Treibjagd - Unzensiert im Doppelpack (German Edition)
arbeitslos, Hartz IV und Eigentümer eines durchgerosteten Opel Corsa, auf der anderen der stets gut gelaunte, von der Sonne Marbellas gebräunte und einen Mercedes 500 fahrende Toni. „Der Prinz“, wie er oft genannt wurde. Ich kann mich noch gut an den Abend erinnern, an dem ihm diese Entscheidung im Clubhaus mitgeteilt wurde. Ich hatte ein Date im Raum Schloß Holte, als Toni mich anrief und mir die Neuigkeit erzählte. Er befand sich gerade auf der Rückfahrt. Wir verabredeten uns noch am selben Abend in der Senne, da wir beide denselben Rückweg hatten, trafen uns und fuhren zu „unserem“ Thai-Restaurant. Ich konnte Toni seine maßlose Enttäuschung und Wut förmlich ansehen und fühlte sie auch selbst in mir. Ich versuchte ihn zu beruhigen und erfuhr, dass der Suspendierung ein Telefonat zwischen Paul und Toni vorausgegangen war, in dessen Verlauf „Brauni“ wörtlich zu Toni sagte: „Wie redest du überhaupt mit mir? Wenn du willst, dann komm vorbei, und wir regeln das wie richtige Männer. Außerdem kann ich dich sowieso nicht leiden, und in B.-Stadt wirst du keine Zukunft haben.“ Redet man so mit seinem Bruder? Mit dem, der während seiner Prospect-Zeit in Hannover die schmutzige Wäsche von Braunbär, der zu diesem Zeitpunkt gerade einsaß, ausder JVA abgeholt und gewaschen hatte? Mit dem Bruder, den man unbedingt für das B.-Stadter Charter haben wollte? Solch ein Verhalten ist das eines Arschlochs und hat nichts mit Bruderschaft zu tun. Ich riet Toni: „Du musst da so schnell wie möglich weg. Nur darfst du jetzt keine Fehler machen. Verhalte dich ruhig, zeig Einsatz, lass ihn in dem Glauben, dass er sich durchgesetzt hat, damit du die Kutte wiederkriegst, und dann hau so schnell wie möglich ab.“ Thorsten hegte insgeheim schon eine längere Weile den Plan, in das Hells-Angels-Charter Costa del Sol nach Spanien zu wechseln. Dort kannte man ihn bereits, lag es doch nur eine Stunde von Marbella entfernt, und wenn er in Spanien war, weilte er dort so oft es ging. Das Charter bestand aus Skandinaviern und Deutschen, und man hatte Toni bereits vorgeschlagen, dorthin zu wechseln. Voraussetzung war, dass er sich einmal im Monat blicken ließ. „Brauni“ hätte wohl nichts dagegen einwenden können, schließlich hatte er verlauten lassen, dass er niemanden, der sein Charter verlassen wolle, daran hindern würde. Eigentlich stand Thorstens Entscheidung, an die Costa del Sol zu wechseln, schon fest. Dort wollte er mich auch zum Prospect machen, so jedenfalls sein Plan. Aber erst mal musste Toni seine Kutte wiederbekommen.
18. Das erste Mal
Noch während die kleine Ratte Praktikant bei Toni war, beschloss ich nach längerer Überlegung, mich tätowieren zu lassen. Toni war auf der Rückseite beider Oberarme und auf beiden Brustmuskeln tätowiert. Auf dem linken Arm trug er den Schriftzug „Hells“ und auf dem rechten „Angels“, auf der linken Brust den geflügelten Totenkopf des Hannoveraner Charters, auf der rechten den des Kasseler. Mir gefiel die Stelle auf beiden Trizeps, und dort sollte die Nadel auch bei mir unter die Haut dringen. Dort wollte ich jene Werte unter meiner Haut tragen, die mir im Leben am wichtigsten waren und sind, für die ich lebe und auch sterben würde: Ehre und Treue! Mit dem Begriff „Ehre“ verbinde ich ein aufrichtiges, stolzes und verlässliches Gemüt, was für mich bedeutet, dass man ein guter und ritterlicher Mann sein soll, der sich für seine Überzeugung und das Gute einsetzt, selbst wenn die Majorität gegen einensteht. Der Begriff „Treue“ bedeutet für mich, seiner Überzeugung, seinen Ansichten und Ideen gegenüber bedingungslos loyal zu sein. Ich lebe nach diesen Werten und habe immer Menschen bewundert, die für diese Werte alles gegeben haben. Sich für andere Menschen einzusetzen, ihnen zu helfen oder sie zu beschützen, ist für mich „dienen“. Dienen nicht in einem unterwürfigen Sinn, sondern erfüllt von Stärke, Stolz und Hingabe. Treue heißt aber vor allem auch, sich selber treu zu bleiben. Deshalb habe ich mich niemals verbogen oder verbiegen lassen. Ich war mir gegenüber immer aufrichtig. Da ich nicht mit Rechtsradikalen in Verbindung gebracht werden wollte, wählte ich für die Worte „Ehre“ und „Treue“ die lateinischen Übersetzungen „Honor“ und „Fides“. Ich hegte den Wunsch, unbedingt von einem Hells Angel tätowiert zu werden. Da bot Charlie sich an, der Vize-Präsident von Tonis Charter, der ein Tätowierstudio
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