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Treibgut - 11

Treibgut - 11

Titel: Treibgut - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Witzko
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überlegte fieberhaft, wie er entkommen konnte.
    »Wissen, warum du unseren Herrn umgebracht hast«, antwortete einer der drei gelangweilt. »Das wirst du uns doch gern sagen, nicht wahr?«
    Zeig mir einen Ausweg, Kleiner Bruder, dachte Scheïjian und ließ mutlos die Schultern sacken, als wolle er sich in sein Schicksal fügen. Um Zeit zu gewinnen, fragte er: »Nur aus Neugierde: Wie habt ihr mich gefunden?«
    »Deine Begleiterin«, entgegnete eine spöttische Stimme. »Sie hat uns bereitwillig von dir erzählt. Der Rest war einfach.«
    »Wie ein Schweinchen hat sie dabei gequiekt«, ergänzte der Zweite, und der Dritte fügte hinzu: »Sie war ohnehin nichts mehr wert, also taten wir mit ihr, was man mit Schweinchen tut.« Schabend verließen drei lange Klingen ihre Scheiden.
    Die Nachricht von Querinias Tod wirkte auf Scheïjian wie eine Enthauptung. Ihm war, als hätte er keinen Körper mehr, als bestünde er nur noch aus Kopf und Geist. Er sah die Gestalten Schritt um Schritt näher kommen, sie erschienen ihm wie Ausgeburten der Niederhöllen. Als sie nahe genug waren, brüllte er auf und stieß ihnen seine Faust entgegen. Alles, was an Zorn, Ohnmacht und Enttäuschung in ihm brodelte, legte er in seinen Schrei, der eigentlich eine komplizierte Silbenfolge war, die der Zunge der Dämonen zu entstammen schien. Kurzfristig sah er seine Bedränger in ihrem astralen Abbild, als Geflecht leuchtender Linien und Netze. In dieses Geflecht krachte das astrale Äquivalent seiner Faust, fetzte seine Stimme und echote darin: Ich bin furchtbar, ich bringe Schrecken, ich bin eure Vernichtung!
    Und die Faust glitt ab.
    Statt daß der Zauber auf alle drei wirkte, wie es Scheïjian beabsichtigt hatte, erlag nur einer der Angreifer seiner Macht. Schrill kreischend und halb wahnsinnig vor Angst rannte dieser eine davon, um sein Leben, die Straße hinunter. Im selben Augenblick hatte Scheïjian die ›Nadel‹ aus seinem Gewand gerissen und war wie ein hungriger Parder vorgesprungen, um mit dem Stahl zu erledigen, was die Magie nicht vollbracht hatte. Was tust du Narr? dachte er im Sprung, kam auf, kreiselte schlingernd um die eigene Achse, so daß er fast den Stand verloren hätte, und rannte los, denn gegen dieses eingespielte Paar war er hoffnungslos verloren – wie ein Pfauenfischchen im Rachen eines Brabacudas.
    »Hoppla, Lucan, ein Magier!« hörte er eine Stimme hinter sich, und: »Er darf keine Zeit bekommen, abermals zu zaubern!« Dann nahmen sie die Verfolgung auf. Eine stumme Jagd durch das Straßengewirr Neethas hob an, nur das Aufklatschen der eilenden Füße und stoßweises Atmen zeugten davon. Bald zeigte sich, daß seine Verfolger Scheïjian körperlich überlegen waren und den kleinen Vorsprung, den ihm die Magie verschafft hatte, rasch verkürzten.
    Die Hunde hatten ihren Hasen fast eingeholt, als ein häßliches Klatschen der Jagd eine Wendung gab. Im Laufen blickte Scheïjian über die Schulter zurück, sah einen der beiden Verfolger ebenfalls zurückblicken und den zweiten in einigem Abstand zu Boden gestreckt. Scheïjian stolperte und stürzte.
    Es war, als hätte Satinav die Zeit in dünne Scheiben geschnitten, und während Scheïjians Körper von Scheibe zu Scheibe kippte, flackerte in seinem Geist das Bild eines rotgesichtigen, schwitzenden und stöhnenden jungen Bauern auf, der umgeben war von einer Schar kreischender oder aufgeregt umherhüpfender Kinder und der versuchte, ihnen den Allergewaltigsten Lichtzauber vorzuführen. Doch vielleicht war es auch nur die in den Jahren seines Gewerbes erlangte Kaltblütigkeit, die Scheïjian im Fallen veranlaßte, den Arm auszustrecken und mit abgewinkeltem Zeige- und Mittelfinger den Blendzauber auf den übriggebliebenen Verfolger zu schleudern.
    Der unsichtbare Blitz fand sein Ziel im Geist seines Opfers, ließ dieses den Unterarm schützend vor das Gesicht reißen und brachte es ebenfalls zu Fall. Krabbelnd wie ein schneller Käfer hastete Scheïjian zu ihm hinüber und rammte ihm beidhändig den langen Dorn in die Brust. »Begegne der Schwester!« keuchte er.
    Schweratmend stand er auf, Knie und Ellbogen schmerzten von dem Sturz, kleine Nadeln stachen in seiner Brust. Er humpelte zu dem anderen Verfolger, zu dem sich mittlerweile der unverhoffte Retter gesellt hatte, der soeben eine hölzerne Wurfscheibe vom Boden aufhob.
    Der Retter trug ein kleidartiges Gewand mit ausladenden Schultern, das sich von der Taille abwärts kegelförmig verbreiterte. Scheïjian

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