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Treue Genossen

Treue Genossen

Titel: Treue Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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hatten Russen noch richtige Gründe für einen Mord. Eine Frau oder Macht. Jetzt morden sie wegen Geld.«
    »Na ja, der Rubel war ja auch kein richtiges Geld«, erwiderte Arkadi.
    »Trotzdem, wir gehen, oder?«
    Bobby Hoffman sank aufs Sofa, als sie wiederkamen, denn er konnte das Urteil in ihren Augen lesen. Eigentlich wollte Arkadi nur die schlechte Nachricht überbringen und dann verschwinden, doch er verlangsamte seine Schritte, als vibrierende Streifen von Sonnenlicht den Raum in seiner ganzen Länge durchschnitten. Man konnte sich darüber streiten, ob eine weiße Einrichtung nun dezent oder kühn war, dachte Arkadi, doch Rina hatte wirklich gute Arbeit geleistet. Der ganze Raum erstrahlte, und das Chrom der Hausbar warf ein schimmerndes Licht auf die Fotografien von Pascha Iwanow im Kreis seiner berühmten und mächtigen Freunde. Iwanows Welt war so weit vom Durchschnittsrussen entfernt, dass die Fotos mit einem auf die Sterne gerichteten Teleskop hätten aufgenommen worden sein können. So nahe war Arkadi noch nie an NoviRus herangekommen. Im Moment befand er sich mitten im feindlichen Lager.
    Als Arkadi vor dem Sofa stehen blieb, legte Hoffman seine Wurstfinger um seine Hand. »Also schön. Ich habe eine Diskette mit vertraulichen Daten von Paschas Computer gezogen: Scheinfirmen, Schmiergelder, Bankkonten. Sie sollte eigentlich meine Versicherung sein, aber ich überlasse sie Ihnen. Ich habe mich bereit erklärt, sie zurückzugeben, sobald Sie fertig sind.
    Das ist mit Oschogin und Surin so vereinbart. Die Diskette, wenn Sie mir ein paar Tage helfen. Fragen Sie mich nicht, wo sie ist. Sie liegt an einem sicheren Ort. Sie hatten also Recht, ich bin ein käufliches Schwein. Ganz was Neues. Wissen Sie, warum ich das tue? Ich konnte nicht in meine Wohnung zurück. Mir fehlte einfach die Kraft dazu, aber ich konnte auch nicht schlafen, und so saß ich einfach nur da. Mitten in der Nacht hörte ich dieses Scharren. Ich dachte, es seien Mäuse, holte eine Taschenlampe und ging durch die Wohnung. Keine Spur von Mäusen. Aber das Geräusch war immer noch da. Schließlich ging ich runter in die Halle, um den Mann an der Rezeption zu fragen. Aber er saß nicht an seiner Theke. Er war draußen mit dem Portier. Sie scheuerten auf allen vieren mit Bürsten und einem Reinigungsmittel das Blut vom Bürgersteig. Mit Erfolg, nicht der kleinste Fleck ist mehr zu sehen. Das war es, was ich im zehnten Stock gehört hatte. Das Schrubben. Ich weiß, das ist unmöglich, trotzdem habe ich es gehört. Und da dachte ich mir: Es gibt noch einen Hurensohn, der das Schrubben hören würde. Renko. Den will ich.«
    Auf dem Schwarz-Weiß-Videoband rollten die beiden Mercedes auf die außen angebrachten Überwachungskameras zu, und Leibwächter - starke Männer, die durch die kugelsicheren Westen unter den Anzügen noch aufgeblähter wirkten - sprangen aus dem Begleitfahrzeug und postierten sich am Vordach des Gebäudes. Erst dann trabte der Fahrer des ersten Wagens zur hinteren Tür an der Bordsteinseite.
    Eine Digitaluhr lief in einer Ecke des Bandes. 21.28. 21.29. 21.30. Endlich schälte sich Pascha Iwanow vom Rücksitz. Er sah ungepflegter aus als der dynamische Iwanow auf den Fotos in der Wohnung. Arkadi hatte den Fahrer am Morgen vernommen, und der hatte ihm erzählt, dass Iwanow auf der Fahrt vom Büro zur Wohnung kein einziges Wort gesprochen habe, nicht einmal am Handy.
    Etwas amüsierte Iwanow. Zwei Dackel zerrten an ihren Leinen und schnüffelten an seinem Aktenkoffer. Welpen?, fragte er den Besitzer. Das Band war ohne Ton, aber Arkadi konnte es von seinen Lippen ablesen. Als die Hunde vorbei waren, drückte sich Iwanow den Aktenkoffer an die Brust und ging ins Haus. Arkadi schaltete auf das Videoband der Eingangshalle um.
    Die Marmorhalle war so hell erleuchtet, dass über jeder Person ein Heiligenschein schwebte. Der Portier und der Mann an der Rezeption trugen Livreen mit Tressen, unter denen die Pistolenholster nicht allzu sehr auffielen. Der Portier aktivierte mit einem Schlüssel den Aufzugsknopf und verharrte an der Seite Iwanows, der sich in ein Taschentuch schnäuzte. Als sich die Fahrstuhltür öffnete, wechselte Arkadi zum Aufzugsvideo. Den Fahrstuhlführer hatte er bereits vernommen. Ein ehemaliger KremlWachmann, weißhaarig, aber hart wie ein Sandsack.
    Arkadi hatte ihn gefragt, ob er mit Iwanow gesprochen habe.
    »Ich habe auf der Kreml-Treppe gedient. Große Männer machen keine Konversation.«
    Auf dem Videoband

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