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Treue Genossen

Treue Genossen

Titel: Treue Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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in der Nacht anrufe. Wir holen Sie nach Hause.«
    Arkadi brauchte einen Augenblick, bis er begriff. »Wovon reden Sie?«
    »Sie dürfen nach Moskau zurück. Wir haben für Sie einen Platz in der Sechs-Uhr-Maschine von Aeroflot gebucht. Am Flughafenschalter liegt ein Ticket für Sie bereit. Wie finden Sie das?«
    »Ich bin noch nicht fertig.«
    »Sie haben nicht versagt, ganz und gar nicht. Doch wir haben beschlossen, die Ermittlungen in Tschernobyl einzustellen, zumindest von russischer Seite aus. Ich dachte, Sie würden sich freuen.«
    Arkadi drehte sich von Eva weg. »Bei diesen Ermittlungen gibt es keine ukrainische Seite.«
    »Auch recht. Diese Angelegenheit hätte von Anfang an von den Ukrainern übernommen werden sollen. Die können sich nicht ständig darauf verlassen, dass wir ihnen aus der Klemme helfen.«
    »Das Opfer war Russe.«
    »Wurde aber in der Ukraine umgebracht. Hätten wir ermittelt, wenn der Mord in Frankreich oder Deutschland verübt worden wäre? Natürlich nicht. Warum sollte es in der Ukraine anders sein?«
    »Weil es anders ist.«
    »Sie wollten unabhängig werden, jetzt sind sie es. Außerdem ist es eine Personalfrage. Ich kann nicht zulassen, dass ein Chefinspektor auf unbestimmte Zeit in Tschernobyl bleibt. Und dabei seine Gesundheit aufs Spiel setzt, wie ich hinzufügen darf.«
    »Ich brauche mehr Zeit.«
    »Und dann noch mehr und noch mehr. Nein, es ist beschlossene Sache. Fahren Sie zum Flughafen, und nehmen Sie die Frühmaschine. Ich erwarte Sie morgen Mittag in meinem Büro.«
    »Was ist mit Timofejew?«
    »Bedauerlicherweise ist er am falschen Ort gestorben.«
    »Und Iwanow?«
    »Auf die falsche Art. Ein Selbstmord wird nicht noch mal aufgerollt.«
    »Ich bin noch nicht fertig.«
    »Noch eins. Bevor Sie in mein Büro kommen, duschen Sie und verbrennen Sie Ihre Kleider«, sagte Surin und legte auf.
    Eva füllte zwei Gläser wie eine gute Barfrau. »Den Marschbefehl bekommen? Und wohin geht es von hier aus? Irgendwohin musst du doch.«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Mach nicht so ein trauriges Gesicht. Du kannst nicht ewig hier bleiben. Früher oder später geschieht in Moskau ein Mord.«
    »Bestimmt.«
    »Wie lange kannst du mit einer radioaktiv verseuchten Frau schlafen? Ich würde sagen, die Chancen stehen nicht sehr gut.«
    »Du bist nicht radioaktiv.«
    »Sei nicht spitzfindig, ich bin die Ärztin. Ich muss nur die Situation erkennen. Die Vorzeichen. Wie es aussieht, reist du bald ab.«
    »Das hängt nicht von mir ab.«
    »Ach, nein? Ich habe dich für einen anderen Mann gehalten.«
    »Inwiefern?«
    »Für einen Mann mit mehr Phantasie.« Eva lächelte. »Verzeih, das war unfair. Du hast dich prächtig amüsiert, und ich hatte Spaß mit dir. >Nie eine Seifenblase zerplatzen lassen< ist eine gute Regel. Aber du solltest dich freuen. Du kehrst aus dem Exil unter die Lebenden zurück.«
    »Genau das hat man mir gesagt.« Seine Gedanken überschlugen sich.
    »Bist du insgeheim nicht ein klein wenig erleichtert und froh, dass man dir die Entscheidung abgenommen hat? Ich freue mich für dich, wenn dir das hilft.«
    »Nein.«
    »Auch gut, denn ich glaube nicht, dass wir ein Traumpaar abgegeben hätten. Du kannst theatralisches Getue offensichtlich nicht ausstehen, und ich bin absolut theatralisch. Von meinen Macken gar nicht zu reden. Wann genau gehst du?«
    »Ich muss sofort los.«
    »Oh.« Ihr Lächeln erstarb. »Das war kurz. Kaum mehr als eine Nacht.« Sie trank in einem Zug ihr Glas halb leer und stellte es weg. »Kein Samogon. Wir werden immer unsere Samogon-Party haben. Tja, es heißt, kurze Abschiede sind die besten.«
    »Ich bin morgen zurück. Spätestens übermorgen.«
    »Untersteh dich …« Sie zog den Morgenmantel enger und hob die Pistole, als er näher kam. Glitzernde Streifen liefen über ihr Gesicht. »Die Zone ist ein exklusiver Klub, ein sehr exklusiver Klub, und du bist gerade ausgeschlossen worden. Also, raus mit dir!«
    Arkadi fand Bobby Hoffman mit einer Laterne in einem verwilderten Garten zwischen Rosen und dornigen Ranken sitzend, die sich in die Dunkelheit reckten. Jemand hatte einst Bienenkörbe in den Garten gestellt, und ein Volk lebte noch hier. Ein Dutzend Bienen hatte Bobbys Lampe trotz der späten Stunde ins Freie gelockt. Eine Biene ließ Bobby von einem Handrücken zum anderen krabbeln und um seine Finger turnen wie bei einem Münztrick. Andere erkundeten seinen Hut.
    »Mein Vater hat auf Long Island Bienen gezüchtet. Es war sein Hobby. Manchmal trug

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