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Treue Genossen

Treue Genossen

Titel: Treue Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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mit seinem Vater in den Park gekommen, und mittlerweile wusste Arkadi genau, wie sie den Tag verbracht hatten. Nach der Logik eines Kindes musste der Vater irgendwann wieder kommen, da er früher schon hier gewesen war, und vielleicht ließ er sich sogar herbeizaubern, wenn man jenen Tag wieder aufleben ließ. Schenja war ein grimmiger kleiner Soldat, der einen letzten Außenposten der Erinnerung verteidigte, und jedes Wort, das er mit Arkadi wechselte, würde seinen Vater noch stummer machen und sein Bild noch mehr verblassen lassen. Ein Lächeln wäre wie Kollaboration mit dem Feind.
    Auf dem Weg aus dem Park klingelte Arkadis Handy. Es war Staatsanwalt Surin.
    »Renko, was haben Sie Hoffman gestern Abend erzählt?«
    »Worüber?«
    »Sie wissen, worüber. Wo sind Sie?«
    »Im Park für Kultur und Erholung. Ich erhole mich.« Arkadi beobachtete Schenja, der die Gelegenheit für eine nochmalige Runde um den Brunnen nutzte.
    »Sie erholen sich?«
    »Ich versuche es.«
    »Weil Sie von Ihren wilden Spekulationen gestern Abend so ermattet sind? Hoffman möchte mit Ihnen reden.«
    »Der Amerikaner? Worüber?«
    »Sie haben ihm gestern Abend etwas gesagt. Vermutlich hinter meinem Rücken, denn ich persönlich habe kein vernünftiges Wort von Ihnen gehört. Mir ist nie ein klarerer Fall von Selbstmord untergekommen.«
    »Dann haben Sie offiziell festgestellt, dass Iwanow sich das Leben genommen hat?«
    »Wieso nicht?«
    Arkadi antwortete nicht direkt. »Wenn Sie zufrieden sind, dann verstehe ich nicht, was ich noch tun soll.«
    »Stellen Sie sich nicht so an, Renko. Sie haben die Geister beschworen. Sehen Sie zu, dass wir sie wieder loswerden. Hoffman möchte, dass Sie letzte Ungereimtheiten klären. Keine Ahnung, warum er nicht einfach nach Hause fährt.«
    »Soweit ich weiß, ist er aus Amerika geflüchtet.«
    »Also, er möchte noch ein paar Fragen beantwortet haben. Tun Sie es, aus Höflichkeit und der Ordnung halber.
    Iwanow war doch Jude, nicht wahr? Ich meine, seine Mutter.«
    »Ja und?«
    »Ich will damit nur sagen, dass er und Hoffman ein Gespann waren.«
    Arkadi wartete auf mehr, aber Surin war offensichtlich der Meinung, dass er sich deutlich genug ausgedrückt hatte.
    »Ich bekomme meine Befehle von Ihnen, Staatsanwalt Surin. Wie lauten Ihre Befehle?« Arkadi wollte klare Verhältnisse.
    »Wie spät ist es?«
    »Vier Uhr nachmittags.«
    »Sie holen jetzt Hoffman aus der Wohnung. Und morgen früh erscheinen Sie wieder zum Dienst.«
    »Warum nicht heute Abend?«
    »Morgen Früh.«
    »Wenn ich Hoffman aus der Wohnung hole, wie komme ich dann wieder rein?«
    »Der Fahrstuhlführer weiß es. Einer von der alten Garde. Vertrauenswürdig.«
    »Und was soll ich tun?«
    »Alles, worum Hoffman Sie bittet. Sehen Sie zu, dass der Fall erledigt wird. Nicht unnötig kompliziert, nicht in die Länge gezogen, sondern erledigt.«
    »Heißt das, er muss vom Tisch, oder er muss gelöst werden?«
    »Sie wissen ganz genau, was ich meine.«
    »Eben nicht, und ich bin hier ziemlich beschäftigt.« Schenja beendete gerade seine Runde um den Brunnen. »Fahren Sie jetzt rüber.«
    »Ich brauche einen Kriminalbeamten. Eigentlich bräuchte ich zwei, aber Viktor Fedorow würde mir genügen.«
    »Wieso gerade der? Er hasst Geschäftsleute.«
    »Vielleicht, weil er schwerer zu kaufen ist.«
    »Jetzt fahren Sie endlich.«
    »Bekomme ich meine Akten zurück?«
    »Nein.«
    Surin legte auf. Der Staatsanwalt mochte etwas gereizter geklungen haben als sonst, doch alles in allem war das Gespräch zu Arkadis vollster Zufriedenheit verlaufen.
    Bobby Hoffman ließ Arkadi und Viktor in Iwanows Wohnung, schlurfte zum Sofa und sank in die bereits vorhandene tiefe Sitzkuhle. Trotz Klimaanlage muffelte es im Zimmer nach durchwachter Nacht. Hoffmans Haare waren verfilzt, seine Augen trübe, und Tränenspuren verloren sich in den rötlichen Bartstoppeln an seinen Kinnbacken. Seine Kleider wirkten verrutscht, doch die Jacke, die ihm Pascha geschenkt hatte, lag ordentlich auf dem Couchtisch neben einem Cognacschwenker und zwei leeren Flaschen Cognac. »Ich kenne den Code für die Wohnungstür nicht«, sagte er. »Deshalb bin ich geblieben.«
    »Wozu?«, fragte Arkadi.
    »Um ein paar Dinge auf die Reihe zu kriegen.«
    »Als da wären?«
    Hoffman neigte den Kopf und lächelte. »Renko, was Ihre Ermittlungen angeht, so lassen Sie sich eines gesagt sein: Nicht in tausend Jahren wären Sie an Pascha oder mich herangekommen. Die amerikanische

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