Treffpunkt Parzelle 4: Nur die Freundschaft zählt (German Edition)
wurde, und das hätte keiner der Freunde auch nur im Traum gedacht, ausgerechnet – Herr Buschschlüter! Eines Tages, als Karo gerade den Rasenmäher aus dem Schuppen holte, stand er plötzlich am Gartenzaun mit einer Packung Katzenzungen. Alte Leute kaufen und verschenken immer ganz andere Dinge als junge, dachte Karo bei sich. Aber bei Herrn Buschschlüter hätte es sie auch nicht gewundert, wenn er sie mit einem Glas eingelegter Maulwurfspfötchen überrascht hätte. Igitt! Sie schüttelte sich bei dem Gedanken.
Jedenfalls rief er sie zum Zaun und bedankte sich vielmals bei Karo, dass sie ihm den Tipp mit dem elektrischen Maulwurfsvertreiber gegeben hatte. Er war überglücklich, dass er »die Öster« jetzt los sei, wie er sich ausdrückte, konnte aber immer noch nicht begreifen, warum das bewährte Giftmittel denn nicht angeschlagen hatte. Karo musste sich sehr anstrengen, um sich ein Lachen zu verkneifen. Sie hätten ihn absolut von ihrer »neumodischen« Methode überzeugt, und er habe bereits fünf solcher Geräte bei Der Schrebergärtner und sein Reich , einem Gartenjournal, das er abonniert hatte, bestellt. Bei Lieferung würde er ihnen umgehend die geliehenen Schirmchen zurückgeben.
»Aber sag mal«, fragte er Karo dann neugierig, »seit ein paar Tagen kommen solch ungewohnte Klänge aus eurem Gartenhaus. Wenn ich mich nicht irre, habt ihr neulich Peter Alexander gehört. Habt ihr euren Musikgeschmack geändert, oder ist Frau Erichsen wieder da?«
»Weder noch«, sagte Karo lachend. Und dann berichtete sie dem schrulligen Nachbarn von ihrer neusten Methode, das Taschengeld aufzubessern. Buschschlüter war begeistert.
»Dass ihr das macht!«, staunte der Alte. »Dass das überhaupt möglich ist! Sag mal, kann ich euch da auch mal ein paar Platten in Auftrag geben?«
Von wegen, ein paar Platten! Herr Buschschlüter brachte sage und schreibe sechsunddreißig Platten zu ihnen rüber. Vieles war Tanzmusik. Allein zwanzig Scheiben von James Last , aber auch ein paar von Glenn Miller und zwei von Roger Whittaker . Herr Buschschlüter bestellte ohne Cover und bekam so einen Supersonderrabatt. Ihm ging es nicht darum, die Sammlung »über die Zeit zu retten«, wie Arne das nannte.
»Wenn ich mal den Löffel abgebe, wandert das doch alles in den großen Container«, hatte er zu Karo gesagt. »Da mach ich mir gar keine Illusionen.«
Er hatte seinen Plattenspieler sogar noch in täglicher Benutzung. Aber den konnte er schließlich nicht mit auf Reisen oder mit in den Garten nehmen. Er wollte CD s haben, weil diese so praktisch für unterwegs waren, wenn er beispielsweise zu seiner Schwester fuhr.
Herr Buschschlüters Sammlung stellte Parzelle 4 auf eine harte Probe. Was niemand der Freunde bedacht hatte: Man musste sich Musik reinziehen, die keiner von ihnen freiwillig gehört hätte. Die Glenn-Miller -Platten waren ja noch ganz okay, ein oder zwei James-Last -Platten hätten auch kein großes Problem dargestellt – aber zwanzig davon? Bruno hatte die meisten bereits bewältigt. Doch eines Tages, als er gerade bei der sechzehnten angekommen war, stürzte er plötzlich aus dem Häuschen, warf sich ins Gras und trommelte wie irre mit beiden Fäusten auf dem Boden herum.
»Nein, nein, nein!«, schrie er dabei. »Ich halte das nicht mehr länger aus! Ich kann es einfach nicht mehr hören.«
Bodo sprang aufgeregt um ihn herum und leckte ihm tröstend durchs Gesicht, weil er dachte, es sei ihm etwas passiert. Verdutzt reckte auch Herr Buschschlüter von nebenan seinen Kopf aus dem Bohnenbeet.
»Alles in Ordnung, Junge?«, rief er nicht ganz ohne Häme herüber. Und so erhielt seine Plattensammlung den heimlichen Namen Nachbars Rache . Bruno weigerte sich standhaft, auch nur noch eine weitere James-Last -Platte zu bearbeiten. Ansonsten würde er Schmerzensgeld dafür fordern. Und so übernahm Jo die restlichen vier Scheiben, und Bruno bekam erst mal eine kleine Auszeit zur Regeneration. Jo konnte Brunos Leiden gar nicht wirklich verstehen. Ihr machte es überhaupt nichts aus, Nachbars Rache zu hören. Da sie sich selbst nicht besonders viel aus Musik machte, litt sie auch nicht so sehr darunter.
Die Ferien neigten sich dem Ende entgegen, und die Kasse der Parzelle-4 -Bewohner füllte sich zusehends. Als Nachbars Rache durchgestanden war, machten die Freunde einen Kassensturz und trauten ihren Augen nicht. Es waren bisher bereits 668 Euro zusammengekommen. Durch fünf geteilt, hätte das für jeden von ihnen
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