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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Architekten, die sonst so stolze Frau eines Ministerialbeamten und die Ehefrau eines Ruhrdirektors waren bereits in bester Stimmung. Wange an Wange tanzten sie mit ihren Kavalieren, geschminkt und mit Make-up versehen, die durch die täglichen Ozonduschen kläglichen Frisuren durch hochmodische Perücken verdeckt. Ihre Abendkleider mußten in Schränken des Motels versteckt sein, denn wenn sie von der Schönheitsfarm fuhren, trugen sie einfache Kleider oder Sommerkostüme. »Nur ein bißchen Abendluft schnappen«, sagten sie beim Wegfahren. »Der Wald duftet so herrlich, wenn es kühler wird …«
    Marion Stellmacher wehrte zunächst drei Herren ab, die sich wie Geier auf sie stürzten und sich um sie zu balgen schienen. Mit einem hochmütigen Lächeln ging sie zum Tisch und sagte laut zu einem hartnäckigen Herrn, der ihr folgte: »Bitte, belästigen Sie mich nicht! Sie scheinen auf anständige Damen nicht eingestellt zu sein! Ober! Bitte den Geschäftsführer! Ich möchte in Ruhe eine Flasche Sekt trinken!«
    Marion blieb bis gegen zwei Uhr nachts. Wie traurige Primeln saßen die vier Damen aus der Schönheitsfarm an ihren Tischen und suchten nach hundert Ausflüchten, den Herren ihren Gesinnungswandel zu erklären. Sie standen dann auch sofort auf, als Marion zahlte und das Motel verließ. Draußen auf dem Parkplatz liefen sie ihr nach und umringten den großen Wagen, als seien sie von einem Heuschreckenschwarm.
    Frau Nitze übernahm es, mit Marion einen Friedensvertrag auszuhandeln. Sie begann sehr dumm.
    »Dürfen wir Sie noch zu einem kleinen Drink einladen, Marion?« fragte sie.
    Marion Stellmacher sah Frau Nitze spöttisch an. »Bei ›Grohmann‹ etwa? Auf dem Zimmer, das Sie dort gemietet haben?«
    Frau Nitze wurde rot und fuhr sich durch die Perücke.
    »Nun gut«, sagte sie gepreßt. »In zwei Wochen gehen wir sowieso auseinander und sehen uns vielleicht nie wieder. Wir wollen uns diese Tage nicht verderben, nicht wahr? Drei Wochen unter uns Frauen, das sollte man ausnutzen. Wir wissen ja, wie sich unsere Männer benehmen, wenn sie in der gleichen Lage sind. Seien wir wirklich Schwestern. Das Leben ist ja so kurz …«
    Am nächsten Morgen lagen vor Marions Zimmertür Blumen. Das Mädchen, das wecken kam, mit dem Luffaschwamm in der Hand, trug sie herein. Wer sie hingelegt hatte, wußte man ebensowenig wie man vorher diejenige gekannt hatte, die eine Unterhose an die Tür heftete. Vielleicht war es dieselbe.
    Angst war schon immer ein Kitt der Gemeinschaft. Aber ein schlechter.
    In diesen Tagen las ganz Deutschland einen Bericht in den Zeitungen. Auch in St. Hubert, in der Almfried-Klinik und auf der Schönheitsfarm las man ihn.
    »Millionenraub in Frankfurt.
    Gestern verschwand der Hauptkassierer Hans Bornemann, 47 Jahre, von der Bank für Baukredit AG spurlos unter Mitnahme von über 2 Millionen Mark. Der genaue Verlust der Bank wird noch ermittelt, da außer dem Kassenschrank, zu dem Bornemann einen Schlüssel hatte, auch der Tresorraum beraubt wurde. Es ist anzunehmen, daß u.a. wertvoller, der Bank zur Verwahrung aufgegebener Schmuck mitgenommen worden ist. Bornemann, der das volle Vertrauen seiner Bank genoß, war über 16 Jahre im Dienste der Baukredit AG und galt als unbedingt zuverlässig und korrekt.
    Wegen seiner internationalen Verbindungen hat die deutsche Polizei auch die Interpol eingeschaltet.«
    Dr. Lorentzen überflog beim Mittagessen diese Notiz, so wie man einen Zeitungsartikel liest, der einen nicht interessiert. Jeden Tag werden Gelder gestohlen, wird gemordet, werden Kinder entführt, deckt man Sittenskandale auf.
    Er blätterte die Seite um und las im Kulturteil weiter.
    Das war ein Fehler, denn hätte Lorentzen den Bankraub genauer durchgelesen, wäre ihm etwas aufgefallen. So aber beschäftigte er sich mit einer Buchkritik, die nicht in seinem Sinne war, denn er hatte das Buch gelesen und ärgerte sich über den Kritiker, der von einem Buch schrieb, das er anscheinend völlig falsch gelesen hatte.
    Was bei Kritikern öfter vorkommen soll.
    Nach dem Mittagessen legte Lorentzen die Zeitung weg. Dicki nahm sie mit in sein Zimmer. Am Abend schon dachte niemand mehr an die zwei Millionen, die ein Hans Bornemann mitgenommen hatte.
    Aber das Schicksal ist nicht vergeßlich.
    Neben dem Brauereisohn Thomas Weber mit seiner Höckernase, der sich etwas scheu von Dr. Lorentzen untersuchen ließ und sich auffällig im OP und im Untersuchungszimmer umsah, waren noch zwei neue Patienten in die

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