Treibjagd - Unzensiert im Doppelpack (German Edition)
des Fitnessstudios. Hinter meinem Rücken fühlten sie sich damals groß, lästerten und zerrissen sich die Mäuler. Heute senken sie ihren Blick. Als ich an einem Abend wieder zum Training ins Studio kam, fiel dem Spießer beinahe die Farbe aus dem Gesicht. Vollkommen verunsichert stammelte er ein „Hallo“ heraus, gleichzeitig ein kurzes Gespräch erhoffend. Ich ließ den Heuchler jedoch links liegen und wandte mich den Gewichten zu. Aber es gab auch Stimmen, die es allen Ernstes mutig fanden, dass ich mich nach allem, was geschehen war, in der Öffentlichkeit blicken ließ. Was in den Hirnen dieser Leute alles so vor sich geht? Köstlich! Im Fitnessstudio begegnete ich übrigens auch dem Detmolder Kripochef, der ebenfalls dort trainiert. Genau der hatte mir während meiner Dienstzeit noch den Gruß verweigert, nun stammelte er an der Theke stehend ein leises „Hallo“, was ich natürlich unbeantwortet ließ. Offensichtlich besitzt er überhaupt keinen Funken Stolz. Um das düstere Kapitel der Haftzeit abzuschließen, ließ ich mir bei Stefan ein Tattoo auf meinen Unterarm stechen. Ich hatte mich bereits die ganze Zeit darauf gefreut und es schon akribischvorbereitet. Es stellt einen Racheengel dar, der mit seinem Speer den Kopf einer Schlange durchstößt. Auf dem länglichen Körper der Schlange sind die Daten meiner Haft eintätowiert: 17.3.10-15.10.10. Die Schlange symbolisiert die Polizei und alle anderen Beteiligten, die mir diese Zeit ungerechterweise eingebrockt hatten. Es ist eine wunderschöne Tätowierung, die ich mit wachsender Zufriedenheit betrachte. Einige Zeit später besuchte ich auch Salem während einem seiner zahlreichen Verhandlungstage. Mittlerweile, so erfuhr ich, war er in meine Zelle umgezogen. Als er mich sah, hob er einen Zettel in die Höhe. Jenen Zettel, auf dem ich ihm aufgeschrieben hatte: „Ich bin in Gedanken immer bei dir. Alles hat seine Zeit und alles wird gut.“ Er trug ihn selbst bei seiner Verhandlung bei sich. Bruder, auch du sitzt unschuldig im Gefängnis, und auch du wirst wieder frei sein. Und dann werden wir gemeinsam die Route 66 entlang fahren. Das Brot wohnt wieder mit ihrem Albaner zusammen. Sie soll übrigens erneut auf dem Straßenstrich stehen, so wie zum Anfang ihrer „Karriere“, als sie noch in Dortmund auf der Straße stand und KHK Behrens zum ersten Mal traf. Verglichen mit dem, was ich ihr ermöglicht hatte, der komplette Abstieg. Recht so. Für diese undankbare Kanaille ist kein Abstieg tief genug. Was mich jedoch sehr freut, ist, dass zumindest ihre kleine Tochter bei einer Pflegefamilie lebt. Sie ist die große „Gewinnerin“, weil ihr hoffentlich eine Zukunft erspart bleibt, die der ihrer Mutter ähnelt. Sie wächst nun „normal“ auf, und ich hoffe, dass die geschlagenen Wunden bei ihr allmählich verheilen, damit sie ein zufriedenes Leben führen kann. Ob sie das Druckmittel der Sippe war, welches das Brot zur Rückkehr und den Aussagen gegen mich veranlasste? Auch das werde ich nie erfahren. Etwa sechs Wochen nach meiner Entlassung fand ich folgenden Anruf auf meiner Mailbox: „Willkommen in der Freiheit. Hier ist Chavez. Habe es gerade erfahren. Meld’ dich doch mal.“ Unglaublich aber wahr. Nach dieser Nummer hat er die Stirn, mich zu kontaktieren? Ich konnte es echt nicht fassen. Er aber versuchte eine ganze Woche lang fast ununterbrochen, mich zu erreichen. Ich brachte in Erfahrung, dass er bereits seit Wochen wusste, dass ich wieder frei war. Meiner Meinung nach wurde er von den „Bullen“ auf mich angesetzt. Wie ich darauf komme? Chavez hatte ein ganzes Jahr„Haftnachschlag“ bekommen, und niemand wusste so genau wofür. In solch einem Fall kooperiert man ja ganz gerne. Und noch etwas brachte ich in Erfahrung, was meine These nicht unbegründet erscheinen lässt: Während seiner Haftzeit hatte man ihm Fotos von mir in Begleitung eines Rockers gezeigt und gefragt, ob er diesen identifizieren könnte. Es handelte sich hierbei um Tacki, den Präsidenten. Mir stellt sich noch eine andere Frage: Wie ist es möglich, dass ein selbstständiger Tätowierer, der schon einmal einsaß, ohne feste Arbeit, unverheiratet und kinderlos, innerhalb von wenigen Wochen aus dem geschlossenen Vollzug in den Genuss des offenen kommt? Kooperation? Eine Ratte wird immer eine Ratte bleiben. Außerhalb seines offenen Vollzugs hält er sich bei seiner Nachbarin auf, da er über keine eigene Wohnung mehr verfügt. Dummerweise soll jedoch eine andere
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