Treibjagd - Unzensiert im Doppelpack (German Edition)
hätte, wäre er vielleicht noch der große Held gewesen, und nichts wäre jemals herausgekommen. Glücklicherweise besitzt diese Art Menschenschlag in der Regel nicht so viel Weitsicht und die Wahrheit verschafft sich früher oder später immer den Weg ans Licht. Chavez durfte im Tattoostudio im Clubhaus tätowieren und hatte von den Einnahmen sämtliche anfallenden Unkosten zu bezahlen. Die vorgeschriebenen Einnahmelisten waren jedoch irgendwann verschwunden. Er hatte auch die Aufgabe, sich umdie regelmäßige Begleichung der Miet- und Wasserkosten des Clubhauses zu kümmern. Angeblich hatte er sie immer pünktlich bezahlt, doch nun stellte sich heraus, dass sie oft erst mit Verzug beglichen wurden. Am Ende passte aber alles. Das Geld dafür „lieh“ er sich von diversen Freundinnen, denen er erzählte, dass er das Geld dringend noch vor seinem Haftantritt bräuchte, um Rechnungen zu bezahlen. Damit hatte er ausnahmsweise nicht gelogen. Die geliehenen Beträge summierten sich auf mehrere Tausend Euro. Um solche finanziellen Kraftakte zu schultern, war Chavez zur gleichen Zeit anscheinend immer mit mehreren Frauen liiert. Es gab seine Ex, eine Nachbarin und zwei Freundinnen. Seine Ex hielt er hin, und von der einen Freundin hatte er sich noch 1.000 Euro kurz vor seinem Haftantritt geliehen. Von seiner Nachbarin ergaunerte er sich gleich einen weitaus höheren Betrag. Über die andere Freundin lief die Finanzierung seines Laptops und über seine ehemalige Vertraute liefen seine Handyverträge. Dieser besondere Umstand gewährte uns entscheidende Einblicke in seine Verbindungsnachweise. Mir hatte er immer erzählt, dass einer seiner Verträge vom Club bezahlt wird, da es sich um ein „Club-Handy“ handeln würde. Gelogen! Die 750 Euro, die ich ihm einstmals geliehen hatte, wurden wahrscheinlich ebenfalls für private Außenstände benötigt und keinesfalls für einen offenen Strafbefehl. Auch der angebliche Deal mit den „Hochleistungsfernrohren“ diente lediglich der privaten Geldbeschaffung, wie er ja schon Tacki gestanden hatte. Diesbezüglich arbeitete er als grauer Finanzmarkt-Jongleur: Die Einzahlungen der neuen sind die Auszahlungen der alten, und die Differenz geht in die eigene Tasche – so lange, bis das Kartenhaus zusammenstürzt, weil es kein Perpetuum mobile der Finanzwelt gibt. Es waren nicht seine einzigen Lügen, vielmehr bestand seine gesamte Welt aus Lügen, wie auch folgende Beispiele belegen: Vor geraumer Zeit hatte er mir einmal eine MMS gesendet, auf denen Member-Sweatshirts der Outlaws zu sehen waren. Er verkündete mir stolz, dass er die schon „inoffiziell“ erhalten hatte, da er kurz vor seiner Ernennung zum Full-Member stand. Die Wahrheit war wesentlich profaner: Als Prospect hatte er die Aufgabe, die Sweater bei sich zu Hause zu waschen und sie danach wieder zurückzugeben. Eigentlich mag sowas eine witzige Anekdote sein, wenn esdabei bleiben würde. Wie auch die Tatsache, dass er zwar eine Intruder fuhr, aber keinen Motorradführerschein besaß. Nur wenn man dann, wie er, unserem gemeinsamen Bekannten, dem Tätowierer Stefan, noch kurz vor Haftantritt berichtet, dass man jetzt endlich seinen Führerschein bestanden hat, wird es notorisch. Er hatte Tacki versichert, dass er den Club nicht bestohlen hatte. Es gab zwar Unregelmäßigkeiten, aber zumindest die Kosten des Clubhauses waren unter dem Strich nicht rot. Doch bezüglich des Brotes hatte er Tacki angelogen. Seiner ehemaligen Vertrauten hatte er mitgeteilt, dass das Brot „seine Miete zahle“, während er einsitzen würde. Er hatte also sehr wohl mit ihr geplant. Verifizieren ließ sich seine verräterische Tätigkeit ganz bequem anhand seiner Einzelverbindungsnachweise. Chavez stand in der Vergangenheit ständig telefonisch mit Verena im Kontakt, nicht nur, wenn ich dabei war. Wen wundert es, dass er gar nicht in Hamm war, um das Brot in ihrem Appartement aufzusuchen? Er saß stattdessen mit Freunden bei sich zu Hause in der Küche. Ich erinnere mich jetzt an ein Gespräch. Protzig hatte Chavez damals gesagt: „Wenn die Engel nichts machen, dann bringe ich das bei unserem nationalen Vorstand auf den Tisch, und dann machen wir [damit meinte er die Outlaws – Anm. d. Autors] eben selber das Charter zu. Eine Ratte wird in der Szene nicht geduldet, auch nicht bei einem Rivalen“ sprach das „Nachwuchs-Röckerchen“ ohne Führerschein. Ich versuche nun eine Rekonstruktion der Ereignisse des Tages, wo das Brot die Wohnung
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