Treibjagd - Unzensiert im Doppelpack (German Edition)
Drittel davon absitzt, ist er aber nach acht Jahren wieder auf freiem Fuß. Der sogenannte „Hells Angel“ Timur A. war übrigens ebenso wie sein Opfer Eschli im Dortmunder Knast wohlbekannt. Mir wurde erzählt, dass eine Gruppe von Arabern sich über ihn während seiner Zeit als Türsteher vor einer Diskothek in Essen regelmäßig lustig gemacht hat. Als Zeichen ihrer Missachtung haben sie ihm immer demütigende Nackenschläge bei jedem Besuch verabreicht. Das war vor seiner Zeit bei den Hells Angels. Irgendwann war Timur dann ein „Rocker“ und fuhr sogar auf einem Motorrad zu einem seiner meist erfolglosen Kämpfe in die Sporthalle. „Wertaufbau“ mittels Kutte … Lange ließe sich über tragische Begebenheiten seit Kindesbeinen an referieren, doch das trifft nicht nur auf Timur zu, sondern auf nahezu alle Insassen. Doch draußen gibt es weitaus mehr Menschen, die ihre tragischen „Ketten“ mit Würde und Anstand tragen, weshalb ich nicht zu jenen gehöre, die Täter entschuldigen. Ich stehe auf Seiten der Opfer. Jeder hat immer eine Wahl, er muss nur die richtige treffen. Trotz all der Routine und inzwischen drei Stunden Sport pro Woche wachsen auch in mir täglich der Hass und die Aggression. Darüber, unschuldig in diesem Drecksloch zu sitzen und täglich die audiovisuelle Umweltverschmutzung all der „Die können nichts dafür, die hatten eine schwere Kindheit“-Fälle ertragen zu müssen, die mit mir in dieser JVA einsitzen und einen großen Teil der „Belegschaft“ ausmachen. Ich kann nur froh sein, dass ich einen Bruder wie Salem hier drin habe, mit dem ich mich so wunderbar austauschen kann. Kai und Jochen gibt es auch noch, und seit einigen Wochen ist auch Ron, ein Dortmunder Bandido, auf unserer Abteilung. Dennoch verlor ich heute bei der Basketballstunde die Kontrolle. Einer dieser „Fensterjauler“ erregte meine „Aufmerksamkeit“ durchsein ständiges Lamentieren und seine großen Schnauze während des Spiels. Als ich im Ballbesitz war, rannte ich direkt auf den Korb zu und die Schießbudenfigur einfach über den Haufen. Der „Heuler“ kam unterwürfig angekrochen und sagte: „Ey Bruder, was ist das? Nicht so hart.“ Darauf erwiderte ich ziemlich feindselig: „Ich bin nicht dein Bruder.“ Da er sein Gesicht vor den anderen nicht verlieren wollte und wusste, dass er durch die anwesenden Wärter „geschützt“ war, kam er auf mich zu und riskierte eine dicke Lippe, von wegen er hätte keine Angst und was das überhaupt solle. Ich sah ihn an und wartete nur darauf, dass er eine falsche Bewegung machen würde. Salem zog mich sofort weg und riet mir, lieber nichts Unüberlegtes zu tun. Er hatte wie immer recht. Hätte ich diesen Jammerlappen zerlegt, hätte das unweigerlich negative Konsequenzen für mich bedeutet. „Die“ warten doch nur auf so eine Aktion. Salem sagte mir nach dem Spiel: „Das war wieder typisch der Panzerbär. Absolut auffällig und mitten durch. So was musst du unbemerkt und unauffällig machen. Bei mir wusste der gar nicht, wie ihm geschah.“ Er hatte vor einigen Wochen genau denselben Typen ebenfalls beim Basketball mit einem Ellbogencheck für ein paar Minuten bewusstlos geschlagen und ihn in die sogenannte „Fötusstellung“ versetzt. Wir mussten beide lachen. Dennoch biss ich mir „in den Arsch“, denn mein innerliches Kontrollsystem hatte versagt. Der Grund, warum ich dieses Kapitel überhaupt noch schreibe, während ich auf die Hauptverhandlung warte, ist ein Fernsehbeitrag, den ich vor einiger Zeit im WDR sah. Und wieder beweist sich, dass sich ein Kreis immer schließt und das Leben die besten Geschichten schreibt. In der Diskussionsrunde des «Kölner Treffs» unter der Leitung von Bettina Böttinger saß ein älterer, abgehalfterter, langhaariger Mann mit auffällig piepsiger Stimme. Ich dachte, ich gucke nicht richtig: „Ulrich Detroits – Aussteiger bei den Hells Angels“ steht auf dem Bildschirm zu lesen. Bei Bad Boy Ulli (der Name spricht alleine schon für sich und indiziert regelrecht die Gefährlichkeit dieser „Maschine“) handelte es sich um keinen Geringeren als den Typen, den mein Freund Toni und seine Kasseler Brüder vor Jahren „besucht“ hatten und deswegen alle ein halbes Jahr „eingefahren“ sind. „Das gibt es doch gar nicht“, dachte ich. Dieser Typ, diese unbedeutende Figur, wagtes tatsächlich, sich im Fernsehen zu präsentieren und Unwahrheiten und Wunschvorstellungen von sich zu verbreiten? Ich hörte: „was
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