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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Straße St. Hubert – Almfried saß, eine Coca-Cola trank und sich überlegte, ob er nicht auf einer falschen Spur und der Bankräuber Bornemann doch ins Salzburgische übergewechselt sei, wie die Polizei fest annahm. Er hatte nun tagelang die Schönheitsfarm und die Klinik beobachtet, er hatte sogar mit Dicki ein Gespräch führen können und sich überlegt, ob er einer guten Story wegen sich auch irgendwo am Körper operieren lassen sollte, nur um in die Klinik hineinzukommen. Aber dann erfuhr er, daß in der Klinik kein Patient eine große Gesichtsoperation hatte vornehmen lassen, denn Dicki kannte jeden Fall, und das Interesse erlosch.
    »Da kimmt d'r Dokta!« sagte die Serviererin im Café und zeigte auf den weißen Wagen. »Dös ist fei selten, daß er fährt!«
    Horst Rappel zahlte, lief auf die Straße, warf sich in seinen Wagen und fuhr Dr. Lorentzen hinterher. Wenn schon alles eine Pleite ist, dachte er, so will ich doch sehen, wohin der große Chef fährt. Erstaunt stellte er nach ein paar Kilometern fest, daß es anscheinend nach München ging. Und was ihn noch mehr reizte, war der zweite Kopf im Wagen Lorentzens.
    In unauffälligem Abstand folgte Horst Rappel dem weißen Wagen. Er ließ sich überholen und blieb an Ampeln stehen; die Strecke nach München kannte er. Kurz vor der Stadtgrenze drehte er auf und erreichte bald wieder den weißen Wagen Dr. Lorentzens. Hintereinander, was bei dem Verkehr nicht auffällig war, schlängelten sie sich durch Münchens Straßen.
    Sonnenstraße – Stachus – Schützenstraße – Hauptbahnhof.
    Mist, dachte Horst Rappel. Er bringt einen Patienten bloß zur Bahn. Hat ihn mitgenommen, weil er sowieso nach München wollte. Dein Instinkt läßt nach, alter Junge. Er hielt hinter Dr. Lorentzen und beobachtete den Mann, der ausstieg und in der Unterführung verschwand, die mit Rolltreppen bis in die Bahnhofshalle führte. Enttäuscht zündete sich Rappel eine Zigarette an.
    Etwa um die gleiche Zeit kämpften Dr. Thorlacht und die anderen Ärzte und Schwestern um ein Leben. Vergeblich.
    Die Almfried-Klinik bekam ihren ersten Toten.
    Es geschah ganz unverhofft und begann ganz harmlos. Niemand achtete deshalb auch auf die ersten Anzeichen. Als man endlich merkte, daß etwas nicht stimmte, war es schon zu spät.
    Die Patientin hieß Gertrud Alberts, war zweiundvierzig Jahre alt und die Gattin eines reichen Antiquitätenhändlers aus Stuttgart. Dr. Lorentzen hatte ihr eine neue Nase gemacht. Es war eine Operation, die schon zu den Routinedingen gehörte. Von innen wird der Knorpel abgesägt und herausgenommen. Dann wird ein künstliches Nasenbein aus körperfreundlichem Kunstharz in der Form zurechtgeschnitzt, die gewünscht wird, und als Prothese eingesetzt. Sie übernimmt nun die Funktion des Knochens und füllt die Nasenhaut in der neuen, schöneren Form aus.
    Etwas Alltägliches also, über das man in der Klinik überhaupt nicht sprach, ähnlich wie über einen Blinddarm in einer Universitätsklinik. Lorentzen hatte die Operation am Vortage ausgeführt, Dr. Thorlacht hatte assistiert. Frau Alberts war glücklich über die neue, gerade, ihr Gesicht völlig verwandelnde Nase und ließ sich belehren, daß sie nun einen schönen Bluterguß im Gesicht bekommen würde, nicht erschrecken solle und alles normal sei.
    Nur etwas vergaß Dr. Lorentzen, weil er es noch nie nötig hatte, darauf hinzuweisen, da alle ›Nasenpatienten‹ sich ohnehin darauf einstellten: Solange die Wunde noch offen ist, darf nicht geraucht werden.
    Niemand wußte, daß Frau Alberts eine starke Raucherin war. Niemand war auch dabei, als sie sich eine Stunde nach der Operation in ihrem Zimmer eine Zigarette anzündete und mit Genuß den Rauch inhalierte. Ja, sie ließ sogar den Rauch durch die neue Nase wehen … ein merkwürdiges Gefühl zwischen Kitzeln und Schmerz erzeugte das, und Frau Alberts fand, daß dieses Gefühl sogar etwas Aufregendes, etwas unerklärlich Erotisches habe. Das kitzelnde Schmerzgefühl durchrann ihren Körper wie ein elektrischer Strom.
    Bis zum Abend rauchte Frau Gertrud Alberts zehn Zigaretten in ihrem Zimmer. Ahnend, daß es verboten war, setzte sie sich auf den kleinen Sonnenbalkon und blies den Rauch in die Luft. So roch auch Schwester Frieda nichts, als sie dreimal ins Zimmer kam, um nachzusehen, ob alles in Ordnung war.
    In der Nacht bekam Frau Alberts einen heißen Kopf. In den Schläfen hämmerte es, das Blut jagte durch die Adern. Fünfmal stand sie auf, getrieben von

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