Treffpunkt Las Vegas
hören, dem zu entnehmen war, daß Elsie Brand noch schneller aufgelegt hatte. Bertha Cool konnte nämlich rasend werden, wenn ein Ferngespräch die Dreiminutengrenze überschritt. »Ich habe seinerzeit nicht einmal drei Minuten gebraucht, um meinem Mann zu sagen, was ich von ihm hielt«, pflegte sie stets zu erklären. »Und nichts von allem, was irgendwann gesagt worden ist, war auch nur halb so wichtig. Wenn Sie das, was Sie sich von der Seele reden wollen, nicht in drei Minuten sagen können, dann, ja, dann müssen Sie sich eben Ihr Lehrgeld wiedergeben lassen.«
Von der Telefonzelle aus ging ich in ein nahe gelegenes Restaurant, bestellte mir eine Tasse Kaffee und ein Schinkenbrot. Nachdem ich das zu mir genommen hatte, wanderte ich, einigermaßen gestärkt, zum Cactus Patch. Auf meine Frage, wo Louie Hazen sei, erwiderte mir der Kassierer, Louie werde erst um fünf Uhr zum Dienst erscheinen. Als ich gerade im Begriff war, das Lokal zu verlassen, rief mir ein anderer Mann zu, ich möchte doch einen Moment warten, er würde nachsehen, ob Louie im Keller sei und Automaten repariere.
Ich brauchte nicht lange zu warten, da stand Louie vor mir. Einen Augenblick sah er mich prüfend an, dann entsann er sich. Grinsend streckte er mir die Hand entgegen: »Hallo, Donald!« begrüßte er mich.
Ich wollte gerade nach seiner Hand fassen, aber die war nicht mehr da, auch Louie nicht. Er hatte eine blitzschnelle Körperbewegung vollbracht, meine rechte Hand nach der Seite geschoben, und als ich sein breit grinsendes Gesicht wieder erblickte, befand sich sein Kopf nur einige Zentimeter vor meinem, während seine geballte Rechte sanft, aber fest gegen meine Magengrube drückte.
»Du mußt besser achtgeben, Donald!« sagte er. »Man muß jeden Augenblick auf der Hut sein.«
Ich sah in seine rotgeäderten Augen, sah dicht vor mir seine in vielen Kämpfen breitgedrückte Nase. Sein lachender Mund enthüllte links eine breite Zahnlücke.
»Du hast nicht aufgepaßt, stimmt's, Donald?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Wer ein guter Boxer werden will, muß immer auf dem Sprung sein. Ich könnte aus dir schon einen Boxer machen, weiß Gott, das könnte
ich. Du hast das, was man als guter Boxer braucht: Du bist kaltblütig und hast Courage im Leibe, das ist beides für einen Boxer unerläßlich. Es würde mir schon Spaß machen, dich zu trainieren.«
Ich nahm ihn beim Arm. »Wir werden das sicher eines Tages nachholen können, aber im Moment gibt es wichtigere Dinge. Wo können wir uns ungestört unterhalten?«
Louie führte mich in eine Ecke. »Was ist los, Donald?«
»Ich brauche deine Hilfe.«
»Schon bewilligt. Du weißt ja, wie das ist, Donald. Man lernt jemanden kennen und denkt, mit dem käme ich gut aus. So war es mit uns beiden auch, Donald. Nachdem ich einen Treffer auf dein Kinn placiert hatte... Übrigens, was macht das arme Kinn?«
»Es tut immer noch weh.«
»Das ist nun mal so... Wird wieder gehen. Gib mir sechs Monate Zeit, und ich mache einen guten Boxer aus dir.«
»Louie, ich möchte, daß du etwas für mich tust.«
»Klar. Hab' dir's doch schon versprochen. Was ist es denn?«
»Hast du die Morgenzeitung gelesen?«
»Nein.«
»Dann lies sie mal.«
»Wozu?«
»Gestern abend wurde ein Mann getötet.«
»Umgebracht?«
»Ja, erschossen.«
Louie riß die Augen weit auf. »Du meinst ermordet?«
»Richtig. Und nun kommt die Überraschung. Wer ist es wohl?... Du kennst ihn.«
Louie schüttelte ratlos den Kopf.
»Es war der Mann von gestern, der an den Automaten spielte.«
»Du meinst Sid Jannix, mit dem ich gestern leider nur über eine Runde kam?«
»Die Polizei ist der Meinung, daß er Harry Beegan heißt.«
»Ich sage dir noch mal, das ist Sid Jannix. Ich wußte das in dem Augenblick, als ich sah, wie er seine linke Schulter vor sein Kinn schob und mit seiner Rechten herauskam. Das war eine typische Sid=Jannix=Stellung. Junge, Junge, wenn er so vorschnellte, dann war das meist das Ende für seine Gegner. Er kam dann...«
»Hör zu, Louie. Du sollst etwas für mich tun.«
»Klar, alles, was du willst. Was ist es denn, Donald?«
»Ich möchte, daß du zum Leichenschauhaus gehst und die Leiche identifizierst. Und zwar nicht als den Mann, mit dem du gestern abend Streit hattest, als er an dem Automaten herumhantierte, sondern als einen ehemaligen Boxsportkameraden. Du kannst ja erzählen, daß du früher einmal mit ihm im Ring gestanden hast und...«
»Aber ich habe nie gegen ihn
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