vicki wusste, was ihre Mutter dachte. Diese Leute sind nicht deine Freunde . Sie blieb im Zimmer, bis Vicki aufstand und sich ein Kleid anzog.
»Isaac Jones hat einmal zu seinem Bruder gesagt –«
»Verschone mich mit diesen Zitaten. Der Prophet hat viel gesagt und sich auch manchmal widersprochen. Aber am wichtigsten war Isaac Jones der Glaube an Freiheit, Mitgefühl und Hoffnung. Wir können nicht einfach nur seine Worte zitieren und glauben, dass das reicht. Die Menschen müssen ihr Leben ändern.«
Eine Stunde später saß sie neben ihrer Mutter in der Kirche. Alles war wie immer – die altbekannten Lieder, die wackeligen Bänke und die Gesichter um sie herum –, aber sie hatte nicht das Gefühl dazuzugehören. Jeder wusste, dass Victory From Sin Fraser mit Hollis Wilson und einem bösartigen
Weitere Kostenlose Bücher