Treffpunkt Unendlichkeit
daß sie ihn nicht gesehen hätten, daß sie aber wüßten, wo er sich befände, Und sie gaben genaue Anweisungen.
Tatsächlich entdeckte man den Forscher dort, und seit diesem Augenblick beschäftigte sich Lyken mit Akkilmar. Er hatte keinen Grund, diese Entscheidung zu bedauern. Nur eines störte ihn: Er hatte Minderwertigkeitskomplexe, wenn er den Bewohnern von Akkilmar gegenüberstand.
Sobald er seine Aufmerksamkeit der kleinen Stadt widmete, merkte er, daß er auf etwas Wertvolles und Außergewöhnliches gestoßen war: auf eine Zivilisation, die nicht durch wissenschaftliche Logik, sondern eher durch Intuition oder Beobachtung auf wissenschaftliche Prinzipien gestoßen war. Und sie konnten diese Prinzipien zu den erstaunlichsten Dingen verwenden.
Er hatte auch jetzt nur ein vages Bild von all ihren Errungenschaften. Mit Ausnahme des Rho-Funktionsfeldes hatte er nichts gefunden, das sich wirtschaftlich verwerten ließ, und selbst das Rho-Funktionsfeld wirkte nur bei Menschen, die von der Wirklichkeit abgeschnitten waren. Er stellte es sich als eine Art senderloses Fernsehen vor, und es stand fest, daß es in Akkilmar in dieser Weise verwendet wurde; aber bisher war es noch niemandem gelungen, seine Daten richtig zu interpretieren. Es würde lange dauern, bis man Akkilmars Quasi-Wissenschaft verstand. Aber sie existierte, und sie war mächtig.
Er hoffte nur, daß sie mächtig genug war.
*
Die Weisen warteten auf ihn, als er auf dem flachen Sandstrand zur Landung ansetzte. Vielleicht waren sie nur ans Meer gekommen, um den Sonnenuntergang zu beobachten, aber Lyken hatte das Gefühl, daß sie mit seinem Kommen gerechnet hatten.
Sie waren ein so freundliches Volk! Als er durch den Sand auf sie zuging, erinnerte sich Lyken daran, daß er ihnen für das Rho-Funktionsfeld eine Gegengabe geradezu aufgedrängt hatte. Sie hatten sich für ein paar Musikinstrumente entschieden und sonst nichts genommen.
Sie begrüßten Lyken und bedeuteten ihm, daß er Platz nehmen solle. Die Gruppe hatte sich im Halbkreis niedergelassen und sah in die sinkende Sonne. Sie hatten tatsächlich auf ihn gewartet. Als er den Platz einnahm, den sie ihm zugewiesen hatten, merkte er, daß ihn alle sehen konnten, ohne auch nur den Kopf zu drehen.
Er hatte nie feststellen können, wer von ihnen der Anführer war – oder ob sie überhaupt einen hatten. Und als er nun überlegte, was er sagen sollte, fiel ihm ein, daß er nicht wußte, an wen er seine Bitte richten mußte. Bevor er zu einem Entschluß kam, stand ein dicker Mann auf. Lyken hatte ihn schon des öfteren gesehen, und ihm war aufgefallen, daß er unaufhörlich lächelte. Nun räusperte er sich und sagte freundlich:
»Hüten Sie sich vor Allyn Vage.«
Die anderen lachten tief und voll. Verwirrt schüttelte Lyken den Kopf. Nein, er hatte sich nicht verhört; die Bewohner von Akkilmar beherrschten die Sprache der Eindringlinge meisterhaft. Allyn Vage. Ein Name. Er kannte ihn nicht, und er sagte das auch.
»Das macht nichts«, sagte eine Frau neben dem Sprecher. Ihr Haar war von grauen Strähnen durchzogen, und ihr nahezu unverhüllter Körper legte den Schluß nahe, daß sie kinderlos war. Es gab sehr wenige Kinder in Akkilmar, und auch dieses Problem war rätselhaft.
»Wir wissen, weshalb Sie kommen«, sagte ein Mann. »Natürlich werden wir Ihnen helfen. Sie waren immer freundlich zu uns, obwohl Sie unsere Errungenschaften auch mit Gewalt an sich hätten bringen können. Gehen Sie in Frieden, und wir werden folgen.«
Darauf war Lyken nicht vorbereitet; er hatte eine lange Diskussion und große Überredungskünste erwartet. Verwirrt betrachtete er die Versammlung.
»Aber woher wissen Sie das?« fragte er. »Woher wissen Sie, was ich will?«
Der erste Sprecher streckte die Hand aus und hob etwas von dem feinen Sand auf. Dann ließ er ihn langsam durch die Finger rieseln. Die anderen lachten wieder.
»Gehen Sie!« sagte der erste Sprecher, und zu seinem Erstaunen merkte Lyken, daß er gehorchte. Erst sehr viel später, daheim in seinem Stützpunkt, überlegte er, warum er gehorcht hatte.
9
Als Gaffles in die Kraken-Bar zurückkam, war Jockey gerade mit einer Gruppe von Läufern beschäftigt – Slum-Jungen mit gefärbtem Haar und dick wattierten Schultern. Er hörte sich einen von ihnen genau an, wartete, bis er fertig war, und deutete dann mit spitzem Zeigefinger auf den nächsten. Gaffles stieß einen schrillen Pfiff aus; Jockey sah auf, erkannte die
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